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Serie "Das perfekte Auktionsangebot" Teil IV: Vom Absetzer zum Jährling

Am Anfang einer Entwicklung, die in verschiedenen Stufen abläuft. www.stauffenberg.com

Autor: 

Philipp Graf von Stauffenberg

TurfTimes: 

Ausgabe 120 vom Freitag, 25.06.2010

Je nach der Qualität der mütterlichen Versorgung und den Haltungsmöglichkeiten, die gegeben sind (beste Basis ist die optimal versorgte Weide möglichst ganzjährig) müssen die Fohlen früher oder später mit Zusatzfuttermitteln versorgt werden. Es ist besonders auf die Abdeckung der Mineralstoffe zu achten.  Wichtig ist in dieser Phase auch wieder das Beurteilen von eventuellen Wachstumsproblematiken. Haben die Fohlen stärkere Reaktionen an den Epiphysen, sollte man die Gründe eruieren. Nicht mehr ausreichende Milchqualität bei nicht entsprechender externer mineralischer Versorgung, fester Boden und eventuelle ungleichmässige Belastung der Gelenke (Fehlstellung, unregelmässiges Ausschneiden) sorgen für teilweise nicht wieder gut zu machende Probleme in dieser Phase.

Rechtzeitig vor dem Absetzen müssen die Fohlen dann an ihre komplett eigenständige Versorgung herangeführt werden.

Die beste Methode ist immer noch die individuelle Fütterung in der Box mit der Mutter, die aber einen extrem hohen Individualaufwand bedeutet. Denn sie findet nicht nur hier Anwendung, sondern setzt sich eigentlich über den ganzen Entwicklungszeitraum fort. Wer die Möglichkeit dazu hat ist im Vorteil.

In der Praxis grösserer Betriebe, die personell etwas begrenzt sind, hat sich der Fohlenschlupf bewährt, gerade wenn man wegen der entsprechenden Anzahl mehr Rücksicht auf die individuellen Stärken seiner Fohlen nehmen kann.

Das vorausschauende Zusammenstellen von Kleingruppen von max 6 Stuten im Spätherbst lässt von vorneherein die Altersunterschiede der zu erwartenden Fohlen nicht so gross werden und es ergeben sich beim gemeinsamen Fressen weniger rangordnungsbedingte Problematiken.

Auch hier ist  Individualität und intensives Beobachten gefragt.

Entwicklungstufen 1. Zahra im Alter von drei Tagen. www.stauffenberg.comEntwicklungstufen 1. Zahra im Alter von drei Tagen. www.stauffenberg.com

Entwicklungstufen 2. Zahra  im Alter von sieben Monaten. www.stauffenberg.comEntwicklungstufen 2. Zahra im Alter von sieben Monaten. www.stauffenberg.com

Entwicklungstufen 3. Zahra im Alter von 11 Monaten. www.stauffenbergEntwicklungstufen 3. Zahra im Alter von 11 Monaten. www.stauffenberg

Absetzen

Das Absetzten selbst sollte so schonend wie möglich erfolgen, wobei sich das Herausnehmen der entsprechenden Mutterstuten aus einem bestehenden Herdenverband sicherlich am besten bewährt hat. Bei schlecht versorgten oder zu üppigen Fohlen kann das Absetzen besser früher (ab 4 ½ Monate) erfolgen. Länger als 6 – 6 ½ Monate sollten die Fohlen nicht bei der Mutter bleiben, denn die optimale Versorgung der gerade etwas frühreiferen Fohlen über die Muttermilch ist dann definitiv nicht mehr gewährleistet. Wichtig ist weiterhin zu beobachten, wie sich die Gelenke/Epiphysen der Fohlen entwickeln, wie die körperliche Entwicklung ist. In dieser Phase sind das Auge und die Qualität des Verantwortlichen extrem gefragt!

Spätestens jetzt sollte man eine zweite Hodenkontrolle durchführen !

Winter

Dass eine möglichst lange Tag- und Nachthaltung auf der Weide die beste Haltungsform darstellt, ist wohl unbestritten. Mit entsprechendem Wetterschutz und Grasbestand ist der Spielraum gross, aber je nach Bodenverhältnissen und dem gegebenen Platz ist dem in den meisten Betrieben irgendwann ein Riegel vorgeschoben und die Jährlinge müssen zumindest nachts in den Stall. Hier kann sich selbst in den gut geführten Betrieben ein mehr oder weniger grosser Bruch in der Entwicklung ergeben. Weniger Bewegung bedeutet nicht nur weniger Muskel-, Lungen- und Herzentwicklung, sondern auch weniger Knochensubstanz. Pferde die viel in ihren Boxen stehen (müssen) haben tendenziell ein leichteres Fundament und das lässt sich im Grunde genommen dann nicht mehr wieder gut machen. Möglichst viel Weidegang und Bewegung ist essentiell für die positive gesunde Entwicklung - Paddockhaltung ist eigentlich Gift. Mancher Betrieb könnte besser Sommerweiden für güste Stuten reduzieren und den Jährlingen eine entsprechend grössere Weidefläche auch für den Winter zuteilen!

In der Fütterung ist es wichtig, die Jährlinge nicht zu schwer werden zu lassen. Lieber gehen sie etwas leichter , aber bei guter mineralischer Versorgung durch den Winter, als zu mastig; gerade auch, wenn es an Bewegung mangelt.

Wenn es nicht schon vorher einen Anlass gab, dann ist der zeitige Januar auch die Zeit, in der es Sinn macht, zumindest die wertvolleren Jährlinge besser schon einmal zu röntgen und  eventuellen Knochen- oder Gelenksveränderungen auf den Grund zu gehen und diese im schlimmsten Fall operativ zu beseitigen.

Jetzt geht den heranwachsenden Pferden am wenigsten verloren. In dieser Entwicklungsphase werden (weitere) Unterbrechungen am ehesten verziehen.

Es gibt viele Chips, die keinerlei Einfluss auf die Rennleistung haben bzw. die auch dann komplikationslos entfernt werden können, wenn sie wirklich zwicken, aber leider sind viele Besitzer, aber auch Agenten und Tierärzte heute nicht mehr in der Lage dieses eventuelle Risiko entsprechend einzuschätzen und lassen den ein oder anderen Jährling bei der Ankaufsuntersuchung unnötigerweise durchfallen.

Alle Eingriffe müssen natürlich auch unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet werden. Aufwendige Op’s machen nicht immer Sinn und richten oft mehr Schaden an, als dass sie tatsächlich nützen - gerade wenn das Entfernen der Chips Eingriffe im Bereich des Bandapparates bedingen. „kosmetische Op’s“ ohne grossen Aufwand und komplizierten Eingriff kosten wenig und bringen in der Relation (für den Verkauf) viel.

Spätestens Ende Januar/Anfang Februar sollte man auch die Trennung der Geschlechter durchführen. Die Hengste sollten besser nicht erst auf den Geschmack kommen.

Es fällt schwer, aber manchmal muss man jetzt schon eingreifen und unter Umständen einen extremen Raufer unter den Hengsten aus den Gruppen herausziehen. Hier kommt ein Nachteil der für die Auktion gegenüber den für den eigenen Rennstall vorgesehenen Jährlingshengste zum tragen – der Zeitfaktor. Beim Auktionsjährling ist der Tag vorgegeben, an dem alles optimal sein sollte; eventuelle Verletzungen, Überbeine usw haben eine negative Auswirkung auf den Verkauf.

Hier bewährt sich auch wieder das Kleingruppenprinzip von dann am besten 3 Hengsten, die einander immer wieder die Chance zur Erholung lassen. Es ist der Einzelhaltung, die teilweise praktiziert wird, auf jeden Fall vorzuziehen. Die Entwicklung im Wettkampf der Hengste ist einfach besser (und gesünder).

Stuten bereiten da in der Regel keine Probleme.

Frühjahr

Die nächste schwierige Zeit in der Entwicklung ist dann das späte Frühjahr. Egal ob die Jährlinge viel oder wenig Bewegung hatten, ob sie nur auf der Weide gehalten werden oder im Wechsel Stall/Weide – wenn der Grasaufwuchs anfängt zu schiessen , treten bei manchen Jährlingen extreme Probleme auf, die es gut zu beobachten gilt. Gefährdet sind vor allen Dingen diejenigen, die „heavy topped“/zu schwer sind, die versetzte Karpalgelenke/offset knees haben oder allgemein unter Stoffwechselstörungen leiden/litten. Hier gilt es mehr oder weniger jeden Tag die Entwicklung zu kontrollieren und notfalls den Zugang zur freien Grasaufnahme zu regulieren bzw die Zufütterung zu überdenken.

Die in den meisten Gestüten im Frühjahr übliche Düngung - vor allen Dingen auch exzessiv mit Stickstoff - verstärkt diese negativen Veränderungen auch noch!!!

Unter Umständen dürfen die Jährlinge nicht Tag und Nacht auf die Weide und müssen mehr denn je individuell „gehändelt“ werden.

Man kann hier nicht alles beschreiben, sondern die Fähigkeit, die eventuell entstehende Problematik früh zu erkennen, die Erfahrung und die Kenntnis entsprechende Massnahmen einzuleiten, spielen hier, wie in allen entscheidenden Phasen, eine grosse Rolle.

Meist  kommen jetzt die Kommissionen zur Selektion der Jährlinge. Gerade für diejenigen, die unter Umständen darüber nachdenken, international anzubieten, sind diese Termine extrem wichtig.

Bei diesen Besichtigungsterminen bekommt man den Hinweis, welche Auktion die richtige für welchen Jährling ist bzw. es wird entscheiden, auf welche Auktion der Jährling darf, auf welchem „Marktplatz“ ich meinen Jährling anbieten kann.

Es ist ganz besonders wichtig, in den Selektierenden hineinzuhören. Nicht jeder sagt direkt und geradeaus seine Meinung zu dem jeweiligen Jährling. Die Guten der Inspektoren haben über die Jahre schon so viele Jährlinge in so vielen Betrieben gesehen, da kann man schon eine Menge heraushören - gerade auch, wenn man selbst nicht die Vergleichsmöglichkeiten hat .

Hier wird schon mehr als ein Hinweis gegeben, wohin ein Jährling finanziell läuft. Häufig kommt es auch jetzt schon zum Zerplatzen der kommerziellen (unrealistischen?) Blase. Wer jetzt nicht den Daumen nach oben gezeigt bekommt, der läuft in der Regel in ein Problem und sollte sein weiteres Vorgehen (und auch entsprechende Kosten) gut überdenken. Es gibt immer eine Ausnahme - den einen oder anderen Jährling, der sich nach dieser Phase (wider Erwarten) noch extrem positiv entwickelt.

Der Bedeutung dieses Termins gemäss sollte auch die Vorbereitung darauf sein. Wer von klein auf entsprechend geübt hat, dessen Jährling präsentiert sich ohne grossen Aufwand und Stress von seiner besten Seite; er bekommt eher einen Platz in einer besseren Auktion bzw. den entsprechend guten Spot innerhalb der Auktion.

Zusätzlich fängt hier auch schon die (hoffentlich positive) Propagandamaschinerie sich zu drehen.

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