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Post aus Prag: Gonchars Derbysieg beim "After-Work-Renntag"

Gontchar holt sich das Tschechische Derby. www.galoppfoto.de - Petr Guth

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 424 vom Donnerstag, 30.06.2016

Am Anfang des Jahres klang die Nachricht irgendwie logisch. Das Tschechische Derby in Prag (2400 m, ca. 90 000 Euro) sollte zum ersten Mal in seiner 96-jährigen Geschichte nicht an einem Sonntag, sondern am Donnerstag stattfinden, um eine Terminkollision mit einem Spieltag der Fußball-EM zu vermeiden. Damals wusste man zwar noch nichts über das extrem schwache Abschneiden der tschechischen Nationalmannschaft auf dem Turnier, aber für die Terminverschiebung gab es mehrere Gründe. An einem fußballfreien Arbeitstag bekam man eine 135 Minuten lange Liveübertragung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit einem Studio direkt über dem Führring, eine größere Publizität und auch eine etwas andere Atmosphäre auf der Rennbahn. Das „After Work-Derby“ war schließlich ein Erfolg, auch wegen der Anreise von deutschen Jockeys wie Filip Minarik, Eduardo Pedroza und Jozef Bojko. Ein Sieg sprang allerdings nur für Pedroza aus, der mit dem zweijährigen Zock (Rock Of Gibraltar) im ersten Rennen erfolgreich war.

Mit Gontchar (Champs Elysees) hat im Derby das wahrscheinlich beste Pferd gewonnen. Der Hengst aus dem Stall von Valentin Bukhtoyarov und Training von Arslangirej Savujev hatte aber alles andere als einen guten Rennverlauf. Bauyrzhan Murzabayev hatte die Order an vierter, fünfter Position zu gehen, wurde aber gleich nach dem ersten Galoppsprung von zwei Gegnern angerempelt und musste von hinten anfangen. Das Rennen war überhaupt von Nervosität und vielen Zwschenfällen geprägt, wozu auch das teilweise langsamere Tempo führte. Damit musste neben Gontchar auch der Favorit Timekeeper (Galileo) mit Filip Minarik kämpfen, der 1000 Meter vor dem Ziel auf der achten Position zu sehen war, aber in der Zielgeraden nach einigen Kontakten mit Gegnern chancenlos blieb. Minarik, dessen Vater vor genau 50 Jahren sein erstes Derby geritten hatte und dessen ganze Familie bis heute auf den Sieg in diesem Rennen wartet, suchte vergeblich nach einer Lücke und wurde am Ende nur Neunter.

Es sah bereits nach einem Sieg der nachgenannten Stute Krasava (Moonjaz) aus der eigenen Zucht des Besitzers Stanislav Chudácek aus, als Murzabayev auf Gontchar mit einem mächtigen Speed in der Außenspur kam und sich am Ende um eine Länge durchsetzte. Den dritten Platz belegte ein weiteres tschechisch gezogene Pferd Bonys (Intense Focus) vor Sedmikraska (Excellent Art) und dem von Jirí Palík gerittenen Grace Of Gracie (Zanzibari). Jozef Bojko auf Rumpl Cimpr Campr (Makfi) konnte mit dem 7. Platz noch das letzte Platzgeld ergattern, Eduardo Pedroza mit Alpheus (Galileo) endete im geschlagenen Felde.

Der im Haras du Mezeray geborene Gontchar, Sohn der in Frankreich und USA listenplatzierten Gontcharova aus der Familie der Gr.I-Sieger Roi Normande und Coquerelle und Halbbruder des Listensiegers Mashoor (Monsun), ist der vierte Prager Derbysieger von Trainer Savujev. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern Temirkanov, Darsalam und Medeo verlief aber seine bisherige Karriere ausschließlich in Frankreich. Bereits letztes Jahr versuchte man einen kühnen Start im Criterium de Saint-Cloud (Gr. I), wo Savujev nach dem letzten Platz sehr unzufrieden mit dem Ritt von Ioritz Mendizabal war. Dieses Jahr versuchte sich der Hengst nach Aufbaustarts in Nancy und Wisssembourg in einem Listenrennen in Saint-Cloud, wo er vierter von fünf Startern etwa 7 Längen hinter dem Vierten im Prix du Jockey Club Talismanic wurde. Jetzt soll es in den Fußstapfen des Gr. I-Siegers Darsalam gehen, Gontchar besitzt Nennungen für Grand Prix de Paris und sogar Prix de l’Arc de Triomphe. Sollte er in diesen Rennen wirklich antreten, ist durchaus möglich, dass ihn wieder der 23-jährige Bauyrzhan Murzabayev reiten wird, für den es in Prag der erste Derbysieg der Karriere war.

Im Rahmenprogramm des Derbytages sah man mehrere Pferde mit deutschen Blacktypeformen. Der letztjährige Sieger des St. Leger Italiano Autor (Authorized) siegte sicher im Zlatý pohár (Gold Cup, 2400 m, ca. 5 500 Euro), nachdem er unter Pierantonio Convertino ungewohnt an die Spitze ging und selbst das Tempo bestimmte. Im Sprintrennen über 1200 Meter meldete sich der listenplatzierte Mikesh (Majestic Missile) nach längerer gesundheitlichen Pause mit einem dritten Platz hinter Nine Ou Four (Medicean) und Sign Of The Zodiac (Clodovil) zurück, der Sechste aus der Silbernen Peitsche Prince Orpen (Orpen) wurde Vierter. Eine Überraschung gab es in der Tattersalls Mile (ca. 5.500 Euro), wo der früher in Russland laufende Arif (Nayef) aus der Aga Khan-Zucht um einen Hals den haushohen Favorit Chardonney Tchechue (One Cool Cat) schlug. Der spanische Champion im Sattel des Savujev-Schützlings Václav Janácek verlor in der Zielgeraden seine Peitsche und ritt dann in der Endphase mit seiner Reitbrille in der Hand.

Martin Cáp, Prag

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