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Kein Grund für Europaskepsis bei Earl of Tinsdal

Der Star ist wieder mit dabei  Weltklasse-Jockey Lanfranco Dettori. www.koeln-galopp.de - Zimmermann

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 183 vom Freitag, 23.09.2011

Tief gebeutelt von einer Serie von Wahlniederlagen präsentiert sich die Partei FDP aktuell kaum als Botschafter für Europa. Doch auch der neueste taktische Schwenk, sich als europaskeptische Partei dem Wahlvolk anzudienen, erwies sich als Rohrkrepierer. Den 84jährigen Ehrenvorsitzender der FDP und langjährigen Außenminister Hans-Dietrich Genscher trifft ohne Zweifel keine Schuld an der aktuellen Misere seiner Partei, zumal gerade er stets für eine proeuropäische Politik seiner Partei stand. Somit ist es nur im ersten Moment irritierend, dass ausgerechnet ein hochdekorierter FDP-Repräsentant am Sonntag nach dem 49. Preis von Europa (Gruppe I, 2400m, 155.000€) die Ehrenpreise an das Siegerteam auf der Kölner Rennbahn überreichen wird. Genscher gibt dem letzten Gruppe I-Event auf einer deutschen Rennbahn in diesem Jahr durch sein Erscheinen wieder einen Hauch von politischer Bedeutung, die Top-Prüfungen des deutschen Turfs nur gelegentlich aufweisen.

Die Turf-Fans interessieren sich im Vorfeld des Kölner Herbsthöhepunkts allerdings weniger für Europapolitik und die FDP, sondern vielmehr für die Frage, wer der letzte Gruppe I-Sieger auf deutschem Boden in dieser Saison werden wird. Angesichts des zeitlichen Abstands von nur einer Woche zwischen dem Europa-Preis und dem Pariser Arc darf man sich nicht wundern, dass sich in Köln keine europäischen Cracks an der Startstelle einfinden werden. Wie bereits beim Kölner Rheinland-Pokal im letzten Monat werden wieder nur sechs Starter um den Sieg konkurrieren, eine für den Veranstalter kaum attraktive Konstellation, die finanziell um so schwerer ins Gewicht fällt, als das Rennen seit einigen Jahren ohne Unterstützung durch einen Sponsor ausgetragen wird. Das soll bei der 50. Austragung 2012 allerdings anders werden. Weniger Teilnehmer gab es in der seit 1963 gelaufenen Prüfung bislang nur ein einziges Mal, als 1992 der Franzose Apple Tree gegen den Deutschen Platini in einem Vier-Pferde-Rennen gewann.

Diesmal hält der das Godolphin-Imperium vertretende Campanologist die Internationaliät der Prüfung hoch. Der von Saeed Bin Suroor trainierte 6jährige Hengst ist hierzulande seit dem Vorjahr kein Unbekannter. Bei zwei Starts auf höchster Gruppe-Ebene gewann der Kingmambo-Sohn im letzten Sommer sowohl in Hamburg als auch in Köln souverän. In diesem Jahr ist er bei sechs Versuchen allerdings noch sieglos, kündigte sich als knapp geschlagener Zweiter vor drei Wochen im Istanbuler Bosphorus Cup jedoch an. Mit Lanfranco Dettori im Sattel könnte er am Sonntag die gute Goldolphin-Ausbeute im Europa-Preis weiter steigern: Zwei Siege in den letzten Jahren (2001: Kutub; 2003: Mamool) stehen für das Godolphin-Team bereits in den Annalen des Kölner Steherrennens.

Earl of Tinsdal mit Eddie Pedroza beim Rheinland Pokal - ist jetzt der zweite Gr. I-Treffer fällig? www.koeln-galopp.de - TuchelEarl of Tinsdal mit Eddie Pedroza beim Rheinland Pokal - ist jetzt der zweite Gr. I-Treffer fällig? www.koeln-galopp.de - TuchelFavorit dürfte Campanologist jedoch nicht werden. Diese Rolle ist an den deutschen Derby-Zweiten Earl Of Tinsdal (Eduardo Pedroza) vergeben. Der von Andreas Wöhler trainierte 3jährige Hengst konnte zuletzt im Rheinland-Pokal seinen ersten Gruppe I-Treffer feiern und damit seine Stellung als aktuell bester Hengst des Derby-Jahrgangs untermauern. Dreijährige haben in den letzten Jahren stets eine dominante Rolle im Europa-Preis gespielt: Fünf der letzten sechs Sieger dieser Prüfung gewannen das Rennen im Alter von drei Jahren.

Neben Earl Of Tinsdal sind noch drei weitere deutsche Vertreter dieses Jahrgangs mit von der Partie. Gestüt Schlenderhans Ibicenco (Adrie de Vries) als einziges Mitglied des Schlenderhaner Derby-Quintetts, das nach dem enttäuschend verlaufenen Derby bereits wieder am Start war und dabei als Dritter auf Gruppe III-Ebene in Longchamp zumindest nicht enttäuschte, gelten im Quartier von Jens Hirschberger dabei große Hoffnungen, sechzehn Jahre nach dem Erfolg des unvergessenen Solon wieder für einen Schlenderhaner Triumph im Europa-Preis zu sorgen.

Weit kürzer ist die Zeitspanne, die seit dem letzten Erfolg des Gestüts Ittlingen im Preis von Europa vergangen ist. Erst im letzten Jahr sorgte der „Galopper des Jahres 2010“ Scalo für einen Ittlinger Treffer, an den diesmal der von Peter Schiergen vorbereitete Saltas (Andrasch Starke) anzuknüpfen versucht. Der Derby-Dritte dieses Jahres musste allerdings schon dreimal in dieser Saison Earl Of Tinsdal klar den Vortritt lassen, so dass Saltas eher als Platzgeld- denn als Siegkandidat einzustufen ist.

Zwei Außenseiter komplettieren das Kölner Aufgebot. Der Schweizer Derby-Vierte des Gestüts Karlshof namens Seismos (Mirco Demuro) wird von Andreas Wöhler aufgeboten. Zuletzt gewann der Dalakhani-Sohn eine Listenprüfung auf schwerer Bahn im französischen Clairefontaine. Auf Gruppe-Parkett ist der Karlshofer noch ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Dies gilt für den von Sascha Smrczek vorbereiteten zweifachen Gruppe-Sieger Flamingo Fantasy (Andreas Suborics) zwar nicht, doch liegen die Sternstunden des 6jährigen Fantastic Light-Sohnes zwei Jahre zurück. Keine seiner diesjährigen Leistungen kann als Empfehlung für einen Sieg am Sonntag betrachtet werden. Zuletzt war der für das Gestüt Park Wiedingen laufende Hengst noch vor zwei Wochen in einem Gruppe III-Rennen in Longchamp auf Extremsteherdistanz als Sechster klar geschlagen.

Großes hat der Veranstalter trotz des übersichtlichen Feldes an diesem Tag trotzdem vor: Der Saison-Umsatzrekord von 460.000 € soll geknackt werden, auch dank mehrerer Vierwetten und einer Super-Dreierwette. Da die Wetteraussichten bestens sind, wird zudem mit 15.000 Besuchern gerechnet, utopisch ist dies auf Grund der verstärkten PR-Aktivitäten des Kölner Rennvereins nicht.

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