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Zum Tod von Pat Eddery

Zwei bemerkenswerte Fotos von Pat Eddery in Deutschland: Links in den Farben von Rolf Wusk 2005 in Köln, als er in einem Ex-Champions-Rennen mit Offenbach unplatziert war, sein vorletzter öffentlicher Ritt. Rechts 2009 in Iffezheim, nach seinem ersten Gruppe-Sieg als Trainer. www.galoppfoto.de

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 393 vom Donnerstag, 12.11.2015

Große Pferde machen große Jockeys. Mit Pat Eddery starb am Dienstag in einem Krankenhaus in England nun einer der Besten seiner Zunft.

Patrick James John "Pat“  Eddery wurde am 18. März 1952 als sechstes von 13 Kindern (ein Bruder starb jedoch sehr jung, so dass viele Quellen fälschlicherweise nur insgesamt zwölf Geschwister nennen) geboren, Vater Jimmy Eddery war Jockey, Champion in Irland zudem. Pferde waren sein Leben und der Weg, selber ein Jockey zu werden war vorgezeichnet, nie kam etwas anderes in Frage. Mit acht Jahren saß Pat zum ersten Mal auf einem Vollblüter, mit 14 Jahren begann er seine Ausbildung am Stall von Seamus McGrath, für den er 1967 seinen ersten Ritt in einem Rennen absolvierte (und 1969 seinen ersten Sieger ritt).

Eddery wechselte dann nach England und erhielt den Feinschliff zum späteren Können in der Talentschmiede von „Frenchie“ Nicholson. „Hier lernte ich so gut wie alles, vor allem, wie ich in jungen Jahren auf mich selbst aufpasse“, bekräftigte Eddery in einem späteren Interview die Bedeutung jener Jahre.  Nicholson, dessen Sohn David der legendäre Trainer "The Duke" war, formte Pferde und vor allem Jockeys und legte den Grundstein nicht nur für Edderys Karriere, auch Walter Swinburn, Mouse Morris oder Paul Cook begannen hier ihre Laufbahn.

Edderys Aufstieg war steil und stetig: im Jahr 1971 wurde er Champion Apprentice, 1972 sein erster Ritt im Epsom Derby, ab 1973 ritt er bis ins Jahr 2001 (Ausnahme: 1982)  mindestens 100 Sieger pro Saison, im Jahr 1990 waren es gar 209. Eddery war 11mal Champion- Jockey in England, womit er Lester Piggotts Rekord einstellte; in England ritt er genau 4633 Sieger, weltweit, so schätzte Eddery einmal, waren es über 6000. Nur Sir Gordon Richards ritt mehr Sieger in England. 

Die Liste seiner großen Siege ist schier unendlich, und führt die Turf-Fans auf eine Zeitreise, die 1975 mit Grundy begann und, was Gruppe-Rennen betraf, am 24.10.2003 mit Peak to Creek's Horris Hill Sieg endete. Er war Stalljockey für Peter Walwyn, natürlich Trainer des großen Grundy, und manch einem mag es gar nicht bewusst sein, dass es eben Eddery war, welcher im epischen King George IV and Queen Elizabeth Diamond Stakes von 1975 Bustino unter Joe Mercer besiegte;  ein Rennen, welches längst in die Folklore des britischen Rennsports eingegangen ist.

Grundy war einer von Edderys drei englischen Derby-Siegern (neben Golden Fleece 1982 und Quest vor Fame 1990) , insgesamt gewann Eddery 14 britische Klassiker, Silver Patriarch war 1997 als St. Leger -Sieger der letzte dieser Liste und markierte zudem Edderys 4000. britischen Sieger.

Eddery formte eine ertragreiche Partnerschaft mit Vincent O'Brien, für den er auch offiziell als Stalljockey agierte; eine Partnerschaft, die mit Golden Fleece und vor allem Sadler's Wells, El Gran Senor, Kings Lake und Solford reiche Früchte trug. Daneben war es auch seine Verbindung zum Stall von Jeremy Tree, und natürlich zu Khalid Abdullah, für dessen Juddmonte-Organisation er sieben Jahre als Stalljockey ritt, welche ihm einige seiner allergrößten Erfolge bescherte: Rainbow Quest, und allen voran natürlich Dancing Brave, mit dem er den King George und natürlich den Fabel-Arc des Jahres 1986 gewann. Mit Bering, Triptych, AcatenangoShardari, Sharastani, Darara und Saint Estephe hatten sich die Sieger von mehr als zwanzig Gruppe I-Rennen versammelt, aber Dancing Brave war ihr Meister, unter einem eiskalten Ritt von Eddery war der Hengst noch 200 Meter vor dem Ziel nicht unter den ersten 10. In den Video-Aufnahmen des Rennens ist er lange Zeit kaum im Bild, um dann an der Außenseite mit seinem "electrifying burst of Speed" seine Gegner zu überlaufen. Dies war Eddery auf dem Höhepunkt seines Könnens, und dies ein Rennen, welches er selber für eines seiner besten hielt. „Dancing Brave war der Beste, den ich je geritten habe, er war unwirklich“,  bekannte Eddery in einem Interview. „Das Gefühl, welches mir seine Beschleunigung gab, ist einfach unbeschreiblich.“

Nicht, dass man Eddery seine Emotionen auf dem Pferderücken ansah, im Gegenteil. Einer seiner Spitznamen lautet „the Iceman“, da er nie ein Gesicht verzog und im Rennen eiskalt jede Chance nutzte.  „Wenn er nach einem seiner Siege zur Siegerehrung kam, hätte man eher meinen können, er käme vom Zahnarzt“, kommentierte eine lokale Zeitung einmal sein versteinertes Gesicht im Angesicht des Jubels.

Es ist unmöglich, im Rahmen dieses Artikels alle großen Sieger Edderys vollständig aufzuführen: neben den bereits genannten Namen stechen natürlich seine Ritte auf Pebbles, mit der er u.a. den Breeders Cup Turf für Clive Brittain gewann, Bosra Sham (Trainer: Henry Cecil), Warning (Guy Harwood), Zafonic (Andre Fabre)  Sharpo (Jeremy Tree) , Commander in Chief (Henry Cecil) hervor. Eddery gewann vier Mal den Prix de L´Arc de Triomphe (1985-87 dreimal in Folge), je dreimal das englische und französische Derby (1990 gewann er beide Rennen im gleichen Jahr), dazu viermal das irische Derby, lediglich in den irischen 1000 Guineas fehlt sein Name in den Siegerlisten.

Auch hierzulande stehen diverse Siege zu Buche, 1976 sein erstes Gruppe-Rennen in Frankfurt mit , danach u.a. das Bayrische Zuchtrennen (Gr. Dallmayr-Preis) mit Kaieteur,  den Großen Preis von Baden mit Glint of Gold, die Goldene Peitsche (Vision of Night)  oder den Buchermacher Springer Sprint Cup (Tomba); mit Big Bad Bob trug er sich 2003 in dies Siegerliste des Fürstenberg-Rennens ein, sein letztes Gruppe-Rennen in Deutschland.

 „Auf dem Rücken eines Pferdes war ich von einer Überzeugung und einem Glauben an mich selbst erfüllt, wie ich niemals sonst gefühlt habe“, schrieb Eddery bereits in einer 1992 erschienen Autobiografie; er schien gleichsam seine späteren Probleme vorauszusehen. Mit 51 Jahren hängte Eddery im November 2003, rund sieben Tage nach seinem letzten Sieg, seine Rennstiefel an den berühmten Nagel; im Jahr 2005 begann er zu trainieren, und wenn es auch nicht an Unterstützung vor allem von Khalid Abdullah mangelte, so war Edderys Trainerkarriere zäh und letztendlich ein quälender Abstieg. Es gab durchaus einige Erfolge  - mit Hearts of Fire gewann er 2009 sowohl das Zukunfts-Rennen in Baden-Baden und das zur Gruppe I zählende Gran Criterium in Italien -  jedoch sollten dies seine einzigen bedeutenden Siege als Trainer bleiben.

Sein Versuch, über Syndikate neue Besitzerschichten zu gewinnen, schlug fehl. Eddery, der jenseits des Rennsattels als großzügiger Mensch bekannt war, der keine Party ausließ („Es war einfach unmöglich, mit Pat keinen Spaß zu haben“, umschrieb es Lord Grimthorpe nun) konnte sich dem Dämon des Alkohols immer weniger entziehen, und dies wirkte sich schließlich in allen Bereichen seines Lebens aus:  seine Ehe mit Carolyn, als geborene Mercer eine Tochter von Jockey Manny Mercer und Nichte des noch bekannteren Joe Mercer, zerbrach ebenso wie das Verhältnis zu den Brüdern Paul und David, mit denen es im Jahr 2009 einen hässlichen Streit vor Gericht gab, dabei wurden unerfreuliche persönliche Details in der Regenbogen-Presse ausgebreitet.

Auch die Beziehung zu seinen drei ehelichen Kindern (Jockey Toby Atkinson ist ein weiterer Sohn)  hielt der immensen Belastung durch den Alkohol-Missbrauch nicht stand, und es war nun Edderys Tochter Natascha, die nach seinem Tod das ganze Ausmaß dieser menschlichen Tragödie über Instagram publik machte:  „Ich bin so traurig, dass mein Vater Pat Eddery nicht mehr lebt. Fünf Jahre habe ich ihn nicht mehr persönlich gesehen, aber wir hatten Kontakt, und ich habe keinen Geburtstag vergessen. Als wir uns zum letzten Mal sahen, holte  ich ihn aus einer Rehaklinik  ab, und er begann sofort zu trinken. Wenn du den Alkohol über deine Gesundheit und deine Familie stellst, dann kann ich nicht Teil deines Lebens sein“, sagte ich zu ihm. „Aber die Sucht war stärker und er war nicht in der Lage, sie zu besiegen. Meine Geschwister und enge Freunde haben alles versucht, ihn von der Sucht zu befreien, wir haben am Ende verloren. Doch ich war und bin stolz, seine Tochter zu sein. Er war ein wunderbarer Jockey, Ehemann und Vater, aber am Ende hatte ihn seine schreckliche Krankheit leider im Griff.“

Auf einem Rennpferd war Eddery mit sich im Reinen, und als ein überragender Pferdemann und Jockey wird er unvergessen sein. 

Zwei von Pat Edderys größten Triumphen

Grundy vz. Bustino

https://www.youtube.com/watch?v=J4KvQ5fxsdE

Prix de l’Arc de Triomphe – Dancing Brave

https://www.youtube.com/watch?v=hCucJx2vL-k

 

 

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