TurfTimes:
Ausgabe 849 vom Freitag, 10.01.2025
Mit der Veranstaltung rund um die King George VI Chase (Gr. I) in Kempton Park beginnt zu Weihnachten traditionell die heiße Phase der National Hunt-Saison in England und Irland, gefolgt von gleich mehreren Tagen mit Highlights im irischen Leopardstown.
Rund 150.000 Pfund standen als Siegdotierung über den King George VI Chase über 4800 Meter, wobei von vornherein die einheimischen Kandidaten vor einer schweren Aufgabe standen. Der Sieg ging schließlich nach Irland in den Stall von Joseph O’Brien, der sein Engagement im Hindernissport numerisch zwar etwas heruntergefahren hat, aber qualitativ unverändert ganz oben mitspielt. Der von ihm betreute sieben Jahre alte Banbridge (Doyen) setzte sich mit Paul Townend im Sattel gegen den aus Frankreich angereisten Il Est Francais (Karaktar) aus der Trainergemeinschaft Zetterholm/George durch. Banbridge hat zwar bereits zwei Gr. I-Siege in seinem Rekord, konnte in der laufenden Rennzeit bei zwei Starts jedoch noch nicht überzeugen.
Ein auf dem Papier faszinierendes Duell schien sich im Christmas Hurdle (Gr. I) über 3200 Meter anzubahnen, am Ende blieb Constitution Hill (Blue Bresil) bei seinem Comeback beim neunten Start ungeschlagen. Die Herausforderin Lossiemouth (Great Pretender) aus dem Willie Mullins-Stall war gut zwei Längen zurück, musste beim elften Start die zweite Niederlage hinnehmen. Der von Nicky Henderson trainierte Constitution Hill, den wie immer Nico de Boinville ritt, war exakt ein Jahr nicht am Start gewesen, hatte damals erstmals das Christmas Hurdle gewonnen. Es folgte die lange unfreiwillige Pause, verbunden mit einer Luftoperation.
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In Leopardstown sicherte sich am 26. Dezember Gordon Elliott das erste Highlight, als Croke Park (Walk In The Park) in der wie üblich in solchen Rennen mit vier Pferden - drei davon von Elliott - besetzten Long Distance Novices’ Chase (Gr. I) gewann. Nach 5000 Metern hatte der aus einer französischen Protektor (Acatenango)-Mutter stammende Wallach einen Kopf-Vorsprung auf den favorisierten Trainingsgefährten Better Days Ahead (Milan).
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Tags darauf zeigte in Kempton der in Frankreich gezogene Sir Gino (It’s Gino) seine Klasse in der Wayward Lass Novices Chase (Gr. II), als er nach 3200 Metern für die Kombination Henderson/de Boinville den über Hürden dreimaligen Gr. I-Sieger Ballyburn (Flemensfirth) mit deutlichem Vorsprung auf Rang zwei verwies. Es war der erste Start für Sir Gino, dessen Mutter eine Tochter von Anzillero (Law Society) ist, über schwere Sprünge, bei sechs Starts ist er noch ungeschlagen. Seine Karriere hatte er in Frankreich bei Carlos und Yann Lerner begonnen, vor seinem Transfer nach Großbritannien gewann er beim Debüt mit dem Prix Wild Monarch (LR) ein renommiertes Hürdenrennen für Debütanten
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Ein Pferd mit starkem deutschem Hintergrund ist Solness (König Turf), der sich am 27. Dezember in Leopardstown zum Kurs von 28:1 unter JJ Slevin für Trainer Joseph O’Brien die Paddy’s Reward Club Chase (Gr. II) über 3400 Meter holte. Rang zwei ging an den einstigen BBAG-Jährling Gaelic Warrior (Maxios), der sein Saisondebüt gab. Die Mutter des Siegers ist die vom Gestüt Schlenderhan gezogene, nie gelaufene Solveigh (Tiger Hill), eine Halbschwester u.a. von Sommernacht (Monsun) und Serafino (Alzao). In Frankreich hat sie mehrere bessere Hindernispferde auf der Bahn, sie ist auch zweite Mutter u.a. des vorjährigen Seriensiegers Sommersby (Amaron). Der Vater König Turf (Big Shuffle) ist vor einigen Wochen eingegangen - siehe eigene Meldung. Für Solness war es der erste Gr.-Sieg überhaupt, es gab jedoch schon zahlreiche Platzierungen auf dieser Ebene.
Das Future Champions Novice Hurdle (Gr. I) über 3200 Meter ging an den Favoriten Romeo Coolio (Kayf Tara) aus dem Elliott-Stall. Der einst in Deutschland auf Gr. III-Ebene erfolgreiche Sea Of Sands (Sea The Stars) musste angehalten werden und kam nicht ganz klar aus dem Rennen zurück.
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Seinen letzten Start überhaupt absolvierte Nietzsche Has (Zarak) im englischen Chepstow im Juvenile Hurdle (Gr. II) über 3200 Meter, denn mit erst vier Jahren hat er seine Karriere beendet, wird im Haras de Montaigu als Deckhengst aufgestellt. Eine für ein Hindernispferd eher ungewöhnliche Entscheidung, wobei er sich für Trainer Marcel Rolland unter Jockey Ludovic Philiperon erfolgreich verabschiedete. Als klarer Favorit setzte er sich gegen acht Gegner durch, im geschlagenen Feld war mit Melon (Adlerflug) auch ein Pferd aus deutscher Zucht.
Nietsche Has war als Zweijähriger bei Arqana für immerhin 240.000 Euro in den Besitz von Edward Jones und dessen Highbourne Stud gelangt, in Auteuil war er Gr. III-Sieger über Hürden. Seine Mutter ist eine Schwester des Gr. I-Siegers Nirvana du Berlais (Martaline), der als Deckhengst im Haras de la Hetraie in Frankreich steht. Dort hat er bisher in jedem seiner fünf Gestütsjährige stets hohe dreistellige Bücher gedeckt, vergangenes Jahr waren es 159 Stuten.
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Trainer Willie Mullins musste während der Weihnachts- und Neujahrstage schon einige Niederlagen einstecken, doch zumindest sein vorjähriger Cheltenham Gold Cup (Gr. I)-Sieger Galopin des Champs (Timos) enttäuschte in der Savills Chase (Gr. I) in Leopardstown nicht. Paul Townend ritt den 5:6-Favoriten in dem mit 103.250 Euro für den Sieger dotierten 5000-Meter-Rennen zu einem souveränen Erfolg gegen den Trainingsgefährten Fact To File (Poliglote), der ihn Ende November in Punchestown noch hinter sich gelassen hatte. Neujahr erzielte Mullins in Fairyhouse immerhin vier Siege inklusive einer Gr. III-Siegerin.
Die große Form der Pferde von Joseph O’Brien unterstrich Home By The Lee (Fame And Glory), der zum zweiten Mal nach 2022 das Savills Hurdle (Gr. I) um 88.500 Euro für den Sieger mit JJ Slevin im Sattel gewann. Seitdem zeigte er unterschiedliche Leistungen, hatte sich aber im November mit einem Gr. II-Sieg in Navan wieder in Erinnerung gebracht, damals gegen Bob Olinger (Sholokhov), der auch diesmal nach 4700 Metern nur Zweiter war.
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Eine der Enttäuschungen für den Mullins-Stall lieferte State Man (Doctor Dino), der im vergangenen Winter ungeschlagen gebliebene Champion Hurdle (Gr. I)-Sieger. Schon vor einigen Wochen startete er mit einer Niederlage gegen die Elliott-Stute Brighterdaysahead (Kapgarde) in Punchestown in die Saison. Im Neville Hotels Hurdle (Gr. I) fiel die Niederlage noch deutlicher aus, State Man wurde klar zurück als 4:9-Favorit nur Dritter. Die sechs Jahre alte Brighterdaysahead in den O’Leary-Farben erzielte beim zehnten Start ihren neunten Sieg, im Ziel hatte sie dreißig Längen Vorsprung auf den Außenseiter Winter Fog (Papal Bull).
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In den Wettmarkt für das Grand National ist ein in Frankreich gezogener It’s Gino-Sohn aufgerückt. Der sieben Jahre alte Victtorino (It’s Gino) aus dem Stall von Trainerin Venetia Williams holte sich in Ascot die über 4800 Meter Silver Cup Handicap Chase (Gr. III) unter Charlie Deutsch mit einer Siegdotierung von rund 68.000 Euro. Das Rennen hatte er bereits im vergangenen Jahr für sich entscheiden können. Er hatte seine Rennkarriere in Frankreich bei Daniela Mele begonnen, war dort Sieger über schwere Sprünge in Auteuil und Compiegne.
Er ist Bruder einer listenplatziert gelaufenen Tochter von Anzillero (Law Society), Gr. I-Sieger aus der Zucht des Gestüts Erlenhof, in der französischen Hindernispferdezucht ähnlich wie It’s Gino (Perugino) lange unterschätzt. Er ist 2014 eingegangen, damals 17jährig.