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Neue Deckhengste 2014: Reliable Man

Reliable Man in seiner Röttgener Box. www.dequia.de

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 297 vom Donnerstag, 26.12.2013

Es war in den 60er Jahren, als irgendjemand in England auf die Idee kam, dass es vielleicht ganz interessant wäre, wenn Deckhengste auch im Herbst einer Betätigung nachgehen könnten. Zumal zu dieser Jahreszeit am anderen Ende der Welt auch eine Vollblutzucht existierte und die Transportmöglichkeiten Richtung Australien/Neuseeland durchaus akzeptabel waren. Der Shuttle-Hengst war geboren, Koryphäen wie Green God oder Pretendre waren die ersten, die diese Bezeichnung verdienten. Damals deckten sie noch rund vierzig Stuten in England und vielleicht gerade einmal die Hälfte in Australien, kommerziell war das alles noch nicht. Das ist heute natürlich ganz anders, auch wenn es unverändert genauer Planung und Logistik bedarf. Nicht jeder Hengst eignet sich zum shutteln, ein Risiko ist immer dabei, zudem sind die Kosten hoch, etwa für entsprechende Versicherungen. Es muss sich also lohnen.

Reliable Man in Röttgen. www.dequia.deReliable Man in Röttgen. www.dequia.deAn Deutschland ist dieser Trend, dem vor allem die weltweit größten Hengsthalter Coolmore und Darley praktizieren, bisher ziemlich vorbeigegangen. Vor einigen Jahren war Silvano eigentlich zum regelmäßigen Hin- und Herfliegen zwischen Deutschland und Südafrika auserkoren, das konnte aufgrund der komplizierten Bestimmungen in dem afrikanischen Land nicht dauerhaft realisiert werden. Campanologist hat in diesem Jahr eine erste Runde in Südamerika absolviert. Und jetzt ist Reliable Man der erste Hengst überhaupt, der zwischen dem fünften Kontinent und Deutschland pendeln wird. Am Freitag ist er nach einer langen Reise im Gestüt Röttgen angekommen, aufgebrochen ist er in Neuseeland, wo er im Spätsommer und Herbst im Westbury Stud mit einer beeindruckenden Stutenliste in seine Deckhengstkarriere gestartet ist.

Reliable Man ist der erste französische Derbysieger der neueren Zeit, der in einem deutschen Gestüt aufgestellt ist. Der letzte war der berühmte Pharis, der im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten in Frankreich konfisziert wurde, nach Deutschland verbracht wurde, wo er Vater u.a. von Asterblüte wurde. Nach dem Krieg kehrte er natürlich wieder in die Hände seines Züchters und Besitzers Marcel Boussac. Doch das ist eine andere Geschichte.

Dass man sich bei Reliable Man für den Standort Deutschland entschieden hat, zeigt, wie auch bei den gleichfalls neu ins Geschäft einsteigenden Dabirsim und Maxios, einen großen Vertrauensvorschuss in die hiesige Szene. Vor einigen Jahren wäre dies noch ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, dass ein Pferd dieses Kalibers hierzulande aufgestellt wird.

Ankunft im Gestüt Röttgen am vergangenen Freitag: Nach einem langen Flug von Neuseeland aus ist Reliable Man mit dem eigens für ihn vorbereiteten Transporter von Günther Schmidts Unternehmen Taxi4Horses am Flughafen London Heathrow abgeholt worden. Foto: www.taxi4horses.comAnkunft im Gestüt Röttgen am vergangenen Freitag: Nach einem langen Flug von Neuseeland aus ist Reliable Man mit dem eigens für ihn vorbereiteten Transporter von Günther Schmidts Unternehmen Taxi4Horses am Flughafen London Heathrow abgeholt worden. Foto: www.taxi4horses.comReliable Man, der von Alain de Royer-Dupre trainiert wurde, startete seine Rennkarriere relativ spät. Im April 2011 debutierte er dreijährig in einem 2000m-Rennen in Saint-Cloud, das er souverän mit drei Längen Vorsprung gewann, im Sattel saß Gerald Mosse, der zunächst sein ständiger Partner war. Seinen nächsten Start absolvierte er erneut über 2000m, diesmal in Chantilly, auch dort war er nicht zu schlagen, so dass ihn sein Trainer direkt im Prix du Jockey-Club (Gr. I) aufbot.

Seit 2005 wird das Französische Derby über 2100m gelaufen, was Jahr für Jahr Diskussionen und Kritik nach sich zieht. Das "wahre" Derby sei der Grand Prix de Paris (Gr. I), das über die klassischen 2400m führt, nur dieses Rennen sähe den Besten des Jahrgangs vorne - so heißt es oft. Schaut man sich die Sieger im "Jockey Club" seit 2005 an, kann dem nur bedingt gefolgt werden, denn mit Shamardal (Giant's Causeway), Lawman (Invincible Spirit), Vision d'État (Chichicastenango), Lope de Vega (Shamardal) bis hin zu Intello (Galileo) in diesem Jahr waren teilweise Pferde hoher Klasse vorne, die sich inzwischen auch in der Zucht einen Namen gemacht haben. Die besten Pferde, die seitdem den Grand Prix de Paris gewonnen haben, waren wohl die Juddmonte-Hengste Rail Link (Dansili) und Zambezi Sun (Dansili), spätere Sieger hatten nicht unbedingt dieses Format, mit Abstrichen ist noch Méandre (Slickly) zu nennen.

Der Sieg im französischen Derby: Reliable Man triumphiert mit Gerald Mosse im Prix du Jockey Club, Gr. I. www.galoppfoto.de - Sandra ScherningDer Sieg im französischen Derby: Reliable Man triumphiert mit Gerald Mosse im Prix du Jockey Club, Gr. I. www.galoppfoto.de - Sandra Scherning

Reliable Man zählte im Prix du Jockey Club 2011 zum erweiterten, nicht engeren Favoritenkreis, auch wenn er ungeschlagen an den Start kam. Mit Roderic O'Connor (Galileo) und Tin Horse (Sakhee) liefen die Sieger in de Irish 2000 Guineas (Gr. I) bzw. in der Poule d'Essai des Poulains (Gr. I), viel Geld war auf dem Aga Khan-Hengst Baraan (Dalakhani) unterwegs, der zuvor ein Gr. III-Rennen gewonnen hatte. Und auch der Godolphin-Vertreter Casamento (Shamardal) sowie der ungeschlagene italienische Derbysieger Crackerjack King (Shamardal) wurden gewettet. Doch gegen Reliable Man hatten sie an diesem Tag keine Chance. Es hatte schon etwas Bedenken gegeben, da es erst sein dritter Start war, er auch von der Klasse her einen großen Sprung zu bewältigen hatte, doch spielte das überhaupt keine Rolle. Er gewann von einem der letzten Plätze kommend in bemerkenswertem Stil.

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Augenblicke .... von Reliable Man. www.dequia.deAugenblicke .... von Reliable Man. www.dequia.deReliable Man lief anschließend im Grand Prix de Paris, wurde in dem von Méandre gewonnen Rennen auf schon zu abgetrockneter Bahn Dritter. Alain de Royer-Dupre gab ihm anschließend eine kurze Pause, die nächste Aufgabe war der Qatar Prix Niel (Gr. II) über 2400m, den er leicht gewann und somit eindrucksvoll Revanche an dem Zweitplatzierten Méandre nahm. Er lief dann anschließend in dem von Danedream (Lomitas) gewonnenen Prix de l'Arc de Triomphe (Gr. I), blieb auf schneller Bahn aber klar unter Form. Sein Trainer hat immer wieder betont, dass es Reliable Man schon etwas elastisch unter den Hufen brauchen würde, so ist manche schwächere Leistung auch vierjährig zu erklären.

2012 blieb er in Europa sieglos, erzielte jedoch einige ausgezeichnete Platzierungen. Er war Dritter im Prix Ganay (Gr. I), jeweils Vierter in den Prince of Wales's Stakes (Gr. I) und den King George VI and Queen Elizabeth Stakes (Gr. I) und schloss seine Kampagne in der Alten Welt mit Rang zwei hinter Maxios (Monsun) in La Coupe (Gr. II) ab. Im Oktober lief er noch einmal ohne Erfolg in Kanada. Ende letzten Jahres wurde ein maßgeblicher Anteil an ihm an australische Interessen verkauft. Er kam in den Stall von Trainer Chris Waller, gab Mitte April sein Australien-Debut in den von Pierro (Lonhro) gewonnen George Ryder Stakes (Gr. I), in denen er nur 1 3/4 Länge hinter dem Sieger Sechster wurde. Danach musste er auch in den Queen Elizabeth Stakes (Gr. I) über 2000m in Randwick gute Chancen haben, doch war im achtköpfigen Feld mit It's A Dundeel (High Chaparral) ein vermeintlich "Unschlagbarer" am Start. Er kam mit dem Erfolg im Australian Derby (Gr. I) im Gepäck als 2:7-Favorit an den Ablauf, doch bot Reliable Man unter Hugh Bowman die vielleicht beste Leistung seiner Laufbahn, gewann völlig souverän. Bedauerlicherweise war es verletzungsbedingt schon seit letzter Auftritt.

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Reliable Man im Porträt. www.dequia.deReliable Man im Porträt. www.dequia.deReliable Mans Vater Dalakhani (Darshaan) hatte den Prix du Jockey Club (Gr. I) 2003 gewonnen, als es noch über 2400m ging. Er war noch in drei anderen Gr. I-Rennen erfolgreich, insbesondere natürlich im Prix de l'Arc de Triomphe (Gr. I), damals unter einem noch sehr jungen Christophe Soumillon. Er steht von Beginn seiner Deckhengstkarriere an im Gilltown Stud in Irland, ist Vater von bisher zwanzig Gr.-Siegern und ist auch von deutschen Züchtern oft mit Erfolg herangezogen worden - das beste Beispiel ist der Karlshofer Seismos, in diesem Jahr Gr. I-Sieger. Von Dalakhanis Gr. I-Siegern ist der u.a. in den King George VI and Queen Elizabeth Stakes erfolgreiche Conduit im Gestüt, er steht in Japan.

Reliable Mans Mutter On The Stage war vierjährig Listensiegerin in Frankreich. Sie hat vor Reliable Man bereits acht Fohlen gebracht, darunter Gale Force (Sinndar), der dreijährig den Coupe des Trois Ans (LR) gewinnen konnte, sowie French Opera (Bering), einen guten Hürdler in England. Die nächste Mutter Fair Salinia (Petingo) hat sowohl die Irish wie auch die Epsom Oaks (Gr. I) gewonnen, dazu auch die Yorkshire Oaks (Gr. I). Zu ihren Nachkommen zählt der einige Zeit auch in Deutschland trainierte Perfect Vintage (Shirley Heights), der bis ins hohe Alter erfolgreich war, u.a. den Prix Quincey (Gr. III) gewann. Bei den ersten Schritten seiner Karriere gewann er für Trainer Börje Olsson Ausgleiche IV in München und Baden-Baden. Seine Schwester Perfect Circle (Caerleon) war Listensiegerin, ist Black Type-Vererberin, listenplatziert liefen Fair Habit (Habitat) und Horn Dance (Green Dancer). Direkt dahinter finden sich im Pedigree eine Menge Namen von Gr. I-Siegern und Deckhengsten wie Faraway Son (Ambiopoise), Liloy (Bold Bidder), Baillamont (Blushing Groom), Lyphard's Wish (Lyphard) und Rambo Dancer (Northern Dancer), Letzterer ist ein Halbbruder zu Fair Salinia.

Reliable Man im Gestüt Röttgen. www.dequia.deReliable Man im Gestüt Röttgen. www.dequia.deReliable Man im Profil

Reliable Man (GB) 2008

Sch., H., v. Dalakhani - On Fair Stage v. Sadler's Wells

5 Siege inkl. Santos Coffee Queen Elizabeth Stakes, Randwick, Gr. I-AUS, Prix du Jockey Club, Chantilly, Gr. I, Qater Prix Niel, Longchamp, Gr. II, 3mal platziert  Zweiter La Coupe de Maisons-Laffitte, Maisons-Laffitte, Gr. III, Dritter Prix Ganay, Longchamp, Gr. I, Juddmonte Grand Prix de Paris, Longchamp, Gr. I (14 Starts, Gewinnsumme €1.454.000)

    NP Bloodstock Ltd. (FR/IRE)    Fair Salinia Ltd  Gestüt Röttgen
Decktaxe:  €6.000




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