Drucken Redaktion Startseite

Besitzertrainer zeigen sich überrascht über die Panik in Sachen Glücksspielstaatsvertrag

Besitzertrainer Hans-Heinrich Jörgensen - hier mit Desert Sun in Leipzig - warnt im Namen seiner Zunft vor Panikmache bei der Diskussion um den Glücksspiel-Staatsvertrag. www.galoppfoto.de

Autor: 

Pressemitteilung

Dieser Rundbrief des Vereins deutscher Besitzertrainer wurde uns zugesandt. Auch er befasst sich mit der aktuellen Diskussion um den Glückspielstaatsvertrag. An dieser Stelle veröffentlichen wir den Rundbrief 1/2011 vom 13.04.2011 von dem Unterzeichner Hans-Heinrich Jörgensen als Vorstand der Besitzertrainer im Wortlaut:

Wir alle sind etwas überrascht über die Panik anlässlich des geplanten Glücksspiel-Staatsvertrages der Bundesländer, die plötzlich in der Führungsriege des Rennsports ausgebrochen ist. Sie ist trefflich geeignet, den letzten Getreuen des Sportes den endgültigen Ausstieg nahezulegen.

Die Bundesregierung hat den Ländern hinsichtlich des tangierten Rennwett- und Lotteriegesetzes ziemlich klare Vorgaben gemacht, die in einem Schreiben des Bundeswirtschafts- und des Bundeslandwirtschaftsministeriums fixiert sind. Die skizzierten Schreckensszenarien der Pressemitteilungen des DVR und der galopp-retten-homepage sind daraus kaum abzuleiten. Ebenso wenig aus der inzwischen bekannten Fassung des Staatsvertrages, wie er im Juni verabschiedet werden soll.

An den Wegfall des Rennwett- und Lotteriegesetzes ist nirgendwo gedacht. Das könnten die Länder auch gar nicht beschließen, denn es ist ein Bundesgesetz. Selbst wenn sie das über den Bundesrat einleiten wollten, würde die Bundesregierung sich aus guten und in dem Brief dargelegten Gründen heftig wehren. Es würde das Gleichgewicht zwischen Bund- und Länderkompetenzen erheblich stören und würde im Bundestag kaum Mehrheiten finden.

Wohl aber ist eine Öffnungsklausel in dem Gesetz vorgesehen, die den Ländern einen Verordnungsspielraum zubilligt. Den haben die Länder schon jetzt, sie führen die Aufsicht über Pferderennen und den Wettbetrieb, vor allem aber entscheiden sie schon jetzt ganz allein über den Anteil der Rückerstattung aus  dem Steueraufkommen des Totalisators an die Rennvereine. Nur eine wesentliche Änderung des Gesetzes durch den Bund könnte die EU veranlassen, sich an dieser Rückerstattung zu stoßen und sie zu kippen.

Die vorgesehenen Anpassungs-Verordnungen sollen und müssen sicherlich eine gewisse Vergleichbarkeit zu den geplanten Einschränkungen der Sportwetten-Lizenzen herstellen, um letztere überhaupt verfassungskonform verabschieden zu können. Sie kommen aber dem Rennsport mit seinem Totalisatorbetrieb eher entgegen, als ihn zu knebeln.

So enthält die Planung "ein Verbot für Buchmacher, eigene Wetten auf Pferderennen abzuschließen". Das bedeutet, dass die Buchmacher Pferdewetten immer an den Totalisator vermitteln müssen. Nun kann man zwar daraus die Befürchtung ableiten, die Buchmacher würden sich dann völlig aus dem Pferderennsport zurückziehen und nur noch Sportwetten betreiben. In der Tat besteht diese Gefahr, wenn es nicht gelingt, Pferderennen und -wetten für das Publikum attraktiv genug zu gestalten. Damit nicht nur die Profitsucht der Buchmacher dieses heraufbeschwört, sind die Sportwetten mit dem gleichen Steuersatz belastet, wie jetzt die bislang einzig legale Pferdewette.

Eine mögliche den Spielhallen angepasste und der Spielsucht vorbeugende Spielersperre, aus der das Direktorium eine Ausweispflicht, ein Jugendverbot bis hin zur Rennreiterausbildung ableitet, ist nicht für die Rennbahnen, sondern ausschließlich für den Buchmacherbereich vorgesehen. Schon jetzt besteht für Jugendliche ein gesetzliches Wettverbot, wohl aber können sie die Rennbahn besuchen - und natürlich Jockey werden, auch weiterhin.

Zur Suchtbekämpfung gehören - wie bei der Sportwette - verständlicherweise Richtlinien hinsichtlich der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Es dürfte nicht schwer fallen, die schmerzlos umzusetzen. Notfalls kann man ja Experten aus der Arzneimittelwerbung hinzuziehen, die hinreichend Erfahrung haben, wie man mit allzu restriktiven Einschränkungen umgeht. Es kann dem Image des Rennsports nicht schaden, wenn Rennvereine nicht fürs "Zocken" werben, sondern für die Spannungserhöhung durch eine Wette.

Ein angedachtes "grundsätzliches Verbot, Wetten ins Ausland zu vermitteln" folgt unserer alten Klage, die Malta-Vermittlung würde an der Steuer- und am Rennsport vorbeigehen. Ein solches Verbot ist verständlich, weil Vater Staat, wenn er schon die Sportwette privaten Betreibern öffnet, natürlich mittels Steuerabschöpfung partizipieren möchte. Mit der vorgesehenen staatlichen Konzession wird auch die Auslandsvermittlung möglich sein, sofern die Steuerabschöpfung im Inland gesichert ist.

Eine ebensolche Konzession wird auch das "grundsätzliche Verbot, Pferdewetten über das Internet zu vermitteln", für seriöse Betreiber wieder öffnen. Es ist Aufgabe des Direktoriums in sachlichen Vorgesprächen zu sichern, dass die Vermittlung von Pferdewetten durch die Buchmacher in den Totalisator dadurch nicht eingeschränkt wird, sondern durch solche Konzessionen gezielt kanalisiert wird.

Nun hat der Rennsport, der fast 90 Jahre lang das Privileg eines Wett-Monopols genießen durfte, sich  - der Not gehorchend, nicht dem eig'nen Triebe - entschlossen, auch die Buchmacher-Internet-Auslandsvermittlungs-Schiene zu befahren, ohne auf das alte Privileg zu verzichten. Waffengleichheit mit den bis dato illegalen Wettanbietern war das Ziel. So ganz gut ist das in der Politik nicht angekommen, signalisiert man damit doch allzu deutlich, wie wenig Wertschätzung das Rennwett- und Lotteriegesetz selbst im nutznießenden Rennsport noch genießt.

Die Waffengleichheit mit den zukünftig lizenzierten Sportwetten-Anbietern wird für die Zweitschiene gegeben sein, allerdings auch mit allen für die anderen geltenden Einschränkungen. Immer hoffend, zu den fünfzehn Lizenzierten zu gehören. Damit entsteht zwangsläufig die Zwickmühle, für die neue Schiene möglichst große Liberalisierung einzufordern, für die alte Monopolschiene aber die Umlenkung von Buchmacherumsätzen in den Totalisator dankbar anzunehmen. Man kann den Gestaltern der Staatsvertragsfassung und den mitwirkenden Bundesbehören zubilligen, dass sie auf eine solche Umlenkung hinarbeiten.

Die Erfahrung lehrt, dass mit Panikmache und gesteuerten Briefaktionen bei den Entscheidungsträgern eher Unmut geweckt wird, anstatt Wohlwollen. Das Wohlwollen sollte man sich erhalten und in sachlichen Gesprächen mit den planenden Spitzenbeamten und den Politikern, vor allem jener Parteien, die uns nicht so ganz hold sind, gefährliche Klippen umschiffen.

Vielleicht sollten wir uns öfter erinnern, dass wir nicht Pferderennen veranstalten, damit man wetten kann, sondern dass man wetten kann, damit wir Pferderennen veranstalten können. Die Spannung und Faszination des Rennsportes hat auch losgelöst vom Wetten einen Sinn. Wenn es schon nicht gelingt, die Fernsehanstalten davon zu überzeugen, dann sollten wir versuchen, mit einem eigenen Kanal, für jedermann unverschlüsselt auf Astra erreichbar, mit weniger Wettinformation und mehr Faszination die Menschen auf die Rennbahn zu locken. Wir brauchen auch Besucher, Begeisterte und daraus irgendwann Besitzer und Aktive.

für den Vorstand: Hans-Heinrich Jörgensen

Quelle: www.besitzertrainer.com

Verwandte Artikel:

Block: Adsense 728 x 90
Google AdSense 728x90