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Aintree 2019 - Populäre Siege im Regen

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 562 vom Freitag, 05.04.2019

Drei Wochen nach Cheltenham - The Festival - öffnete am Donnerstag Liverpools Rennbahn Aintree seine Tore. Das Grand National Meeting als Highlight zu beschreiben, hiesse Eulen nach Athen zu tragen. Das Rennen selber ist berühmt-berüchtigt, gefeiert und immer wieder Mittelpunkt erbitterter Diskussionen. Mitte vergangener Woche machte ein „Anschlag“ auf die Rennbahn in der einschlägigen Presse einige Schlagzeilen, doch war es wohl mehr ein „dumme-Jungen-Streich“ als eine konzentrierte Attacke ambitionierter Tierschützer.

Doch Aintree ist mehr als „nur“ das Grand National. Seit Jahren hat die Rennbahnverwaltung hart am Programm der drei Tage gearbeitet, mit Erfolg: 11 Gruppe I- Rennen werden inzwischen ausgetragen, 19 Gruppe-Rennen insgesamt; rund 3.2 Millionen Pfund an Preisgeldern ausgeschüttet. Cheltenham ist intensive Konkurrenz, Aintree ist dies und mehr. Spaß, schrill. Lady´s Day, seit Wochen ausverkauft und ebenso beliebt wie der Grand National Samstag selber, findet traditionell am Freitag statt. Der Tag eine bunte Mischung auffälliger Outfits und einer Menschenmenge, die wohlmöglich weniger an den Pferden interessiert ist, als unbedingt Spaß haben möchte. Laut und lärmend, aber immer gutmütig; und neben Pimms und Champagner kommt hierzulande auch das Wetten nicht zu kurz.

Weniger Spaß machte am ersten Tag leider das Wetter, der Regen, in unterschiedlichen Quantitäten vorhergesagt, zog pünktlich zu den Rennen auf. Eine Schande, sportlich gesehen ist Tag Eins hoch oben angesiedelt. Auch die Grand National Hindernisse kommen zum Einsatz: wie an dieser Stelle alljährlich erwähnt, besteht die Rennbahn aus zwei unterschiedlichen Kursen - dem „normalen“, recht engen und flachen Steeplechase-Course, und eben dem Grand National-Course. An jedem Meeting-Tag führt ein Rennen über die ikonischen Reisighecken, die jedoch nur im Grand National selber zweimal überwunden werden müssen.

Gleich vier Gr. I-Rennen standen am Donnerstag an, wobei der Sieg von Pentland Hills (Motivator), Sohn der vom Gestüt Wittekindshof gezogenen Elle Galante (Galileo) im Doom Bar Anniversary 4-y-o Juvenile Hurdle über 3300 Meter aus deutscher Sicht das interessanteste Element war. Es war der erst dritte Start über Sprünge für den vier Jahre alten Wallach, der zuvor das Triumph Hurdle (Gr. I) gewonnen hatte. Nicky Henderson trainiert ihn für eine vielköpfige Besitzergemeinschaft. Nico de Boinville im Sattel musste sich aber mächtig rühren, um den lange führenden Fakir d’Oudairies (Kapgarde) auf Platz zwei zu verweisen. „Wir werden ihm jetzt eine Pause geben“, meinte Henderson, „es ist ohnehin erstaunlich, dass er sich in diesem Metier so schnell zurecht gefunden hat.“ Auf der Flachen war der Vierjährige ein solider Handicapper für Trainer Chris Wall.

Das mit 140.000 Pfund höchstdotierte Rennen des Tages war das Aintree Hurdle (Gr. I), das sich nach bislang weniger erfolgreichen Saison der Vorjahreszweite Supersundae (Galileo) für Jessica Harrington holte, Robbie Power saß im Sattel. Der Favorit Buveur d’Air (Crillon) wurde durch den Sturz eines Konkurrenten am letzten Sprung gestört, wirkte im Finish aber auch nicht ganz zwingend, er wurde Zweiter.

Begonnen hatte der Renntag mit der Manifesto Novices‘ Chase (Gr. I) über 4000 Meter, hier entschädigte sich Kalashnikov (Kalanisi) für sein jüngstes Pech in Cheltenham, als er reiterlos wurde. Unter Jack Quinlan schaffte er den bisher größten Treffer für die junge Amy Murphy, 26, die vor zwei Jahren als damals jüngste Trainerin Großbritanniens in Newmarket in den ob eingestiegen war. „Wir haben nur zehn Hindernispferde im Stall, deshalb ist es schon sensationell, dass wir ein solches Rennen gewinnen können“, freute sie sich. Dass sie vom Schuhmaterial nicht ganz optimal auf die Wetterverhältnisse vorbereitet war („Ich habe sie zweimal verloren“) , dürfte sie verschmerzen.

Die Bowl Chase (Gr. I) über 5000 Meter ging in den Stall von Willie Mullins, Ruby Walsh hatte im Sattel von  Kemboy (Voix du Nord) eigentlich Start-Ziel im Griff. Auch er hatte in Cheltenham Pech gehabt, wurde im Gold Cup schon am ersten Sprung reiterlos.   

Mit One For Arthur (Trainer Lucinda Russell) und dem unvergleichlichen Tiger Roll (Gordon Elliott) werden am Samstag im Grand National gleich zwei Pferde antreten, die das Rennen bereits einmal gewonnen haben. Seit dem legendären Red Rum in den Siebziger Jahren ist es keinen Pferd gelungen, das Rennen ein weiteres Mal zu gewinnen; doch kaum ein Starter kam - und kommt - mit den Meriten eines Tiger Roll an den Ablauf. Ein historischer Erfolg liegt also durchaus im Bereich des Möglichen, und mag Tiger Roll auch irisch sein, so würde sein Sieg ganz sicher das Dach der Rennbahn heben. Zwei Pferde, die nach wie vor eine Nennung, und der Einschätzung nach auch einen festen Startplatz haben, werden am späten Donnerstag Abend auf der relativ jungen Aintree Sales, vom irischen Auktionshaus Goffs abgehalten, verkauft: Ryanair-und Gigginstown-Eigner Michael O´Leary trennt sich auf die Schnelle von Don Poli und Outlander.

Ehemalige Grand National-Sieger werden sich an allen drei Tagen dem Publikum präsentieren, auch die so beliebten „Retraining of Racehorses“- Paraden ehemaliger Rennpferde sind fester Bestandteil des bunten Programms jenseits der Rennen. Dies sind Pferde, die nach dem Rennsport eine aktive Rolle im „Un-Ruhe“-Stand erfüllen, und sich hier als Botschafter ihrer jeweils neuen Disziplinen zeigen. In diesem Jahr ist ist letzte Gruppe mit neun Pferden, darunter großen Namen wie Saphir Du Rheu, Walkon oder Peddlers Cross, besonders groß. Das zweite große Festival im englischen Hindernissport lässt eben wenig Wünsche offen.

Catrin Nack

 

 

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