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Der Trainer-Champion Andreas Wöhler: Entspannung mit Lilly La Blue

Trainer Andreas Wöhler mit seinem Fohlen Lilly La Blue. www.rennstall-woehler.de

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 199 vom Donnerstag, 26.01.2012

Der Champion ist gerade zurück aus dem Urlaub mit seiner Frau Susanne. Zehn Tage Dubai, ganz ohne Pferde. „Zwischendurch tut das mal gut, um den Kopf freizukriegen“, meint  Andreas Wöhler, „da komme ich auch mal zur Ruhe.“ Deshalb gab es kein großes Programm. „Einfach ausschlafen. 12, 13 Stunden am Stück. Das Wetter war toll. Das Meerwasser gut". Sogar ein Buch hat er gelesen, auch wenn er den Titel schon wieder vergessen hat. „Einen Roman von Umberto Eco. Erst war es so schwierig reinzukommen, dann konnte ich gar nicht mehr aufhören.“ Es wird das einzige Buch sein, das der Trainer von 90 Galopprennpferden in diesem Jahr lesen wird, „denn zuhause habe ich dafür keine Ruhe, dann dreht sich alles nur um Pferde, da bin ich ein Informationsjunkie.“

Der Derbysieger 2011 - Gestüt Ravensbergs Waldpark mit Jozef Bojko im Sattel und Trainer Andreas Wöhler am Zügel. www.galoppfoto.deDer Derbysieger 2011 - Gestüt Ravensbergs Waldpark mit Jozef Bojko im Sattel und Trainer Andreas Wöhler am Zügel. www.galoppfoto.deAndreas Wöhler, der mit dem gewinnreichsten Pferd Deutschlands,  Paolini, und dem kaum weniger erfolgreichen  Silvano um die Jahrtausendwende herum auf beinahe allen Kontinenten des Erdballs zum Globetrotter des deutschen Turf avancierte, ist bemüht, sich über auch über den internationalen Rennsport auf dem Laufenden zu halten. Das Management der Pferde nimmt einen zunehmenden Raum ein. „Da verbringe ich viel Zeit mit. Man muss über die Qualität der Pferde in den ausländischen Rennen auf dem Laufenden sein, um entscheiden zu können, ob man da auch laufen kann.“ Die Pferde dafür hat er im Stall. „Toi, toi, toi“, heißt es dazu, „wir haben jetzt etwa 90 Pferde. Darunter so viele junge Pferde wie noch nie. Allein 33 Zweijährige. Das sind schon sehr viele. Aber wir sind nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ sehr gut ausgestattet.“ Die Stars heißen  Earl of Tinsdal,   Monami,  Scalo,  Waldpark … aber die wird man erst ab April laufen sehen. Sicher auch im Ausland. Deshalb vor dem Ausblick noch einmal der Blick zurück.

Trainer Andreas Woehler beobachtet die Pferde im Trabring. www.galoppfoto.deTrainer Andreas Woehler beobachtet die Pferde im Trabring. www.galoppfoto.de„Das Championat ist schon etwas Besonders für mich“, betont Andreas Wöhler, „25 Jahre nach dem Tod meines Vater, von dem ich ja den Stall übernommen habe“. Das sei nicht von Anfang an so geplant gewesen, auch weil wir mit unseren vielen jungen Pferden für so ein Championat eigentlich gar nicht in Frage kommen. Aber 2011 war ein besonders gutes Jahr. „Von der Gewinnsumme das zweithöchste, das wir je hatten. Mit vielen schönen Siegen, das  Derby natürlich an erster Stelle mit dem Doppelsieg durch Waldpark und Earl of Tinsdal.“  Dazu kamen außergewöhnlich viele Zweijährigen-Siege, „so dass wir auf einmal ein guten Vorsprung hatten“. Dass  Mario Hofer den Championatskampf am Ende wieder so spannend gemacht hat, war eine Herausforderung für das Gütersloher Trainingsquartier: „Da mussten wir eben auch noch was aus dem Hut zaubern –  Mi Senor und  Kings messenger haben am 2. Weihnachtsfeiertag in Neuss den Sack dann zugemacht. Am letzten Renntag des Jahres hatten wir keinen Starter mehr aber drei Punkte Vorsprung – und es hat Gottseidank auch gereicht.“

Blick in die Ravensberger Sattelkammer. www.galoppfoto.deBlick in die Ravensberger Sattelkammer. www.galoppfoto.deDer Urlaub war nach einer langen Saison, „mit vielen Aufs aber auch Abs“ mehr als verdient. Jetzt heißt es wieder um 5.45h aufstehen, eine Stunde später geht das erste Lot im  Gestüt Ravensberg raus. Zurzeit gibt es Frost. Den ersten in diesem Jahr. Deshalb galoppieren die Pferde auch nur leicht im großen Trabring, „gut dass wir den haben, das ist in jedem Fall besser als gar nichts.“ Noch ist der Winter nicht vorbei, „es soll kälter werden“. Die Arbeit mit den Nachwuchspferden reizt den Trainer ganz besonders. Jedes Pferd habe seinen eigenen Charakter und besonderen Talente, die müsse man individuell betrachten und entsprechend mit jedem Pferd auch arbeiten, um Erfolg zu haben. „Deshalb bin ich auch damals nicht nach Hong Kong gegangen“, so Wöhler, „da werden Pferde zu Nummern, das hat mich abgeschreckt.“ Im Rennstall Wöhler werden Pferde wie die Winterkönigin Monami schon mal mit dem Spitznamen Else Kling bedacht, „weil sie von ihrer zentral gelegenen Box alles sehr genau beobachtet und die Futtersäcke nachzählt“, heißt es auf der liebevoll gepflegten und stets aktuellen Webseite unter www.rennstall-woehler.de, die von ihren vielen Fotos von der täglichen Arbeit und den ganz besonderen Texten lebt, für die Trainerfrau Susi Wöhler verantwortlich zeichnet. „Ich liefere die Stichworte, meine Frau setzt dann alles um“, bringt Wöhler das Erfolgsrezept einer Webseite auf den Punkt, die sicher zu den meistgelesenen im deutschen Galopp-Rennsport überhaupt gehört, „so leisten wir auch unseren Beitrag zur  Öffentlichkeitsarbeit“. Die lokale Presse hat das Trainingsquartier in Gütersloh ohnehin entdeckt und bekommt von der Webseite immer wieder neue Anregungen für Geschichten, aber auch das überregionale Interesse ist im Erfolgsjahr 2011 auch bei Wöhler groß gewesen – trotz der alles überstrahlenden Arc-Siegerin  Danedream. „Das war ein  toller Erfolg für den deutschen Rennsport, da freut man sich mit“, so Wöhler, „natürlich ist so ein Sieg ein Traum für jeden Trainer. Da kann man noch so viele andere große Rennen gewinnen, der Arc ist etwas ganz besonderes.“

Die Wöhler-Pferde 1 - 2: Waldpark vor Earl of Tinsdal. www.galoppfoto.deDie Wöhler-Pferde 1 - 2: Waldpark vor Earl of Tinsdal. www.galoppfoto.deWöhlers große Stunde schlug am ersten Juli-Sonntag. Beim Deutschen Derby in Hamburg. Ein nervenaufreibender Tag, „der mir im Vorfeld so viel Kummer gemacht hat und am Ende so unglaublich gut ausgegangen ist“, erinnert sich Wöhler. Denn bei allem, was man bisher vom wichtigsten Rennen des Jahres lesen konnte, fehlt die Vorgeschichte von  Earl of Tinsdal, den Trainer und Stalljockey  Eduardo Pedroza vor dem Rennen zur Nummer 1 im Stall erklärt hatten. Aber ausgerechnet am Derbytag hatte der „Earl“ Probleme, die den Trainer durch die Wechselbäder der Gefühle führten. „Ich hatte an diesem Tag ohnehin viele Pferde zu satteln und reichlich  zu tun, da kam der Anruf aus dem Stall, dass der Earl schweißgebadet sei und die Box zerwühlt“, heißt es in der Rückschau, „ich bin sofort zu den Gastboxen gerannt und habe gesehen, dass das Pferd total am Rad drehte, an einen Derby-Start war in diesem Moment nicht zu denken.“ Im Viertel-Stunden-Takt wurde das Pferd geführt und dann in die Box zum Ausruhen gebracht, der Tierarzt kam. Irgendwann gab es auch eine Diagnose: Nierenprobleme, kurz: Der Earl konnte nicht pinkeln. Immer wieder, wenn eine Hand frei war, wurde Earl of Tinsdal geführt und irgendwann passierte es dann. „Er  konnte Wasser lassen und von da an, war das Pferd wieder in Ordnung“, so Wöhler. Was dann geschehen ist, sei bei dieser Vorgeschichte unglaublich. Überlegen - Earl of Tinsdal und Eduardo Pedroza beim Rheinland-Pokal, Gr. I. www.galoppfoto.deÜberlegen - Earl of Tinsdal und Eduardo Pedroza beim Rheinland-Pokal, Gr. I. www.galoppfoto.deEarl of Tinsdal wurde Zweiter hinter Waldpark, holte sich wenige Wochen später den vollen Gr. I-Erfolg im  Rheinland-Pokal und ist natürlich auch für 2012 einer der Hoffnungsträger für die Grand Prix-Klasse. Und Waldpark? Der gab dem Trainer nach dem Derby reichlich Rätsel auf. „Sein Abschneiden in Deauville war ja noch erklärlich“, so Wöhler, „da hatte er ein Eisen verloren und auch in den Tagen danach noch Probleme an dem Huf, aber für das Laufen im  Großen Preis von Baden, wo er Letzter wurde, habe ich bis heute keine Erklärung.“

Und was macht Waldpark im Januar 2012? „Dem geht es super“, heißt es da, „der hat weiter ausgelegt, ist frisch, wir fangen früh mit ihm an, kann sein, dass er schon im April in einem kleineren Rennen rauskommt. Ich kann mir gut vorstellen, dass er dann nicht auf der Derby-Distanz sondern auf 2000 Meter läuft, da warten wir die Entwicklung ab.“ Für Andreas Wöhler war das schon eine fast überschwängliche Aussage zu einem Pferd, „ansonsten gibt er positive Kommentare über die Pferde den Besitzern gegenüber nur in kleinen homöopathischen Dosen ab“, heißt es humorvoll von Jana Gutschow, der Tochter des Züchters  Hannes K. Gutschow und Mitinhaberin von Earl of Tinsdal in der Drei-Damen-Riege namens Sunrace Stables.  „Ich bin keiner, der sehr ausschweifend ist“, gibt Wöhler zu, „ich halte mich eher zurück. Aber die Besitzer wissen meine Aussagen schon zu interpretieren. Im Guten wie im Schlechten. Denn vom Schönreden halte ich nichts, dafür geht es um zu viel Geld.“

Zurück ins Rennen soll auch der „Galopper des Jahres 2010“,  Scalo, der seit dem  Großen Preis von Berlin nicht mehr am Ablauf war.  „Er ist wieder in der Aufbauarbeit“, berichtet der Trainer, „im Moment läuft es gut.“ Das ist sie wieder, die kleine homöopathische Dosis. Mit der Erfahrung von 25 Trainerjahren weiß einer wie Wöhler, dass „es im Galopprennsport immer Überraschungen gibt – im Positiven wie im Negativen.“  Mit den Pferden, die Wöhler aktuell im Stall hat, wird es in jedem Fall ein spannendes Jahr werden. „Man wird Earl of Tinsdal, Waldpark und Scalo sicher auch in Deutschland sehen“, so die Prognose, „ob sie das Zeug haben, Globetrotter wie Paolini und Silvano zu werden, dazu kann man noch nichts sagen, dafür müssen die Pferde noch älter und ausgereifter sein. Auch vom Kopf her.“

Die eigenen Farben laufen: Susi und Andreas Wöhler im Kölner Führring. www.dequia.deDie eigenen Farben laufen: Susi und Andreas Wöhler im Kölner Führring. www.dequia.deUnd weil während der Saison für die Entspannungslektüre keine Zeit bleibt, steht Wöhlers Entspannung auf vier putzmunteren Beinen auf einer Ravensberger Koppel:  Lilly La Blue heißt die junge Pferdedame von Sabiango, die Andreas und Susi Wöhler als jüngstes Mitglied ihrer eigenen, kleinen Zucht führen. „Ich finde es sehr spannend, die Entwicklung von klein auf zu verfolgen“,  meint Wöhler, „die Fohlen sind meine Therapie, um mal abzuschalten.“ Dass ein Trainer als Züchter einen ebenso langen und oft steinigen Weg hat, wie alle anderen, weiß auch Andreas Wöhler: „Wir hatten ein Hengstfohlen, das wir am Ende als Reitpferd verschenkt haben. Seine größte Leistung war es, als Koppel- und Sparringspartner von Waldpark im Gestüt Ravensberg seinem vierbeinigen Kumpel das nötige Selbstvertrauen mit auf den Weg zu geben.“

 

Steckbrief Trainer: Andreas Wöhler
Geboren:10.02.1962
Trainer seit/in:1986 in Bremen, seit November 2004 im Gestüt Ravensberg in Gütersloh
Anschrift:Ravensberger Weg 101, 33334 Gütersloh
Telefon:+49 5241 - 2126568
Mobil:
+49 172 - 4053480
Email:info@rennstall-woehler.de 
Web:www.rennstall-woehler.de
Pferde im Training:90
Beste Pferde im StallEarl of Tinsdal, Waldpark , Scalo
Stallpersonal:gut 25 Mitarbeiter
Assistenten:

 Roland Brunst, Futtermeister
Christa Germann, Assistenztrainerin

Jockeys:

 Eduardo Pedroza, 1. Stalljockey
 Jozef Bojko, 2. Stall-Jockey 

1. Sieg als Trainer:

Sämann (J.: Stefan Wegner/B.: Leo Walgenbach) am 1.12.85

Größte Erfolge als Trainer:

Die internationalen Erfolge mit  Paolini und  Silvano und die drei Derbysiege mit  Pik König,  Belenus und  Waldpark.

Siege:über 1700

Wie sind Sie an den Rennsport gekommen?

Durch meinen Vater Adolf Wöhler.
Ausbildung (zum/von wann bis wann/bei wem):

Ich habe im Rennstall meines Vaters in Bremen gelernt, der leider viel zu früh im Alter von nur 52 Jahren gestorben ist. Deshalb musste ich schon in jungen Jahren, 1986, die Verantwortung für einen großen Stall übernehmen.

Größte Erfolge - als Jockey:Ich habe 115 Siege als Amateurreiter, mein größter Erfolg war sicher der mit Ariporo im Alten Badener Jagdrennen.
Wer hat Sie im Rennsport gefördert? Oder auch: Wer war/ist für Sie als Vorbild wichtig?
Walter J. Jacobs vom Gestüt Fährhof war  für mich ein großer Rückhalt in den Anfangsjahren als Trainer, Vorbilder waren für mich mein Vater und Sven von Mitzlaff.
Was macht Ihren Rennstall aus?Ich sage immer: "Bei uns ist es wie bei Werder Bremen." Sowohl bei den Besitzern als auch bei den Mitarbeit herrscht ein hohes Maß an Kontinuität. Wir sind wir eine große Familie, in der Neue aber schnell integriert werden.
Worin liegt für Sie der Reiz Ihres Berufes?Die Herausforderung mit dem jeweiligen Pferd das Beste zu erreichen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?Dass unser Rennstall auch in den nächsten Jahren so erfolgreich ist.
Was wünschen Sie sich besser im deutschen Galopprennsport?
Bessere Rennpreise im Basissport!
Wie sieht Ihr Überlebensrezept für den deutschen Rennsport aus?"Alle Wetten in den Toto und eine bessere Vermarktung."
Stand 26.01.2012
 

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