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Mehrere Alternativen zur Zukunft von Baden Racing

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 533 vom Freitag, 31.08.2018

Die Zukunft des deutschen Galopprennsports und der Rennbahn Baden-Baden im Besonderen stand bei der zweieinhalbstündigen Jahreshaupt- und Mitgliederversammlung der Besitzervereinigung für Vollblutzucht und Rennen e.V. (68 Stimmberechtigte waren anwesend) am Montag der Großen Woche im Longines Club in Iffezheim groß im Fokus. Dr. Andreas Jacobs sprach als Baden Racing-Präsident in seinen einleitenden Worten sofort Klartext: „Vor 20 Jahren haben wir schon gedacht, die Talsohle im deutschen Turf sei erreicht, und das hoffen wir auch jetzt noch. Es gibt viele Hoffnungsschimmer, aber auch viele negative Kennzahlen. Es bedrückt mich, dass es kein Konzept zur Beflügelung der Off-Track-Wetten gibt. Die Wettumsätze brechen weiter ein. Die Rennwettsteuer-Rückvergütung ist nicht da. Ein gesamtes Steuerungs-Konzept gibt es nicht, keine Umsetzung der Strukturreform und auch kein „Wir-Gefühl“. Partikular-Interessen herrschen vor, das ist tragisch.“ 

Der neue Direktoriums-Präsident Dr. Michael Vesper, der erstmals bei der Besitzervereinigung unter ihrem Präsidenten Manfred Ostermann (ist wie seine Vorstandskollegen bis 2019 gewählt) dabei war, appellierte: „Ein „Wir-Gefühl“ ist essenziell. Wir dürfen nicht jammern, sondern müssen die Chancen ergreifen, die in jeder Krise stecken.“

Ostermann verwies ebenfalls darauf, dass sich die Schere zwischen der hohen Qualität der deutschen Zucht und den wirtschaftlichen Kennzahlen weiter geöffnet habe. „Die Stadt Frankfurt hat eine unserer wichtigsten Bahnen vernichtet. In Bremen droht Ähnliches. In Neuss gibt es einen ständigen Kampf. In Bad Doberan haben persönliche Querelen zur Absage des Meetings geführt.“ Doch auch erfreuliche Entwicklungen erwähnte der Präsident der mächtigen Vereinigung und nannte als Beispiele Halle („dort wird 2019 nach sechs Jahren Unterbrechung aufgrund der Flut-Katastrophe der Rennbetrieb wieder aufgenommen. Elf Millionen Euro sind in die Anlage geflossen, das habe ich sonst kaum schon einmal irgendwo erlebt“), Mülheim („Herr Ellerbracke hat im Stil des großen Bellheim die Bahn wieder nach vorne gebracht“) oder Bad Harzburg.

Ganz besonders wichtig sei ihm, die großen Rennen nicht zu verlieren. „Denn sonst hätten wir den Status eines Amateursports.“ Er sei von Hause aus Optimist, die Erlöse aus dem RaceBets-Verkauf ließen ihn positiv in die Zukunft schauen. Doch wofür die Millionen denn nun verwendet werden, ist unverändert nicht geklärt. Manfred Ostermann schilderte auch ein weiteres Problem: „Bei fast allen PMU-Renntagen wird in den deutschen und französischen Totalisator parallel gewettet, und das zu unterschiedlichen Quoten.“

Und dann wurde es eminent wichtig beim Tagesordnungspunkt „Zusammenarbeit mit Baden Racing“. Dr. Andreas Jacobs zur Situation: „Seit fast zehn Jahren ist Baden Racing der Betreiber der Rennbahn in Iffezheim. Baden-Baden ist systemrelevant. Paul von Schubert und ich haben Baden Racing ideell geführt, aber das können wir nicht weiter privat in dieser Form stemmen. Wir beide haben in diesen Jahren fünf Millionen Euro investiert. Wir haben dem Direktorium einen Vorschlag gemacht, miteinzusteigen und einen Drei-Jahres-Plan vorgelegt. Die Alternative wäre, dass wir ab 2019 den Verein kommerziell führen.“

Manfred Ostermann nahm den Ball direkt auf und nannte die einzelnen Möglichkeiten, die sich nun zur Zukunft der Rennbahn Iffezheim bieten: „Die Idee ist, dass sich das Direktorium zu 51 Prozent an Baden Racing beteiligt. Wir haben das kontrovers diskutiert. Von Rennvereinsseite sind Zweifel aufgekommen, ob eine solche Lösung allen Rennvereinen gerecht wird. Denn das hätte als Signalwirkung, dass einige Rennvereine dieselbe Leistung vom Direktorium einfordern. Wir stehen nach wie vor in der Diskussion, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt diese Idee nicht zum Tragen. Die Alternative Nummer eins ist, dass wir als Besitzervereinigung einen privaten Investor finden, der mindestens 51 Prozent an Baden Racing übernimmt. Je nach dessen Engagement haben Andreas Jacobs und Paul von Schubert angeboten, mit einem gewichtigen Prozentsatz von 20 bis 49 Prozent bei Baden Racing zu bleiben. Diese genannte Alternative wird von uns priorisiert.“

Eine weitere Option sei, dass sich die Beteiligungsgesellschaft 51 Prozent der Anteile sichere. „Das werden wir mit den Kommandantisten in einer separaten Versammlung diskutieren. In meinen Augen wäre das eine sehr gute Alternative, da sehr viele Züchter und Besitzer sowie Institutionen des deutschen Rennsports hier involviert sind.“

Schließlich gäbe es auch die Möglichkeit, dass sich die Besitzervereinigung engagiere. „Wir haben ein hohes Interesse, dass die Rennen in Baden-Baden so weiter durchgeführt werden. Auch die Zusammenarbeit mit der BBAG muss bestehen bleiben. Man könnte hier auch weitere Events konzentrieren. In den nächsten Wochen werden wir eine Anfrage bei den Mitgliedern starten. Natürlich muss jedem klar sein, dass man mindestens drei Jahre braucht, um Baden Racing auf eine schwarze Null zu bringen. Egal, welches der Szenarien kommt, der Entscheidungszeitraum geht bis Ende Oktober.“

Sollte jedoch keine Lösung bis dahin gefunden werden, habe das Präsidium des Direktoriums eine Übergangslösung durch Subventionen der Besitzervereinigung, der BBAG und des Direktoriums für zwei bis drei Jahre formuliert. Ostermann: „Wir können Herrn Jacobs und Herrn von Schubert nicht weiter im Regen stehen lassen.“

Ausgiebig wurde über das Thema Toto-Abzüge diskutiert, nachdem Rolf Leisten (Vorsitzender der Technischen Kommission und der Zuchtkommission) vorschlug, einheitliche Abzüge vom Direktorium zu beschließen. Laut Ostermann und Jan-Antony Vogel (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Direktoriums) wäre dies aber mit Kosten von 500.000 bis 700.000 Euro für die Rennvereine verbunden.

Lars-Wilhelm Baumgarten entfachte eine lebhafte Diskussion, als er als Sofortmaßnahme einen „Fallschirm“ durch die Besitzervereinigung in dieser Höhe vorschlug: „Wir haben nur eine Chance, wenn die Abzüge gesenkt werden. Wenn wir die Wette nicht retten, werden wir untergehen.“ Für  einen solchen direkten Rettungs-Schritt, den auch Rolf Leisten mit Nachdruck forderte, stieß man bei Manfred Ostermann aber nicht auf Zustimmung. Doch soll das Thema bei den nächsten Sitzungen der Entscheidungs-Gremien auf den Tisch kommen.

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