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Die Derbyrede von Dr. Günter Paul: "Danke, Danke, Danke!"

Dr. Günter Paul hält die Derbyrede im Hotel Atlantic. www.galoppfoto.de - Frank Sorge

Autor: 

Pressemitteilung

TurfTimes: 

Ausgabe 526 vom Freitag, 13.07.2018

Es ist gute Tradition, dass der Besitzer des Vorjahressieger am Tag vor dem Derby, in diesem Fall das IDEE 149. Deutsche Derby, eine Rede hält. Vor Jahresfrist gewann Windstoß (Shirocco) die 148. Auflage des bedeutendsten Zuchtrennens in Deutschland und bescherte dem  Gestüt Röttgen nach einer langen Durststrecke von fast sechs Jahrzehnten nach Uomo (1959) und Palastpage (1929) den langersehnten 3. Derbysieg. Das Gestüt Röttgen als Züchter und Besitzer steht im Besitz der Mehl Mülhens-Stiftung, es war also an dem Stiftungsvorsitzenden, Dr. Günter Paul, diesen historischen Sieg im Hotel Atlantic beim Derby-Dinner ins rechte Licht zu rücken. Nachfolgend die Rede, wie sie uns übermittelt worden ist, wobei natürlich das gesprochene Wort gilt.

Die Derby-Rede von Dr. Günter Paul: 

Sehr geehrter Präsident des Direktorums für Vollblutzucht und Rennen, Dr. Michael Vesper, sehr geehrter Präsident des Hamburger Renn-Clubs, Eugen-Andreas Wahler, sehr geehrte Herren Präsident der Besitzervereinigung, Manfred Ostermann, sehr geehrte Herren Präsidenten von Rennvereinen und Organisationen des Galopprenn­sports, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren!

Wie wichtig der Sport für unser Leben in einer modernen Wohlstands­gesellschaft sein kann, habe ich früh in Hamburg gelernt:

Als ich Anfang der sechziger Jahre zwei Semester in Hamburg studierte, wurde ich einmal von einem hiesigen Bankier nach Blankenese in sein wunderschönes Haus an der Elbe eingeladen. Zum Abendessen setzte er neben mich eine junge, hübsche Australierin. Mit allen Mitteln, die mir in meiner damaligen Beschränktheit zur Verfügung standen, suchte ich geduldig eine gute Basis für das Gespräch mit ihr. Erfolg hatte ich erst, als ich durch einen Zufall auf den Sport zu sprechen kam. Da war sie kenntnisreich. Da sprudelte es nur so aus ihr heraus.

Für mich war das wie aus einer anderen Welt. Zwar betrieb auch ich Sport, viel Sport, eigentlich täglich. Aber in den Medien hörte oder sah ich kaum einmal etwas davon. Wichtig war mir anderes: Studium und Philosophie, Geschichte und Kunst und vielleicht noch Politik und Wirtschaft – aber jedenfalls nicht der Sport.

So war unsere ganze Gesellschaft: Sie hatte andere, wirklich andere Interessen. 

Das hat sich gewaltig geändert: Heute ist Sport von größter Bedeutung. Er prägt unser gesellschaftliches Leben und unsere Emotionen; fast täglich. Wir merken das jetzt wieder bei der Fußballweltmeisterschaft. Aber wir spüren es auch bei dem wichtigsten Teil des Sports – jedenfalls für uns hier alle –, dem Galopprennsport. Den feiern und ehren wir heute.

Ich tue das gern und voller Dankbarkeit gegenüber all denen, die diesen wunder­baren Sport ermöglichen. Danke, Danke, Danke! 

Vor allem und zu allererst statte ich heute diesen Dank den Sponsoren ab: Sie machen unseren Sport überhaupt erst möglich. Sie erhalten ihn am Leben. Sie tun das vielleicht ein Stück weit auch aus berechtigtem eigenem Interesse. Aber jedenfalls tun sie es und das bemerkenswert erfolgreich; vor allem und gerade hier in Hamburg in der Derbywoche alle Jahre wieder.

Ich verneige mich vor Ihnen. Ich bedanke mich bei Ihnen und ich verrate Ihnen deshalb nachher gern auch noch, wie außerordentlich klug dieses Ihr Engagement ist; in Ihrem eigenen, wohlverstandenen Interesse. Aber jetzt erst einfach nur ein herzliches Dankeschön! 

Nicht minder dankbar bin ich gegenüber allen, die im Hamburger Renn-Club Verantwortung tragen: Sie halten die Organisation am Leben, leisten Hilfe, wo es nötig ist, zeigen Geduld mit Gästen und Besuchern und sind immer und für jeden da, der eine Frage hat. Dankeschön an alle Mitarbeiter! Natürlich auch an die Rennleitung die – immer schon und auch jetzt wieder – einen schwierigen Job mit großem Engagement erledigt. Dankeschön an sie alle!

Ein ganz besonders herzliches Dankeschön aber auch an den engagierten und besonders tüchtigen Vorstand des Hamburger Rennvereins! Selbst wenn wegen der bekannten und viel bewunderten Hamburger Zurückhaltung bei verdienstvollen Hilfe­leistungen nicht immer ganz auffällig ist, wer dabei wann was beigetragen hat, wissen wir von außen doch sehr genau und voller Dankbarkeit zu schätzen, wer in Hamburg in besonderem Maße diese Hilfe leistet und, dass ohne solche Unterstützung der Galopprenn­sport in Hamburg längst nicht mehr bestünde. Deshalb:

Ein ganz besonderes Dankeschön vor allem und in erster Linie an Sie sehr geehrter Herr Darboven! Wir alle danken Ihnen für Ihr beson­deres und einmaliges Engagement. Sehr herzlichen Dank sage ich aber auch an den Präsidenten Eugen Andreas Wahler, seine Vorstandskollegen und seine ganze Mannschaft: Dankeschön!

Erst spät habe ich die besondere Bedeutung des Galopprennsports kennengelernt. Obwohl ich mich als junger Anwalt an der Seite von Josef Necker­mann, Willi Daume und anderen Vorsitzenden der Stiftung Deutsche Sport­hilfe schon aus beruflicher Klugheit durchaus für den Spitzen­sport interessierte und das auch gemeinsam mit unserem heutigen Präsidenten des Direktoriums, Herrn Dr. Michael Vesper, tat, als ich das NOK und den DSB z.B. bei ihrer Fusion begleiten durfte, sind doch – wie ich jetzt weiß – alle diese wunderbaren sportlichen Tätigkeiten nichts gegen den Galopprennsport. Lieber Herr Vesper, das musste einmal gesagt werden.

Heute fasziniert mich vor allem der Galopprennsport. Und das liegt an den einmaligen Mitwirkenden bei diesem Sport, nämlich den Pferden, die wir alle lieben, die wir bewundern, mit denen wir Jahr aus Jahr ein aufs Intensivste zu tun haben. Sie machen so viel Freude und sind übrigens für uns und unsere Entwicklung als Menschheit auch von größter Bedeutung.

Der Galopprennsport hat nun einmal den Vorteil, mit einem der ältesten Partner des Menschen, nämlich dem Pferd, zu tun zu haben. Niemand außer vielleicht dem Hund begleitet den Menschen länger, herzlicher, verdienstvoller, intensiver. So ist das Pferd eines der ältesten Kulturgüter der Menschheit. Und wenn wir einen Derby-Sieg feiern, dann feiern wir vor allem auch das Pferd, das diesen Sieg errungen hat; und damit alle seine Artgenossen.

Zwar kommt niemand, der Sport mit Interesse verfolgt, heute am Fußball vorbei. Aber schon an zweiter Stelle steht – weltweit jedenfalls, vielleicht noch nicht in Deutschland – eindeutig und einsam ganz vorne: der Galopprennsport.

Deshalb: Wer sich wie unsere Sponsoren im Galopprennsport engagiert, tut dabei ein wunderbares und gutes Werk. Uns hilft dieses Engagement natürlich außerordentlich. Ohne Ihren Einsatz für unseren Sport wären wir heute nicht mehr da. In Deutschland und weltweit ist Sponsorenunterstützung unverzichtbar. Das gilt selbst für bedeutendere Galoppsportnationen wie z.B. Frankreich oder England, in denen es ein Vielfaches der deutschen Rennpferde gibt.

Zugleich aber, das kann ich Ihnen höchst vertraulich versichern, tut jeder Sponsor etwas sehr Gutes für sich und sein Unternehmen. Er macht sich mit seinem Namen weltweit bekannt und beliebt. Ja, verehrte Sponsoren, ich kündigte es ja schon an. Ihnen, die Sie heute unter uns sind, darf ich das jetzt verraten: Zu Ihrem klugen Engagement für diese wundervolle Welt der Pferde können wir Ihnen nur auf das Allerherzlichste gratulieren. In denkbar positiver Weise wirkt dieser großartige Einsatz auf Sie zurück.

Sie verschaffen sich ein weltweites, positives und nachhaltiges Image. Denn jeder Sieger, ja auch jeder Platzierte, kurz: jeder, der irgendeine erwähnenswerte Leistung in einem Rennen vollbracht hat, wird ein Pferde­leben lang in der Berichterstattung immer wieder gemeinsam mit diesem Pferd und dem Namen des Rennens genannt; und manchmal noch länger. So wird der Name des Sponsors in aller Welt immer und immer wieder erwähnt. Gibt es eine bessere, gibt es eine nachhaltigere, gibt es eine positivere Werbung?!

Wir können Ihnen, unseren sehr verehrten Sponsoren, deshalb heute nur auf das herzlichste zu dem klugen Einsatz gratulieren, den Sie für uns leisten, und Ihnen dafür einen großen, einen herzlichen und einen aufrichtigen Dank sagen.

Wir, die Mehl-Mülhens-Stiftung, können uns in Sie, die Sponsoren, sehr gut hineinversetzen. Auch wir sind Sponsor im Galopprennsport seit 33 Jahren.

Die Geschichte Röttgens und der Mehl-Mülhens-Stiftung ist ein wenig zu lang und deshalb kaum geeignet, diese fröhliche Feierrunde zu unterhalten oder gar zu amüsieren. Wenn man sich aber einmal überlegt, dass Röttgen mit seinen wunderbaren Pferden nun zum dritten Mal in nicht ganz 100 Jahren das Derby gewinnen durfte, sollte ich vielleicht doch einige wenige Sätze dazu sagen:

Wie die ersten Pferde, die kaum größer waren als ein großer Collie oder Schäferhund, so hat auch Röttgen ganz klein und bescheiden angefangen. 1924 errichtete Peter Paul Mülhens, Chef des Hauses 4711, das Gestüt Röttgen zwischen Heumar und Eil,  Schon ein Dutzend Jahre später gewann er mit Palastpage erstmals für Röttgen das Deutsche Derby.  Danach dauerte es eine ganze Ewigkeit, nämlich bis zum Jahre 1959, bis seine Tochter, die Stifterin unserer Mehl-Mülhens-Stiftung, Frau Maria Mehl-Mülhens, die inzwischen Rennstall und Gestüt übernom­men hatte, mit Uomo wieder das Derby gewinnen konnte.

Und das ist wieder eine sehr eigene Geschichte:

Vier Pferde aus ihrer eigenen Zucht hatte Maria Mehl-Mülhens ins Rennen geschickt. Als sie dann das Derby gewann, war sie trotzdem so gar nicht begeistert. Denn nicht das erste Pferd, nicht ihr zweitbeste Pferd, ja nicht einmal das dritte Pferd, das sie im Derby hatte, sondern – was für ein Entsetzen! – die "vierte Farbe", das allerschwächste, dem sie allenfalls als Führpferd eine vorüber­gehende Aufgabe zubilligte, – ausge­rech­net das gewann. Ach, was war das für eine Enttäuschung!

Wenn es stimmt, was man so erzählt – und leider ist ja manches auch einfach nur Legende –, dann nahm sie den Preis entgegen, reiste nach Hause und feierte den Derby-Sieg nicht länger. In Röttgen hat sie weder im Haus noch im Büro auch nur ein einziges Bild von Uomo aufgehängt. Erst jetzt in diesen Monaten suchen wir nach einem solchen Bild, weil wir das Versäumte gar zu gern nachholen möchten.

Jetzt endlich, also zwei Genera­tionen später hat sich der Erfolg im vergangenen Jahr 2017 wiederholt; nach fast genau 60 Jahren. Wenn unsere Stifterin vom Himmel aus zusehen konnte, war sie bestimmt genauso begeistert wie wir. Wir jedenfalls waren vor Glück nicht zu halten und sind es immer noch. Ich hoffe, Sie verzeihen mir das und freuen sich stattdessen mit uns, mit mir und allen, die zu diesem wunderbaren Erfolg beigetragen haben.

In so manchem Derby waren wir Zweiter in den letzten Jahren. Das ist ja eigentlich auch nicht schlecht. Aber so sei das eben: Mit dem zweiten Platz fängt die Niederlage an. Und doch bleibe ich dabei:

Für mich ist es eine tolle Leistung, in einem sportlichen Wettkampf wie dem Derby Zweitbester von allen zu werden. Von ganzem Herzen möchte ich deshalb an dieser Stelle Manfred Ostermann, dem Gestüt Ittlingen und dem Rennstall Gestüt Ittlingen sowie seiner ganzen Mannschaft zum zweiten Platz im Derby 2017 gratulieren. Sein wunderbares Pferd Enjoy Vijay hätte alle Male verdient, auch als erstes den Zielpfosten zu passieren. Enjoy Vijay hat gezeigt: er ist genauso gut wie unser Windstoß. Und  in der Zucht kann Enjoy Vijay sich später genauso gut bewähren wie hoffentlich unser Windstoß. Der Abstand zwischen beiden Pferden war doch nicht die Welt! Sein Enjoy Vijay und unser Windstoß haben beide den Kampf so spannend gemacht, dass alle Zuschauer ganz begeistert waren und am Ende durchaus nicht gleich wussten, wer denn nun zuletzt vorn gewesen ist.

Herzlichen Glückwunsch lieber Manfred! Wir gratulieren von Herzen zur bemerkenswerten Leistung von Enjoy Vijay!

In der langen Liste der Derby-Sieger tauchen viele große Gestüte auf, eine dicht beschriebene Tafel mit renommierten Pferdenamen und viel beachteten Zuchtbetrieben für eine Zeit von mehr als hundert Jahren. In diesen deutschen Zucht­betrieben haben wir inzwischen auch international höchste Qualität erreicht. Sonst wären die Pferde international nicht so gut in den Rennen und begehrt bei den ausländischen Käufern, wie wir das in den letzten Jahren beobachten können.

Aber den Galopprennsport tragen nicht nur die großen Gestüte. Jeder Züchter und jeder Besitzer eines Rennpferdes und alle ihre Mitarbeiter leistet einen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag für das Blühen und Gedeihen unseres Sports. Ihnen allen gilt mein Respekt und meine Anerkennung; von Dankbarkeit gar nicht zu reden. Dankeschön auch an Sie alle! An jeden von Ihnen!

Unsere Organisation, das Direktorium für Vollblutsport, die Besitzer­ver­einigung und unsere  Rennvereine will ich nicht vergessen. Sie alle kümmern sich seit Jahr und Tag um jedes noch so kleine Detail dieses Sports, seiner Abläufe und bei der Zucht als Vorstufe zu alledem. Die rechtlichen Regeln, die uns dabei begleiten, sind so dick und umständlich, dass hier im Saal bestimmt keiner ist, der sie wirklich in allen Details kennt. Nicht einmal ich als Jurist würde mich trauen, dergleichen für mich in Anspruch zu nehmen.

Das alles zeigt aber vor allem eines: Wir überlassen nichts dem Zufall. Wir versuchen sorgfältig und detailgenau das Beste zu geben, was für unser Pferd und unseren Sport Grundlage für Erfolg, für Freude, für Spannung und für das Engagement von Menschen – heute sagen wir natürlich: Fans – in der ganzen Welt ist. Ich wünsche mir, dass das auch weiter so bleibt. Jeden Tag gibt es irgendwo in der Welt Rennen. Und wenn wir es klug anfangen, begeistern wir auch in Deutschland für alle Zukunft Menschen für diesen wundervollen Sport.

Die Mehl-Mülhens-Stiftung als gemeinnützige Einrichtung – die übri­gens allen, also der Allgemeinheit, gehört, keinem Einzelnen und niemandes Privatbesitz ist – war angetreten, dies für alle Ewigkeit zu ihrem Ziel zu machen. Daran wollen wir festhalten. Das versprechen wir Ihnen, liebe Gäste. Wir – das sind nicht nur die Vorstands­mitglieder, sondern alle Mitarbeiter in Gestüt und Rennstall. Auch denen sage ich von hier aus noch einmal: Dankeschön! Ohne solche Mitarbeiter und ohne deren Leiter – nämlich Herrn Frank Dorff als Leiter des Gestüts und Herrn Markus Klug als unseren Trainer in Röttgen – hätten wir dies wunderbare Ziel des Derbys nie und nimmer erreicht. An mir hing es jedenfalls nicht.

Und wenn wir vielleicht gelegentlich wieder einmal das Glück haben sollten, für alle Mühen und Anstrengungen und für unseren ganz persönlichen Einsatz mit einem so wundervollen Sieg wie dem Deutschen Derby belohnt zu werden, bestärkt uns das und gibt der Stiftung die Kraft, dieses Engagement ohne Grenzen fortzusetzen.

Danke für Ihre Unterstützung! Danke für Ihren Beifall! Und danke für Ihre Geduld, meiner Liebeserklärung für den Deutschen Galopprenn­sport so lange gelauscht zu haben!

(Die Derbyrede von Dr. Günter Paul gehalten am 07.07.2018 im Hotel Atlantic in Hamburg) 

 

 

 

 

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