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Lennart Hammer-Hansen im Porträt: "Es hat wieder gekribbelt!"

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 275 vom Donnerstag, 25.07.2013

Ein besonders emotionales Ereignis, auch eineinhalb Wochen später ist Hammer-Hansen die Freude noch anzumerken. Foto: Karina StrübbeEin besonders emotionales Ereignis, auch eineinhalb Wochen später ist Hammer-Hansen die Freude noch anzumerken. Foto: Karina StrübbeWer am 14. Juli im Krefelder Stadtwald weilte und sich nicht nur das Hauptrennen des Tages selbst, sondern auch die anschließende Siegerehrung ansah, konnte nicht anders als ergriffen sein. Die Meilen-Trophy wartete gleich mit mehreren Superlativen auf: Neben dem dritten Gruppesieg des Jahres für Besitzertrainer Ferdinand Leve und dem ersten Gruppe II-Erfolg für Felician gab es für Jockey Lennart Hammer-Hansengleich noch einen zweiten Grund zum Feiern: Das "Pony", wie der 1,52m kleine Wallach im Stall genannt wird, hatte ihm den 1000. Sieg der Karriere beschert. Die Freude war nicht nur zu sehen, als er mit dem eigens von seiner Familie organisierten Banner auf die Ehrenrunde ging, sondern auch zu hören, als Lennart Hammer-Hansen nach der Siegerehrung Rede und Antwort stand und das Publikum an seinen Emotionen teilhaben ließ.

 

Lennart Hammer-Hansen mit "Rasenmäher-Pony" beim TT-Interview in Warendorf. Foto: Karina StrübbeLennart Hammer-Hansen mit "Rasenmäher-Pony" beim TT-Interview in Warendorf. Foto: Karina StrübbeAuch anderthalb Wochen später beim Gespräch mit Turf-Times in Warendorf ist Lennart Hammer-Hansen die Freude noch deutlich anzumerken. "Der 1000. Sieg gehört zu den Top Drei meiner Karriere, auch auch weil so oft Steine auf meinem Weg lagen, über die ich gestolpert bin und wieder aufstehen und weiterkämpfen musste." Und: "Es ist Wahnsinn, dass ich den überhaupt noch geschafft habe", sagt er und fast gewinnt man den Eindruck, dass er es selbst noch nicht so richtig glauben kann. Nicht nur, weil sich die Zeit zwischen dem 999. Und 1000. Sieg eine Woche und ein paar knappe zweite Plätze lang zog, bevor es dann ausgerechnet im Grupperennen für seinen derzeitigen Arbeitgeber klappte, sondern gerade weil Hammer-Hansen das geradezu klassische Beispiel für eine Karriere ist, die einer Achterbahnfahrt gleicht.

Die 1000 Siege geschafft, Lennart Hammer-Hansen freut sich auf der Ehrenrunde mit Felician. Foto: Karina StrübbeDie 1000 Siege geschafft, Lennart Hammer-Hansen freut sich auf der Ehrenrunde mit Felician. Foto: Karina StrübbeAllein das Comeback an sich gleicht bereits einem Märchen. Große Erfolge wechselten sich in Hammer-Hansens Karriere mit folgenreichen Stürzen ab. Nach zwei langwierigen Verletzungen 1999 und 2002 war erst einmal Schluss, Akku leer, sowohl physisch als auch psychisch. Lennart Hammer-Hansen hängte die Stiefel an den sprichwörtlichen Nagel, ging zurück in sein Heimatland Dänemark und fuhr ein Jahr lang Bus. "Ich hatte einen Job gesucht, schließlich habe ich eine Frau, ein Haus und zwei Kinder, also musste ich Geld verdienen. Ich wollte geregelte Arbeitszeiten, ein freies Wochenende und sechs Wochen bezahlten Urlaub im Jahr, ich wollte mit meiner Familie Urlaub machen können, wenn die Schulkinder frei haben und so weiter – alles Dinge, die ich bisher nie gemacht habe. Und als ich so die Zeitung durchblätterte fand ich dieses Jobangebot, fest angestellt, fünf Wochen Kurs, alles bezahlt. Das kostet sonst 4000 €. Da habe ich gesagt, da wäre ich ja blöd, wenn ich das nicht machen würde." Gesagt getan, es ging runter vom Pferderücken, hinein ins normale Leben – und wieder zurück.

Erfolgsteam: Ferdinand Leve, Janet Leve-Ostermann, Felician und Lennart Hammer-Hansen, links Albert Kaestner. Foto: www.galoppfoto.de - Sarah BauerErfolgsteam: Ferdinand Leve, Janet Leve-Ostermann, Felician und Lennart Hammer-Hansen, links Albert Kaestner. Foto: www.galoppfoto.de - Sarah Bauer"Nach fünf Monaten fing es dann wieder an zu kribbeln.! Das war der Anfang vom Ende der Busfahrerzeit. Das Jahr 2007 zog Lennart Hammer-Hansen noch als Busfahrer durch, 2008 folgte die Rückkehr in den Rennsport und das mit Vollgas, 278 Ritte absolvierte er im Jahr des Comebacks in Deutschland. Doch so richtig rund lief es anschließend nicht, 2009 kehrte Hammer-Hansen nach Skandinavien zurück. Die Pause bereut er trotzdem nicht, im Gegenteil. "Für meinen Kopf und meinen Körper war es das Beste, was ich je gemacht habe. Und nur deswegen reite ich wieder. Auch wenn ich vor zwei Jahren wieder einen schweren Unfall hatte und die Reha elf Monate gedauert hat. Da muss man sich erst einmal durchbeißen." Das hat er getan, nicht zum ersten Mal. Im letzten Jahr folgte die Rückkehr mit der gesamten Familie nach Deutschland, nach Iffezheim, wo die Familie nach wie vor zu Hause ist. Zwei Tage verbringt Hammer-Hansen in der Regel in Warendorf, wo er die Pferde seines Arbeitgebers im Training reitet.

Dreamteam in Hamburg: Daytona Bay und Lennart Hammer-Hansen. Gelingt es auch in der Diana? Foto: www.galoppfoto.de - Frank SorgeDreamteam in Hamburg: Daytona Bay und Lennart Hammer-Hansen. Gelingt es auch in der Diana? Foto: www.galoppfoto.de - Frank SorgeBei den aktuellen Erfolgen ist es kaum verwunderlich, dass das Fazit der Zusammenarbeit positiv ausfällt. „Wir verstehen uns da sehr gut und der Erfolg spricht für sich. Es funktioniert natürlich auch nur, weil wir eine gute Mannschaft haben und jeder das tut, was von ihm abverlangt wird. Daher haben natürlich alle ihren Anteil am Erfolg. Wir feiern auch immer mit der Mannschaft zusammen, wenn wir große Rennen gewinnen.“ In etwas mehr als einer Woche könnte es, das nötige Glück vorausgesetzt, einen weiteren Grund zum Feiern geben – dann öffnen sich die Boxen zum 155. Henkel-Preis der Diana. Wenn alles glatt läuft, wird Lennart Hammer-Hansen auf Daytona Bay sitzen und aus der Außenbox die Jagd auf die Stutenkrone aufnehmen. Es wäre der zweite Gruppe I-Sieg für Lennart Hammer-Hansen, der erste gelang ihm 2000 mit Faberger im Premio Vittorio di Capua.

 

Geburtstag:15.08.1972
Jockey seit:Beginn der Ausbildung 1989
Stall:Privatjockey bei Ferdinand Leve
Stationen der Karriere:

"Ich habe anderthalb Jahre in Dänemark gelernt und bin dann nach Iffezheim zu Trond Hansen gekommen. Nach eineinhalb Jahren sind wir nach Krefeld umgezogen. Dann war ich ein halbes Jahr bei Andreas Löwe, Terence Hellier war damals dort Stalljockey. Dann kam ein Angebot von Erika und Lutz Mäder, dort als zweiter Mann hinter Lutz Mäder zu reiten. Das war mein Sprungbrett zu Stall Asterblüte. In dem Jahr habe ich 67 Rennen gewonnen. Da kam ein Anruf von Rolf Leisten und so war ich zwei Jahre bei Heinz Jentzsch zweiter Stalljockey hinter Peter Schiergen. Danach war ich anderthalb Jahre bei Uwe Ostmann, dann wieder bei Hansen und Mäder. Dreimal war ich bei Mäder, dazwischen allerdings sechs Jahre in Skandinavien. Und jetzt bin ich Privatjockey bei Ferdinand Leve und seiner Frau Janet Leve-Ostermann. Und bei Helmut von Finck war ich auch noch zwei Jahre lang. Dort war ich auch sehr gern. Er stand auch nach dem Unfall im Jahre 2002 voll hinter mir und hat mich alle seine Pferde reiten lassen bei meinem Comeback 2003.  Das werde ich ihm nie vergessen."

Hammer-Hansen in den Farben von Fincks, der ihn nach seinem Unfall 2002 unterstützte. Foto: www.galoppfoto.de - Frank SorgeHammer-Hansen in den Farben von Fincks, der ihn nach seinem Unfall 2002 unterstützte. Foto: www.galoppfoto.de - Frank Sorge

 

Es läuft gut am Stall, wie kommt das?

"Die Leute spekulieren ja immer, wenn es auf einmal so steil bergauf geht, was machen die? Was geben die? Was füttern die? Was machen die anders? Aber die Qualität der Pferde ist vorhanden, super gezogen über viele Jahre hinweg, gutes Training, alle Möglichkeiten, gute Mannschaft. Wir können in Ruhe arbeiten, uns stört keiner. In Köln sind jeden Morgen 600 Pferde auf der Bahn. Ich habe dort zehn Jahre gearbeitet und jeden Dienstag, wenn Grasgalopp ist, ist dort Krieg. Die wollen natürlich alle als erstes auf der Grasbahn sein, die beste Spur haben. Wenn zwei Ställe durch sind, sind schon vierzig Pferde darüber galoppiert. Und das haben wir hier nicht. Wir können rausgehen, wenn es uns passt, je nach Wetter. Ein paar Mal im Frühjahr oder vor fünf Wochen, wo die Bahn so nass war, haben wir gesagt, wir gehen nachmittags reiten. Die Sonne kam raus und bis mittags war alles getrocknet und wir konnten unsere Pferde nachmittags arbeiten. Das geht ja in Köln auch nicht, um ein Uhr ist die Bahn zu."

Ist das für Sie sehr anders hier?

"Ich kenne Warendorf aus meiner Lehrzeit. Als ich bei Trond Hansen in Krefeld gelernt habe, hatten wir Besitzer aus Baden-Baden, der Stall Nordpol, der in Warendorf seine Pferde von Georg Ording hat trainieren lassen und dorthin hatte ich meinen zweiten Ruf vergeben. Daher kenne ich Warendorf seit 20 Jahren. Die Anlage selbst kannte ich natürlich nicht. Aber ich habe ja bei Schlenderhan gearbeitet, das Gelände hat Ferdinand Leve ja entworfen und daher kenne ich die Möglichkeiten einer privaten Anlage."

Einer der kommenden Stars? Hammer Hansen und Look of Love bei der Morgenarbeit in Warendorf. Foto: Karina StrübbeEiner der kommenden Stars? Hammer Hansen und Look of Love bei der Morgenarbeit in Warendorf. Foto: Karina Strübbe

 

Wie organisieren Sie sich zwischen Iffezheim und Warendorf?

"Ich habe ein Hotel fünf Minuten vom Stall entfernt, wo ich zweimal pro Woche übernachte. Wenn jemand ausfällt, werden es auch mal drei. Dann bleibe ich auch gerne einen Tag länger. Aber im Normalfall komme ich sonntags oder montags hochgefahren und  bleibe zwei Tage hier. Für die Fahrt von Iffezheim hierher brauche ich etwa vier Stunden, aber das ist okay. In meinem Job muss man viel reisen. Freitags reite ich dann meist in Iffezheim als Freelancer aus. Die Trainer rufen mich an und wir machen dann zwei, drei Lots für freitags aus. Donnerstags habe ich meist frei. Dann kann ich das kompensieren, denn am Wochenende geht es ja wieder los. Reisen muss man viel in diesem Sport."

Man muss schon eine Passion für diesen Beruf haben, oder?

"Ja, ich war auch als ich Bus gefahren bin, ein- bis zweimal die Woche am Stall ausreiten. Es ist nicht so, dass ich mit Pferden nichts zu tun gehabt hätte. Ich war auch mit dem Stall verbunden und bin auf der Rennbahn geritten. Aber ich wollte einfach nicht mehr planen müssen, ich habe gesagt bekommen, wie ich die nächsten fünf Tage arbeiten muss usw. Das war das, was für mich wichtig war. Ohne die Pause hätte ich vielleicht noch zwei Jahre weiter gekämpft und dann ganz aufgehört."

Und jetzt macht es wieder Spaß und es ist kein Kampf mehr?

"Jetzt macht es wieder Spaß. Ich glaube, das sieht man auch!" Aus vergangenen Tagen: Auenadler und Hammer-Hansen gewinnen den 108. Preis von Berlin. Foto: www.galoppfoto.de - Frank SorgeAus vergangenen Tagen: Auenadler und Hammer-Hansen gewinnen den 108. Preis von Berlin. Foto: www.galoppfoto.de - Frank Sorge

Was würden Sie gerne noch im Rennsport erreichen?

"Wenn das mit dem Stutenderby am 4. August klappt, wäre das natürlich schon toll. Ansonsten wäre es schön, wenn die Form hält und wir die Saison so zu Ende führen könnten, wie sie begonnen hat. Ansonsten natürlich so viele Erfolge wie möglich, gerade die großen Rennen sind das, was wichtig ist. Das sind die Ziele, die ich noch habe. Mein größtes Ziel habe ich mit dem 1000. Sieg erreicht. Aber ich nehme jeden Sieg gerne an und das ist es auch, für das wir täglich arbeiten. Ich hoffe, dass es so weitergeht, denn es läuft ja fantastisch. Baden-Baden steht ja auch vor der Tür, da gut abzuschneiden, wäre toll."

Was bedeutet Ihnen der 1000. Treffer?

"Sehr viel. Das war der Ansporn für mich nach dem Unfall vor zwei Jahren. Da habe ich gedacht: Mir fehlen 47 Siege, das kann ich so nicht stehen lassen. Das habe ich jetzt geschafft. Dank der Zusammenarbeit mit Ferdinand Leve und seiner Frau ist es schneller gegangen und ich habe es geschafft. Das geht fast über alles. Der Weg zu den 1000 war nicht einfach für mich und deswegen war es auch so emotional. Dazu stehe ich auch. Ohne den Rückhalt meiner Familie wäre es auch nicht zustande gekommen. Meine Frau hat immer gesagt: Mach, was für dich richtig ist, wenn es dir Spaß macht und du den Kopf frei hast, trainiere hart dafür und mach es."

Haben Sie einen Aberglauben?

"Ja, Aberglaube gehört zum Rennsport dazu. Aber bei mir ist das nicht so extrem. Ich weiß zum Beispiel nicht genau, welche Gurte ich benutzt habe, weil ich ja einen Jockeydiener habe und fünf Paar Gurte dort hängen. Aber ich könnte zum Beispiel den gleichen Sattel oder die gleiche Brille nehmen. Und wenn ein Pferd noch nie gelaufen ist, muss man einmal auf die Farben treten, das bringt Glück sagt man. Das habe ich als Stift schon gelernt."

Gibt es ein Rennen, das Sie mal gewinnen wollen?

"Der Arc ist für jeden Jockey das Rennen, was er gewinnen will. Und natürlich das Derby, welches ist egal, Derby ist Derby. Ich habe die klassischen Rennen durch. Der Arc wäre natürlich super, aber das ist natürlich sehr schwer. Der Große Preis von Baden und der Preis von Europa wären natürlich auch toll, große Rennen mit Geschichte dahinter."

Haben Sie Vorbilder?

"Ja, ich habe Cash Asmussen gehabt, als ich jung war. Der hat dann ja leider aufgehört, aber seine Menschlichkeit, sein Charakter haben mir imponiert. Er hatte immer Zeit für andere Leute, war nie arrogant und ein superklasse Reiter. Das hat mich beeindruckt. Wenn einer kam und ein Autogramm oder ein Foto wollte, hatte er immer Zeit. Andere Jockeys tragen die Nase hoch und so was finde ich nicht gut. Der war mein Vorbild, als ich selber Lehrling war. Ich kenne ihn auch persönlich. Er wohnt seit acht oder zehn Jahren in Texas und ist ein sehr netter Mensch."

Nach der Diana steht Baden-Baden vor der Tür. Vielleicht klappt's wie 2008 mit Best Joking. Foto: www.galoppfoto.de - Frank SorgeNach der Diana steht Baden-Baden vor der Tür. Vielleicht klappt's wie 2008 mit Best Joking. Foto: www.galoppfoto.de - Frank Sorge

Was sind Ihre besonderen Stärken oder Schwächen?

"Man soll sich ja selber nicht beurteilen, das sollen andere tun, aber das, was mir gesagt wird, ist, dass ich endkampfstark bin. Ich habe einen guten Überblick und kann Rennen auch von hinten einteilen. Das ist das, was so gesagt wir, aber endkampfstark fühle ich mich selber auch. Und ich finde, ich habe ein gutes Tempogefühl."

Welches Gewicht können Sie reiten und was müssen Sie dafür tun?

"Ich reite sehr bequem 54,5 Kilo und 53,5 reite ich, wenn etwas Wichtiges ist oder wenn Rennwoche ist, in der wir fünf, sechs Tage die Woche reiten. 54 oder 54,5 ist ein Gewicht, wo ich mich immer stark auf dem Pferd fühle und immer meine Leistung bringen kann. Ich habe auch 52 schon probiert, aber das bringt keinem was, weder dem Trainer noch mir. Das Übrige ist kein Problem, viel laufen und Fahrrad fahren, dann klappt das."

Was machen Sie, wenn Sie von Pferden die Nase voll haben?

"Ich gehe Golf spielen, das ist mein Ausgleichssport, oder es geht mit der Familie an den Baggersee, also Familie und Golfen. Da kann ich abschalten."

 

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