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NH-Finale mit knappen Ausgängen

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 466 vom Donnerstag, 04.05.2017

Am vergangenen Samstag fand sowohl in England als  auch in Irland die National Hunt Saison 2016-17 ihren krönenden Abschluss. Wortwörtlich, wurden doch in den jeweiligen Ländern die Champions ihrer Sparten geehrt. Traditionsgemäß wird dieser Tag im englischen Sandown gefeiert, an einem Renntag, der früher einmal eine hochklassige gemischte Karte geboten hatte. Inzwischen hat man diesen Tag auf zwei Renntage – den Freitag für Flachrennen incl. drei Gruppe-Rennen, den Samstag für Hindernisrennen mit vier Gruppe-Rennen – entzerrt. Irland feiert seine Champions am letzten Tag des prestigereichen Punchestown-Festivals, dem in diesem Jahr im Kampf um die Meisterschaft auch eine entscheidende Rolle zukam. Kein Wunder, werden hier doch alleine 12 Gr. 1-Rennen ausgetragen. Beide Länder bieten so dem öffentlichen Teil dieser so wichtigen Ehrungen einen würdigen Rahmen. 

Champion der britischen Hindernistrainer wurde – zum zweiten Mal innerhalb der letzten fünf Jahre, und zum vierten Mal insgesamt- Nicholas John „Nicky“ Henderson, vor Paul Nicholls. Nicholls selber hatte in seinen goldenen Jahren die Trainermeisterschaft beinahe ein Jahrzehnt lang beherrscht – seit 2005-06 hatte er nur 2012-13 eben gegen Henderson verloren und 10 Championate somit in fast ungebrochener Serie errungen, doch in der vergangenen Saison standen die Zeichen früh auf Niederlage.

Es fehlen einfach die hochklassigen Stars in seinem Stall, Sieger gab es reichlich, aber Gruppe-Sieger waren rar gesät. Das Championat, welches nach Preisgeld entschieden wird, ging somit schlussendlich mit rund 300.000 Pfund Vorsprung an Henderson, auch wenn dessen 154 Siegen 171 Siege von Paul Nicholls´ Team Ditcheat gegenüberstanden; insgesamt galoppierten Hendersons Schützlinge in der vergangenen Saison 2.846.487 Pfund ein. Während Henderson hocherfolgreiche Festivals in Cheltenham und Aintree feiern konnte, und auch am Samstag in Sandown dreimal zum Zuge kam, lief es für Nicholls nur jenseits der großen Tage rund. Der finanziell wertvolle Sieg im Schottischen National durch Vicente vor rund 14 Tagen hatte noch einmal kurz Hoffnungen auf einen spannenderen Zweikampf aufkommen lassen, doch dies war nur ein kurzer Funke.

17 Gruppe-Sieger (davon acht in Gruppe1-Rennen) kamen aus Hendersons Seven Barrows Stables, und wenn auch für Team Ditcheat gesamt 15 Gruppe Sieger gezählt wurden, waren es nur zwei auf höchsten Level, Frodon und  Vicente die Top-Earner.  Auch der vom Gestüt Schlenderhan gezogene Irving, der zu Beginn der Saison die wertvolle Fighting Fifth Hurdle gewinnen konnte, hat nicht das Zeug zu einem echten Star, da es ihm einfach nicht gelingen will oder kann, solch hochklassige Leistungen  auch konstant zu zeigen. Demgegenüber hatte Henderson mit Altior, Might Bite, Buveur d´Air & Co Top-Pferde im Stall, die nach den frühen Ausfällen von Sprinter Sacre und Simonsig nahtlos an größte Erfolge anknüpfen konnten.

So kam den Renntag am vergangenen Samstag nur noch kosmetische Bedeutung bei, Paul Nicholls hätte ein jedes Rennen auf der Karte gewinnen müssen, um rechnerisch im sprichwörtlichen Rennen zu bleiben; dies gelang „natürlich“ nicht. Team Seven Barrows (der Name stammt im Übrigen von den alten Hügelgräbern  (eine der Bedeutungen des Wortes „Barrow“),  die sich auf Hendersons Trainingsgelände befinden) konnte mit Call me Lord, Altior und L´Ami Serge zwei der drei Gruppe- Rennen des Renntages für sich entscheiden, und hat mit dem in nunmehr allen bisherigen Chase-Starts ungeschlagenen Altior ein Pferd im Stall, das bereits in einem Atemzug mit Sprinter Sacre genannt wird, ja genannt werden muss.

Die Leichtigkeit, mit der er den amtierenden Champion Chase Sieger von Cheltenham – Special Tiara – hier besiegte (und Altior ist offiziell noch ein Nachwuchspferd, ein "Novice") war mehr als beeindruckend; dies zeigt sich auch in seinem Rating, welches nur ein Pfund unter dem eines gewissen Douvan liegt.  An dieser Stelle ein kurzes Wort zu Sprinter Sacre:  Der Wallach hatte in den letzen Wochen diverse vielumjubelte öffentliche Auftritte, wie eine Art Abschiedstour von seinen Fans. Er hat nun Seven Barrows endgültig verlassen und ist in den Stall des britischen Vielseitigkeitsreiter Spencer Sturmey umgezogen, „ich mache mit ihm, was er möchte“, so Sturmey auf seiner Facebook-Seite.

Champion Jockey wurde zum zweiten Mal in Folge Richard Johnson, mit 188 Siegen von 1.026 Ritten. Nachdem Johnson 20 Jahre lang im Schatten eines gewissen AP McCoy gestanden hatte, und auch genau so oft Vize-Champion hinter ihm war, gibt es wohl kaum einen Mitstreiter, der ihm diese vollen Erfolge nicht gönnt. Johnson, der vor allem für Philip Hobbs in den Sattel steigt – für ihn ritt er 66 Sieger -, schloss die Saison am Samstag mit zwei Siegern dann auch standesgemäß ab. Am Emotionalsten war dabei natürlich der Sieg mit Evergreen Menorah, welcher, nun 12jährig, die zur Gr. 2 zählende Oaksey Chase zum sage und schreibe vierten Mal in Folge gewann, auf der Stelle von seinen in Tränen aufgelösten Besitzern aus dem Sport verabschiedet wurde und nun seinen Ruheabend auf der Familienfarm der Johnsons verbringen wird.

Harry Cobden wurde Champion der Nachwuchsreiter, und der JP McManus war der erfolgreichste Besitzer des letzen Jahres. Wie hier in Deutschland ist die Wahl zum Hindernispferd des Jahres eine Publikumswahl, diese gewann mit erwarteter Überlegenheit Many Clouds, den 65% der 3.689 abgegebenen Stimmen auf sich vereinen konnte und so drei Monate nach seinem tragischen Tod ein letztes Mal im Rampenlicht stand.

Anders hatte sich über den Winter die Situation in Irland gestaltet. Hier hatte Gordon Elliott vom Tag Eins der Saison an die Statistik angeführt, und diese Position, teilweise mit riesengroßem Vorsprung, auch den gesamten Winter vor Willie Mullins über gehalten. Beide Trainer hatten dann mit exzellenten Resultaten das Cheltenham–Festival abgeschlossen (hier war Elliott am Ende mit Haaresbreite Meetings-Champion geworden), danach das Grand National Festival in Aintree weitestgehend ausgelassen, und sich ganz auf den Titelkampf auf heimischer Scholle zu konzentrieren.

Doch was schon nach einem Canter-Sieg für Elliott aussah, verwandelt sich sozusagen auf der Zielgeraden in eine herzzerreißende Niederlage. Mit rund 400.000€ Vorsprung war er in die alles entscheidende Woche des Punchestown-Festival gestartet, dann musste er machtlos zusehen, wie einem Willie Mullins auf einmal wieder alles gelang, während Elliotts Pferde wohl endgültig die lange und harte Saison zu spüren schienen. Sagenhafte 1.234 Mal waren seine Schützlinge gestartet, hatten 193 Siege und insgesamt 4.380.705 € eingaloppiert, allein, es war nicht genug gegen die Macht eines in Höchstform agierenden Willie Mullins, der es mit 180 Siegen (von 571 Startern – eine Quote von sagenhaften 32%)  schlussendlich auf 4.580.020 € brachte. 

Wie allumfassend diese beiden Trainer die irische National Hunt Saison inzwischen dominieren, zeigt die Tatsache, dass der Drittplatzierte Henry de Bromhead 68 Siege erzielen konnte und dabei rund 1,6 Millionen Euro verdiente. (Die Zahlen zeigen natürlich auch das hohe monetäre Niveau, auf dem sich der Sport auf der grünen Insel bewegt.)  Es ist natürlich müßig, darüber zu spekulieren, wo Elliott zu sehr nach vorne geprescht war, oder ob es taktisch klug war, im einem Rennen wie dem Irischen Grand National 10 Starter zu satteln, die aber alle nicht gewinnen konnten. Auch konnte der Einzug diverser Gigginstown Pferde letztendlich auch nicht helfen, wenn auch Apples Jade, die ja im letzten Jahr noch bei Mullins gestanden hatte, eine der Top-Verdienerinnen für Elliott war, und nach dem Cheltenham Festival auch in Punchestown punkten konnte.

Ansonsten lief es weit besser für Mullins: Fünf Gr. 1-Siege errang sein Closutton Stables in den fünf Tagen, und das zum größten Teil nicht einmal mit den gemeinten Pferden. So sehr, dass Stalljockey Ruby Walsh seinen ersten 2017er Punchestown-Sieger erst am Tag 3 des Festivals ritt, da hatte der Stall schon vier Rennen, incl. zweier Gr.1, gewonnen. Auch von den nachfolgenden drei Gr.1 Siegern ritt Ruby nur einen, was aber natürlich seiner Stellung als Champion-Jockey keinen Abbruch tat.

Ein hervorragendes Festival feierte auch – erneut - Jessica Harrington, sowie Colin Tizzard. In einem der Rennen des Jahres gewann Harringtons für Besitzer Ann & Alan Potts trainierter Cheltenham Gold Cup Sieger Sizing John (der im Februar zudem den Irish Gold Cup gewonnen hatten) auch die Punchestowner Version;  hier zeigte der erst 7jährige Wallach ein wahres Kämpferherz und rang erst im letzen Galoppsprung seine Gegner Djakadam und den 2015 Cheltenham Gold Cup Sieger Coneygree nieder, welcher nach langer Pause ein mehr als famoses Comeback gab. Colin Tizzard eilt mit seinen Potts-Pferden nun seit Monaten von Erfolg zu Erfolg, Auch er feierte –genau wie die Potts -  ein hocherfolgreiches Punchestown und kündigte seine Ambitionen an, im nächsten Jahr in den englischen Championatskampf einzugreifen. Champion der irischen Nachwuchsreiter wurde zum ersten Mal in der Geschichte mit Rachael Blackmore eine Frau. Michael O´Learys Gigginstown House Stud war in der letzten Saison erfolgreichster Besitzer.

Die neue Hindernissaison begann bereits am folgenden Tag. Nach der Saison ist vor der Saison. 

Catrin Nack

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