Drucken Redaktion Startseite

Otto-Werner Seiler feiert 75. Geburtstag

Otto-Werner Seiler  nach dem Sieg mit Semicolon und Cevin Chan in Bad Harzburg. www.galoppfoto.de

Autor: 

Sven Wissel

Seinen 75. Geburtstag feierte am Donnerstag gemeinsam mit 80 geladenen Gästen Otto-Werner Seiler. Zur Feier, bei der nicht nur auf das Leben des Jubilars sondern damit eng verbunden auch auf die Geschichte des Stalles Steintor zurückgeblickt wird, werden sich zahlreiche Persönlichkeiten aus der deutschen Turfszene in Hannover einfinden.

Bereits in jungen Jahren gab es für Otto-Werner Seiler die ersten Berührungspunkte mit den Vollblütern. Sein Elternhaus in der Redenstraße in Hannovers Südstadt war nicht weit von der Rennbahn Alte Bult gelegen und somit ein besonderer Anziehungspunkt für den Sprössling. Schließlich war es sein Vater Werner, der 1953 den Einstieg in den Galopprennsport wagte. Auslöser war eine Skatrunde, der neben Werner Seiler auch Fritz Grove, August Albrecht und Trainer Heini Schütz angehörten, und aus der schließlich der Stall Bischofshol hervorging.

Als sich Werner Seiler 1954 mit Urban sein erstes eigenes Pferd zulegte, war das der Grundstein für die traditionsreiche Geschichte des Stalles Steintor. Im Training bei Heini Schütz, gewann Urban am 4. April in Mülheim an der Ruhr unter Horst Grotjahn den Preis von Mühlenberg und damit einen Ausgleich IV. Damit war Urban der erste Sieger in den Farben des Stalles Steintor.

1956, also nur zwei Jahre später, stieg der damals 19-jährige Otto-Werner Seiler als Teilhaber mit 25 Prozent am Stall seines Vaters ein. Die Größe des Stalles hielt sich dabei stets in einem kleinen und übersichtlichen Rahmen.

Eine Weichenstellung im Leben des Otto-Werner Seiler fand im Jahr 1962 statt, als der gerade einmal 25-jährige seine Meisterprüfung zum Fleischer ablegte, seine Frau Helga heiratete und nach dem Ausstieg seines Vaters aus dem Galopprennsport die komplette Verantwortung für den Stall Steintor übernahm. Zuvor hatte Otto-Werner Seilers sein Vorhaben verworfen, eine Karriere als Amateurrennreiter einzuschlagen, woran vor allem sein Mentor Heini Schütz großen Anteil hatte, der einmal nach einer von Seiler gerittenen Morgenarbeit meinte: „Du hast keine Zeit, du bist zu schwer, und das Talent, das fehlt dir sehr.“ Seiler zeigte Einsicht und entschied sich fortan reiten zu lassen, was sich im Nachhinein als eine kluge Entscheidung herausstellen sollte.

Nach dem sich die Anzahl der Pferde im Rennstall zwischen den Jahren 1954 bis 1969 im einstelligen Bereich bewegte, wurde in den Siebzigern kräftig expandiert. Anfang der Neunziger Jahre waren es dann auch schon mal weit über 30 Pferde im Training. Und was besonders auffiel: Die Steintor-Pferde bekamen immer viel Zeit für die Entwicklung. Ein Markenzeichen, das sich über die Jahre auszahlen sollte.

Schöne Erinnerungen verbindet Otto-Werner Seiler mit Samos, der in einem Jahr zehn Rennen gewinnen konnte. Aber auch ein Sindbad ist mit seinen 29 Karrieresiegen und einer Gewinnsumme von einer Viertel-Million D-Mark aus der Historie des Stalles nicht wegzudenken. Ein Lieblingspferd von Otto-Werner Seiler war stets Capo, der ein Erstling aus der guten C-Linie von Crab Tree war. Capo entwickelte sich trotz seiner bescheidenen Dimensionen (die Kinder hatten ihn auf der Alten Bult geritten) zu einem Volltreffer auf den Hindernisbahnen.

Auf Crab Tree gingen auch deren Enkel Cognac und Constantin zurück, die in den Jahren 1986 und 1987 zum Hindernispferd des Jahres avancierten. In diesem Zusammenhang erinnert sich Otto-Werner Seiler besonders gerne an die Zeit, als auf der Neuen Bult noch drei D-Mark-Hunderttausender auf der Jagdbahn entschieden wurden, die stets ein besonderer Publikumsmagnet auf dem Langenhagener Hippodrom waren. Den grün-weiß-schwarzen Dress vertraten auch James Bond, Mirando und Osterbote. Letztgenannter belegte unter Peter Schiergen im Oktober 1984 sogar einen zweiten Platz im Hauptjagdrennen der Vierjährigen.

Aber auch im Halbblutsport war Otto-Werner Seilers ein großer Förderer. Hier seien vor allem die erfolgreichen Schwarzwälder und Schwarzer Lord genannt. Letzterer schaffte es dabei sogar bis in den Ausgleich I. Und natürlich darf bei der Aufzählung Lappländer nicht vergessen werden, der nicht nur bis ins hohe Alter über die Sprünge erfolgreich war, sondern auf dem Dirk Fuhrmann seine Reitkünste erlernte.

Doch es gab auch Enttäuschungen, von denen ein Rennstallbesitzer niemals verschont bleibt und die verdeutlichen, wie dicht oft Glück und Pech im Galopprennsport beieinander liegen. So wurde in Frankreich Nuage de Lait erworben, der nach Gewinnsumme zum erfolgreichsten Pferd avancierte und unter der Regie von Trainer Jacques-Hubert Barbe im Hindernismekka Auteuil den Prix Georges Courtois gewann. Der Wechsel nach Deutschland hatte sich dann aber wenig später als Fehler herausgestellt, da es ihm nicht mehr gelang, an seine guten Leistungen im Ausland anzuknüpfen. Das teuerste Pferd war ebenfalls ein Frankreich-Import. Hierbei handelte es sich um Mannshour, der aus der Zucht des Aga Khan stammend, wenig später am Trockengraben verunglückte und aufgegeben werden musste. Als positiver Frankreich-Kauf hatte sich Pendentif erwiesen, der nach einem Verkaufsrennen zu einem Schnäppchenpreis erworben wurde und in Deutschland 15 Rennen gewinnen konnte. Und dann ist da noch die Zucht, in der Otto-Werner Seiler vor allem mit den beiden Fährhofern San Vicente und dem viel zu früh abgetretenen Colon Akzente setzen konnte.

In fast 60 Jahren Rennsportgeschichte des Stalles Steintor sorgten 380 Pferde bis zum heutigen Tag für 1.591 Siege. Eine unglaubliche Zahl! Dabei haben sich Weltstars wie Lester Piggott, Bill Shoemaker und Joe Mercer den Steintor-Dress übergestreift. Aber es waren vor allem die bodenständigen Leute, denen Otto-Werner Seiler sein Vertrauen schenkte. Dazu zählten u.a. Fredy Gang, Peter Alafi, Dirk Fuhrmann, Stefan Heiler, Meike Diedrichsen, Silke Günther und Marc Timpelan, um nur einige zu nennen. Sogar Hans-Heinrich von Loeper war in den Fünfziger Jahren des letzten Milleniums für die Familie Seiler in den Sattel gestiegen. 

Nach dem sich die Wege von Otto-Werner Seiler und seinem Trainer Harald Grube 1992 nach vielen Jahren der gemeinsamen und erfolgreichen Zusammenarbeit getrennt hatten, nahm der Steintor-Eigner das Zepter selbst in die Hand und fungierte ab der Saison 1993 als Trainer. Ende 2008 wurde Otto-Werner Seiler als Trainer von der Neuen Bult verabschiedet. Die Abschiedrede hielten der Niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulf und HRV-Präsident Gregor Baum. Kurz zuvor war es Seiler noch gelungen mit Schattenqueen den 1914 von Kaiser Wilhelm II gestifteten Kaiser-Preis in Baden-Baden zu gewinnen.

Auch wenn der Rennstall nach dem Rückzug von Otto-Werner Seiler als Trainer deutlich verkleinert wurde, so gibt es für den Stall Steintor immer noch schöne Erfolge zu feiern. Hierzu zählte im vergangenen Jahr vor allem der Sieg des von Elfi Schnakenberg trainierten Alanco auf der Jagdbahn im belgischen Waregem.

Über 30 Jahre war Otto-Werner Seiler Vorstandsmitglied im Hannoverschen Rennverein und in dieser Funktion über eine Dekade von 12 Jahren Vize-Präsident. Seiler war während dieser Zeit vor allem hinter den Kulissen sehr aktiv. So gab es kaum eine Starterangabe ohne seinen persönlichen Einsatz, um mehr Starter auf die Neue Bult zu holen. Vor allem sein Kontakt zur Aktiven-Basis und sein Einsatz für den Hindernissport sind hierbei hervorzuheben. Aus gesundheitlichen Gründen beendete Otto-Werner Seiler 1997 seine Vorstandsarbeit im Hannoverschen Rennverein. Für sein großes Engagement und seinen langjährigen, unermüdlichen und ehrenamtlichen Einsatz wurde Otto-Werner Seiler wenig später mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Insgesamt verzeichnet die Statistik der 56-jährigen Geschichte des Stalles Steintor bis zum heutigen Tage 1.591 Siege. Dabei zeichnete Otto-Werner Seiler für 513 Sieger als Trainer verantwortlich. Zudem erzielte der Stall Steintor insgesamt 18 Hindernis-Championate.

Verwandte Artikel:

Block: Adsense 728 x 90
Google AdSense 728x90