Die Rennlaufbahn

Wenn ein Dreijähriger im Sommer ein Gruppe I-Rennen gegen ältere Konkurrenz gewinnt, dann ist das schon ein besonderes Zeichen von Klasse.  Lord of England ist dies gelungen, er gewann im Juli 2006 den Grossen Dallmayr-Preis (Gr. I) über 2000 Meter in München-Riem, Höhepunkt und bedauerlicherweise auch das Ende seiner Karriere, denn anschließend konnte er verletzungsbedingt nicht mehr herausgebracht werden.

Lord of England als Sieger im Großen Dallmayr-Preis, Gr. I: Dabei ließ er Laverock, Almerita, Fight Club und Arcadio hinter sich. www.galoppfoto.deLord of England als Sieger im Großen Dallmayr-Preis, Gr. I: Dabei ließ er Laverock, Almerita, Fight Club und Arcadio hinter sich. www.galoppfoto.de

Lord of England wurde von  Mario Hofer in Krefeld für den  Stall Lucky Owner trainiert. Er war zumindest zweijährig eine unbekannte Größe für die deutschen Rennbahnbesucher, denn seine sämtlichen Starts, vier an der Zahl, gingen in Italien über die Bühne. Er gewann gleich beim Debut im Juni 2005 in Mailand ein  1400-m-Rennen gegen  Pressing (Soviet Star), der später ein ausgezeichnetes Rennpferd werden sollte, der genau drei Jahre nach Lord of England ebenfalls den Grossen Dallmayr-Preis (Gr. I) gewinnen konnte, zudem Sieger im Premio Roma (Gr. I) sowie in fünf weiteren Gruppe-Rennen war. Vier Wochen nach ihrem gemeinsamen Debut musste Pressing wieder die Überlegenheit von Lord of England anerkennen, als dieser erneut in Mailand den Premio Giuseppe de Montel, ein Listenrennen über 1500 Meter gewann. In einem weiteren Listenrennen in Florenz kam Lord of England dann auf Rang vier, doch musste er dem gesamten Feld Gewicht vorgeben. Zum Saisonschluss sattelte ihn Mario Hofer im Gran Criterium (Gr. I) über 1600 Meter in Mailand. Nur vier Pferde waren am Start, doch handelte es sich, wie natürlich erst sehr viel später festgestellt werden konnte, um ein erstklassig besetztes Rennen. Als Sieger ging der der Fährhofer Lateral (Singspiel) durch Ziel, Platz zwei  belegte Dionisia (Tejano Run), knapp zurück wurde Lord of England deutlich vor Electric Beat (Shinko Forest) Dritter. Lateral stieg zum deutschen Meilenchampion auf, Dionisia gewann im Jahr darauf die Oaks D’Italia (Gr. I) und Electric Beat wurde der beste deutsche Flieger seiner Zeit. Lateral , Lord of England und Electric Beat sind als Deckhengste aufgestellt worden. So wurde Lord of England schon zweijährig das hohe Rating von 92 zugeteilt.

Das konnte er im darauffolgenden Jahr noch einmal um 5,5 Kilo steigern. Es begann im Dr. Busch-Memorial (Gr. III) über 1700 Meter in Krefeld, wo er im dreiköpfigen Aufgebot seines Trainers am Toto nur die dritte Wahl war, sich am Ende aber nur dem Röttgener Aspectus (Spectrum) geschlagen geben musste, seinerseits vor Oriental Tiger (Tiger Hill) war. Das Mehl-Mülhens-Rennen (Gr. II) war das logische nächste Ziel. Erneut schlug sich Lord of England respektabel, er wurde eine gute Länge hinter dem Sieger, dem englischen Gast Royal Power (Xaar), Dritter, auf Rang zwei kam Aspectus durchs Ziel.

Die Derby-Route war für Lord of England von vornherein kein Thema gewesen, denn sein Stehvermögen war begrenzt. So ging sein Team in den Großen Preis der Wirtschaft (Gr. III) in Dortmund, in dem er als einziger Dreijähriger unter Andrasch Starke als 17:10-Favorit antrat. In einem internationalen Feld mit Startern aus Frankreich und Dänemark setzte sich Lord of England mit dreieinhalb Längen Vorsprung auf Lazio (Dashing Blade) und Willingly (Second Set) durch.

Der Grosse Dallmayr-Preis (Gr. I) war das nächste Ziel. Mit gerade einmal fünf Teilnehmern war das Feld zwar sehr übersichtlich, doch entschädigte die Klasse. Favorit war der dreifache Gruppe-Sieger Arcadio (Monsun), hinzu kam aus Frankreich der kurz vorher im Prix d’Ispahan (Gr. I) erfolgreiche Laverock (Octagonal), die aktuelle Preis der Diana (Gr. I)-Siegerin Almerita (Medicean) und der mehrfache Gruppe-Sieger Fight Club (Lavirco). Doch dieses Quartett bedeutete kein Problem für Lord of England, der sich unter Andrasch Starke sicher gegen Laverock, Almerita, Fight Club und Arcadio durchsetzte.

Aus den anfangs erwähnten Gründen konnte Lord of England seine Karriere nicht mehr fortsetzen. Bei acht Starts kam er zu vier Siegen, war ansonsten stets im Geld. Von den Bodenverhältnissen war er völlig unabhängig, er zeigte herausragende Leistungen bei gutem, ja nahezu festem, wie auch bei weichem Geläuf.   

Die Abstammung

Lord of England Vater Dashing Blade (Elegant Air) zählt zweifellos zu den herausragenden Deckhengst-Importen der letzten Jahrzehnte. Er selbst war ein exzellentes Rennpferd, gewann zweijährig die Dewhurst Stakes (Gr. I), dreijährig den Gran Premio d’Italia (Gr. I) und den Prix Eugene Adam (Gr. II). Im Bayerischen Zuchtrennen (Gr. I), das sein Sohn 19 Jahre später gewinnen sollte, scheiterte er nur an Turfkönig (Anfield). Er ist Vater von drei Gruppe I-Siegern, neben Lord of England noch Faberger und Noble Pearl, hat zudem eine ganze Serie von weiteren Gr.-Siegern gebracht.In Deutschland war er 1998 Champion der Vererber und in der einschlägigen Statistik stets auf einem der vorderen Plätze zu finden. Zahlreiche Söhne von ihm sind bereits erfolgreich in der Zucht, wie etwa Adieu,  Eden Rock, Soave, Touch Down, War Blade und Zöllner.

Lord of England - Champion der Deckhengste mit ihrem ersten Jahrgang. Foto Frank Nolting

Die mütterliche Linie von Lord of England gehört zu den führenden Familien in den vergangenen Jahren in Deutschland. Sie geht auf die Mitte der 60er Jahre von Walther J. Jacobs importierte Love In (Crepello) zurück. Die Namen ihrer erfolgreichen Nachkommen in erster, zweiter und dritter Generation könnten Bände füllen. Gruppe I-Sieger sind Lomitas (Niniski), Lirung (Connaught), Lagunas (Ile de Bourbon), Lady Marian (Nayef), Lavirco (Königsstuhl), hinzu kommen die klassischen Sieger La Blue (Bluebird) und Laveron (Königsstuhl). Lord of England selbst ist Bruder der Listensieger Loriango (Acatenango) und Lonango (Acatenango). Der Vater seiner Mutter Loveria, die zweijährig Zweite auf Listenebene war, ist der erstklassige Gruppe-Sieger Los Santos (Caracol), auch ein Fährhofer.   

Daniel Delius, Dezember 2011


Ein klarer Champion der First Season Sires 2010 in Deutschland

Die klare Nummer eins ist Lord of England, der sich für einen deutschen „first season sire“ schon sehr gut profilieren konnte. Natürlich reichte es international nicht zu einem vorderen Platz, das geht schon von der Zahl der startenden Pferde nicht, doch ein Gruppe-Sieger und insgesamt drei Black Type-Nachkommen können sich im Vergleich schon sehen lassen. Von den 39 laut Zuchtnachweis lebenden Nachkommen waren 13 am Start, Salona hat das Zukunfts-Rennen (Gr. III) gewonnen, Acadius das Oppenheim-Rennen (LR), Night of Dubai war auf Listenebene platziert, Theo Danon hat gewonnen. Nicht verkehrt sollen auch im Ausland stationierte Nachkommen des Hengstes wie Malanos (war schon Zweiter in Newmarket) und Tower of England sein.

Lord of England war selbst ein sehr guter, früher Zweijähriger, er debutierte bereits im Juni erfolgreich. Frühreife hat er seinen Nachkommen mitgegeben, doch spricht nichts dagegen, dass sie auch dreijährig schnell laufen und über weite Distanzen kommen. Er hat den Großen Dallmayr-Preis über 2000 Meter gewonnen, was bereits das Ende seiner Karriere bedeutete, weitere Distanzen ist er nie angegangen, als Sohn von Dashing Blade wären diese vermutlich auch nicht sein Ding gewesen. Die über jeden Zweifel erhabene Mutterlinie weist jedoch zahllose Steher auf, auch Derbysieger wie Lagunas und Lavirco. Sein Bruder Loriango (Acatenango) war sogar ein Extremsteher, ein anderer, Lonango (Acatenango), hat das Derby in der Slowakei gewonnen. Da er viele Stuten aus Steherfamilien bekommen hat, sollten seine Nachkommen in der Lage sein, die Derbydistanz zu bewältigen. In den Jahren 2009/2010 hatte er 28 bzw. 26 Nachkommen, nicht die Welt, aber allemal genug, um sich weiter zu profilieren. Sein Plus ist natürlich ein starkes Standortgestüt wie Etzean, das ihm von Beginn an alle Chancen gegeben hat und auch kommerziell belohnt wurde, ein Sohn von ihm wurde auf der BBAG für 75.000 € verkauft.

Lord of England startete mit einer Decktaxe von 3.000 €, die in den letzten beiden Jahren auf 2.500 € abgesenkt wurde. 2011 werden 4.500 € verlangt, was im internationalen Vergleich natürlich immer noch eine echte Gelegenheit ist. Inwieweit er jetzt auch von fremden Top-Gestüten gebucht wird, wird sich zeigen.

Daniel Delius, Dezember 2010

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