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Faßbender tritt vom Vorsitz des Renngerichts zurück

Dr. Werner Faßbender. www.galoppfoto.de - Frank Sorge

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 230 vom Donnerstag, 30.08.2012

Der "Fall Monami" führt wegen unterschiedlichen Rechtsauffassungen nun zum Rücktritt von Dr. Heinz Faßbender von seinen Ämtern als Vorsitz des Renngerichts und des Ständigen Schiedsgerichts. In einem offenen Brief kritisierte Faßbender das  Vorgehen der Geschäftsleitung des Direktoriums, das seiner Meinung nach in jeder Hinsicht den eindeutigen eindeutigen Revisionsvorschriften der Rennordnung widerspreche. In der vergangenen Woche hatte das  Direktorium eine Erklärung veröffentlicht, dort hieß es, das Obere Renngericht habe die Entscheidung des Renngerichts, nach der die Stute im Diana-Trial in Hoppegarten wegen mangelnder Startberechtigung zu disqualifizieren sei, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Renngericht zurückgewiesen.

Faßbender erklärte weiter, dass die Grenzen definitiv da seien, "wo das (vermeintliche) Verbandsinteresse über die Rennordnung gestellt wird. Der den Verantwortlichen bei der Zulassung von Monami zum Diana-Trial unterlaufene Fehler ist verzeihlich, die Art und Weise, wie er aus der Welt geschafft werden soll, nicht." Den kompletten Wortlaut des offenen Briefes können Sie hier nachlesen:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit trete ich mit sofortiger Wirkung von meinen Ämtern als Vorsitzender des Renngerichts und des Ständigen Schiedsgerichts zurück.

Das gesamte Vorgehen der Geschäftsleitung des DVR nach der Entscheidung des Renngerichts vom 20. Juni 2012 in Sachen MONAMI – Diana-Trial am 27. Mai 2012 in Hoppegarten sowie die Entscheidung des Oberen Renngerichts vom 22. August 2012 widersprechen in jeder Hinsicht den eindeutigen Revisionsvorschriften der Rennordnung (Nrn. 676, 679 i. V. m. Nrn. 600 ff. RO).

Nach diesen Vorschriften ist gegen Disqualifikationen die Revision zum Oberen Renngericht nicht zugelassen (Nr. 676 RO). Sie ist bei Fassung der Rennordnung, an der ich seinerzeit neben den Fachleuten des DVR persönlich mitgewirkt habe, für protestfähige Maßnahmen (Disqualifikationen) bewusst nicht zugelassen worden, nicht zuletzt, weil in unserer Sportgerichtsbarkeit gegen die Entscheidungen des Renngerichts der Weg zum ordentlichen Gericht eröffnet ist.

Daran hat auch die jetzt erstmals vom DVR bemühte Entscheidung des Oberen Renngerichts im Fall Mirage vom 27. September 1990 nichts geändert. Sie betraf, was seinerzeit zwischen allen Beteiligten klar war, allein den Umstand, dass nach Verkündung der Entscheidung des Renngerichts ein bei Fassung der Rennordnung nicht bedachter und daher nicht geregelter Verfahrensfehler (Nichtabsetzung des schriftlichen Urteils durch den seinerzeitigen stellvertretenden Vorsitzenden des Renngerichts) eingetreten war, der anders als durch Aufhebung des bisher nur mündlich vorliegenden Urteils nicht aus der Welt geschafft werden konnte.

Das alles hätte unschwer durch Rücksprache mit mir aufgearbeitet werden können, stattdessen hat das DVR nach dem 20. Juni 2012 jede sachliche Kommunikation mit mir abgebrochen.
Das vorstehend beschriebene Vorgehen des DVR bedeutet eine offenkundige Abkehr von den bisherigen Grundsätzen unserer unabhängigen Verbandsgerichtsbarkeit und schließt meine weitere Mitarbeit in der Renngerichtsbarkeit aus.

Zur Illustration der Wertschätzung der früheren Vorstände des DVR für die Unabhängigkeit unserer Verbandsgerichtsbarkeit nachfolgend ein Zitat aus dem Schreiben des Vorstands vom 18. Januar 2006 aus Anlass meines 70. Geburtstags:

„ … Seit vielen Jahren haben Sie verantwortlich und mit passioniertem Einsatz im Kölner Renn-Verein sowie in verschiedenen Gremien gewirkt, vor allem aber sind Sie der Vater des Rechtswesens heutiger Tage in unserem Sport. Sie haben nicht nur erst in der Rennleitung, später im Renngericht und im Schiedsgericht, jahrzehntelang die Rennordnung in mustergültiger Weise angewendet, Sie haben das gesamte Regelwerk wie kein Zweiter in den letzten Jahrzehnten geprägt und ständig fortentwickelt bzw. hierzu rastlos Anstöße sowie Ihren Rat gegeben.

Wenn Gesetzgebung und Rechtsprechung so nah zueinander rücken, mag dies im Allgemeinen und in anderen Lebensbereichen bedenklich sein. In unserem Sport aber hat es auf Grund Ihrer Kompetenz, Ihrer Souveränität, Strenge und Ausgewogenheit sowie Ihres von Passion getragenen ausgeprägten Verantwortungsgefühls in dieser Hinsicht wohl nie eine Gefahr gegeben.

Es ist Ihnen mit Augenmaß gelungen, ein wohl legitimiertes, funktionierendes und weithin anerkanntes Rechtswesen in unserem Sport zeitgemäß zu gestalten und aufrechtzuerhalten. Welche Errungenschaft und wie wenig selbstverständlich dies ist, das weiß jeder, der die speziellen Probleme im deutschen und internationalen Pferderennsport kennt – ganz besonders auch jeder, der zum Vergleich mit anderen Sportarten in der Lage ist.

Wenn in unserem Sport alle Felder so gut bestellt wären, wie das mit auf Grund Ihres Wirkens und Einflusses über die Verbandsgerichtsbarkeit gesagt werden kann, dann könnten wir glücklich sein. Unser Sport hat Ihnen, sehr geehrter Dr. Faßbender, Unermessliches zu danken. Der Vorstand des Direktoriums hofft, sich noch lange auf Ihre Kompetenz und Erfahrung stützen zu können, und würde sich freuen, wenn Sie unserer gemeinsamen Sache weiterhin so hingebungsvoll verbunden bleiben würden.“

Der abschließenden Bitte des damaligen Vorstands bin ich bis heute gerne nachgekommen, aber auch Hingabe kennt Grenzen und die sind definitiv da, wo das (vermeintliche) Verbandsinteresse über die Rennordnung gestellt wird. Der den Verantwortlichen bei der Zulassung von Monami zum Diana-Trial unterlaufene Fehler ist verzeihlich, die Art und Weise, wie er aus der Welt geschafft werden soll, nicht.

Mit der Ihnen gebührenden Achtung


Dr. Heinz Faßbender

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