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Cheltenham: Das dramatische Finale

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 308 vom Donnerstag, 20.03.2014

Seine ganze Dramatik entfaltete das diesjährige Cheltenham Festival auch am Abschlusstag, das Hauptrennen inklusive. Gleich im ersten Rennen, der Triumph Hurdle, stürzte Ruby Walsh mit seinem Pferd Abbyssial bereits am zweiten Sprung schwer, brachte dabei auch seinen Stallgefährten zu Fall. Während sich das Pferd glücklicherweise erholte, wurde bei Walsh im nahegelegenen Krankenhaus ein Bruch des Oberarmes diagnostiziert. Das Rennen gewann der von Gordon Elliot trainierte Tiger Roll für Besitzer Gigginstown House Stud von Michael O'Leary, im Sattel Davy Russell, welcher erst zu Beginn des Jahres als Stalljockey eben dieses Gestütes entlassen worden war. Russell profitierte nun vom Sturz von Bryan Cooper, seinem Nachfolger bei Gigginstown, der sich am Tag zuvor ein Bein gebrochen hatte.

Nachdem im nächsten Rennen, der County Hurdle, Daryl Jacob für seinen Boss Paul Nicholls endlich den ersten Sieg des Meetings einfahren konnte (auf dem Shirocco-Sohn Lac Fontana), sollte es auch für Jacob im dritten Rennen des Tages mehr als unangenehm werden: Sein junges und sehr unerfahrenes Pferd Port Melon (Paul Nicholls) sah die Zufahrt für Rettungswagen als freien Durchgang, brach unkontrollierbar durch die Rails und stürzte mitsamt seines Reiter auf den Asphalt, Daryl Jacob fiel zusätzlich auf die Fernsehkamera des Senders Channel4.  Auch hier kam das Pferd glimpflicher davon als der Jacob, der sich ein Bein, ein Knie und einen Ellbogen brach. Zusammen mit Josh Hamer (Schlüsselbein beim Sturz mit Akdam), Mark Walsh (Krankenhaus nach Sturz von Competitive Edge) und Paul Townend (wurde ebenfalls in der Triumph Hurdle zu Fall gebracht) traf es sechs Jockeys schwer, ganz zu schweigen vom schmerzverzerrten Gesicht eines AP McCoy, der sich aber in gewohnter Manier am Finaltag von Ritt zu Ritt schleppte. Bei den leider in diesem Jahr sehr zahlreichen Stürzen verletzten sich an den vier Tagen vier Pferde so schwer, dass sie nicht gerettet werden konnten;  neben Our Conor waren dies Akdam, Raya Star und Stack the Deck.

Die teilweise dramatischen Szenen fanden in Wort und Bild leider auch in Teilen der deutschen Presse Erwähnung; Unglücke verkaufen sich – wie wohl in jeder Sportart – noch am Besten und erregen Aufmerksamkeit. Den sportlichen Höchstleistungen, die Pferde und Reiter in dieser anspruchsvollen Sparte des Rennsports erbringen, wird diese Art der Berichterstattung natürlich nicht gerecht.

Nach einer Reihe von eher unerwarteten Ergebnissen in den tragenden Prüfungen stellte auch der Gold Cup einen spannenden Endkampf, erneut waren aber keineswegs die „gemeinten“ Pferde vorne.  Der Tag, der für Davy Russell nach einem bis dato erfolglosen Meeting so fulminant begonnen hatte, wurde nun für ihn zum Tag der Tage, als nämlich der von ihm gerittene vorjährige RSA Chase Sieger Lord Windermere (Trainer: Jim Culloty, Besitzer: Dr. Ronan Lambe) in einer äußerst knappen Ankunft die Oberhand über On His Own (Willie Mullins, David Casey) und The Giant Bolster (David Bridgwater, Tom Scudamore) behielt. Dieses Trio setzte sich recht deutlich von den Favoriten Silviniaco Conti (4.) und Bobs Worth (5.) ab; allerdings war das Finish nicht ohne Drama.

Nachdem Russell Lord Windermere in einem extrem auf Warten gerittenen Rennen so weit aus dem Rennen genommen hatte, dass Culloty sich über weite Strecken die Haare raufte („Auf halbem Weg wollte ich ihn nur noch rausschmeißen“), machte der Wallach im Einlauf stetig Boden gut, hing aber nach dem letzten Hindernis extrem nach links, in den Weg von On His Own und The Giant Bolster, der als erster unter Druck gekommen war, aber nie aufgab und unter stetigem Druck seines Reiter immer neue Reserven fand. Am Ende trennte ein kurzer Kopf und eine ¾ Länge die drei Erstplatzierten; alle drei Reiter wurden in den Stewards Room zitiert, da der Ausgang natürlich zwangsläufig mit einer Überprüfung endete. Diese wurde live im Fernsehen und den Rennsport-Kanälen übertragen, man sah einen verärgerten David Casey, der seinen Gold Cup Ritt erst Stunden zuvor von Paul Townend übernommen hatte und nun – so nah und doch so fern – vor dem größten Sieg seiner Karriere stand.

Doch Davy Russell hat nicht all die Jahre im Rennsattel verbracht, ohne den einen oder anderen Kniff zu erlernen, seine Verteidigung schien den Stewards überzeugend genug:  „Mein Pferd ging immer besser und hätte auch mit einer Runde weiter noch gewonnen“ worauf David Casey nur schnaubte: „Aber meiner war doch direkt nach dem Ziel vorne“ (wie man es auch im Rennfilm auch sehen kann).  Es blieb jedoch, wie es so schön heißt, bei der durchgesagten Platzierung; in England sind Disqualifikationen eher selten. Willie Mullins, der direkt nach dem Rennen noch die Möglichkeit eines Einspruchs nicht ausgeschlossen hatte, verzichtete aber schon tags darauf auf diese Option.

Hier geht es zum Video vom Cheltenham Gold Cup: Klick!

Somit reihte sich Culloty zehn Jahre nach seinem letzten von drei Siegritten auf Best Mate nicht nur in die illustre Reihe derer ein, die einen Cheltenham Gold Cup Sieger sowohl geritten als auch trainiert haben (so z.B. auch Arkles Reiter Pat Taaffe, der 1974 mit Captain Christy als Trainer gewann), er hielt auch einen hundertprozentigen Festival-Rekord, nachdem sein einzig anderer Starter Spring Heeled am Tag zuvor die Kim Muir Chase gewonnen hatte. Beide Pferde liefen in den lila Farben-gelbe Raute von Dr. Ronan Lambe, dessen eigener Cheltenham Rekord noch beeindruckender ausfiel, holte er doch alle drei seiner Starter als Sieger vom Geläuf, die genannten und Silver Concorde, der praktisch als zweite Farbe für Dermot Weld am Tage zuvor den Bumper gewonnen hatte. Lambe, ein in Dublin ansässiger Pharmakologe, ist langjähriger irischer Besitzer mit diversen Pferden bei Weld, der auch seine wohl größten Sieger Rite of Passage, Hidden Universe und Hisaabaat zu Gruppe I-Erfolgen auf der Flachen und über Hürden führte. Seit Beginn der Trainer-Laufbahn unterstützt er nun auch Culloty, der mit seinem Lot von ca. 25 Pferden seit 2005/06 im familieneigenen Anwesen in der Nähe von Cork trainiert; dies ist natürlich auch sein mit Abstand bisher größter Erfolg.

Die als 11/4 bzw. 6/4  Favoriten angetretenen Silviniaco Conti und Bobs Worth liefen auf dem scheinbar zu trockenen Boden eher schwache Rennen, auch wenn Nicholls, der optisch am letzten Sprung noch auf einen Sieg hoffen konnte, nach dem Drama um Daryl Jacob im Rennen zuvor die Niederlage recht gelassen aufnahm. Für Bobs Worth schien das Rennen auf offensichtlich unpassendem Boden einfach zu schnell, so empfand es zumindest Barry Geraghty: „Ich war immer einen Schritt zurück, und alles fand für ihn heute einfach etwas zu schnell statt“.  The Giant Bolster hat nun die durchaus nicht alltägliche Leistung vollbracht, in drei Starts in diesem Rennen Zweiter (zu Synchronised), Vierter (zu Bobs Worth) und nun eben Dritter zu werden.

Meetingschampion wurde nicht unerwartet Willie Mullins, der bei 37 Startern vier Sieger und ganze sechs Zweitplatzierte stellte; daneben trainierten nur Jim Culloty(2), David Pipe (3) und Jonjo O'Neill (3) und Philip Hobbs (2) mehrere Sieger, während sich große Namen wie Henderson, Nicholls, Elliot oder Alan King sich mit „nur“ einem Sieger zufrieden geben mussten; wie auch der kleine Stall von Jamie Snowden, dessen einziger Starter ein Sieger war.  Immerhin, denn Trainer eines Kalibers von Nigel Twiston-Davies oder Venetia Williams gelang in diesem Jahr nicht einmal das, Harry Frys Gewinnsumme von 289 GBP ist die kleinste in der Statistik geführte Summe; eine Summe, die Scheich Mohammeds züchterischer Berater John Ferguson mit immerhin zehn Startern nicht einmal erreichte.

Vier Jockeys ritten jeweils drei Sieger, Ruby Walsh, Barry GeraghtyTom Scudamore und dann Davy Russell, der seinen Gold-Cup Sieg dann noch mit Sieg Nr. 3 im letzen Rennen des Tages krönte. Walsh, der zusätzlich noch dreimal Zweiter geworden war, war damit der erfolgreichste Jockey des Festivals, wird nun aber mindestens drei Monate außer Gefecht sein.

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