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Post aus Prag - Dramen in Prag und Warschau

Grace of Gracie gewinnt das St. Leger in Prag - und muss wenige Minuten später aufgegeben werden. fotovolf.com - Václav Volf

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 433 vom Donnerstag, 01.09.2016

Zwischen Triumph und Tragödie liegt im Rennsport oft nur eine vage Linie. Doch nur selten war es so schmerzlich sichtbar wie letzten Sonntag in Prag, als der Hengst Grace Of Gracie (Zanzibari) zwei Galoppsprünge hinter dem Ziel verunglückte, nachdem er mit Jockey Jirí Palík das tschechische St. Leger (2800 m, ca. 20.000 Euro) gewonnen hatte. Palík zelebrierte gerade den größten Sieg seit seiner Rückkehr nach Tschechien, als sich Grace Of Gracie das rechte Vorderbein brach und der populäre Jockey blieb eine lange Weile auf dem Rasen hinter dem Ziel liegen. Die Stimmung auf der Rennbahn veränderte sich schlagartig. Es wurde ganz still, denn das Desaster war schnell sichtbar. Der frische klassische Sieger aus dem Stall BORS Breclav, zuvor Dritter im slowakischen und Fünfter im tschechischen Derby, musste noch vor der Siegerehrung eingeschläfert werden. Die Zeremonie wurde zu einem bitteren Abschied von dem populären Pferd, das seiner Zeit für 7.000 Euro von Chris Richner in Deauville ersteigert wurde.  Besonders traurig: der Besitzer des Hengstes Ludek Mikulecký starb plötzlich letzten August, nur fünf Tage nach dem siegreichen Debüt von Grace Of Gracie. Der Stall und die Trainingszentrale Nový Dvur in Mähren werden von seiner Witwe und Sohn weitergeführt.

Das St. Leger selbst war ein faires und schnelles Rennen, denn die zwei Derbysieger im Felde Gontchar (Champs Elysees) und Timekeeper (Galileo) hatten ihre Führpferde. Der sehr offensive Rennverlauf sah fast wie eine Regie in Coolmore-Art aus, doch als das Feld in die Zielgerade kam, war von den Favoriten nur Gontchar mit von der Partie. Neben ihm kamen mit starker Aktion Grace Of Gracie und der in Tschechien geborene Golden Devil (Pop Rock). Der Sieger schlug im drittschnellsten St. Leger der Prager Geschichte Gontchar um eine Länge, dritter wurde Golden Devil vor dem Slowaken Fantastic Lacy (Manduro).

Eine ähnlich tragische Geschichte dominierte auch dem polnischen St. Leger (2800 m, ca. 21.800 Euro) in Warschau, das am Tag des großen Triumphs von Va Bank (Archipenko) auf der deutschen Gruppeszene gelaufen wurde. Hier zog sich noch vor dem Start der Favorit Masterpower (Mastercraftsman) eine fatale Verletzung zu. Das von einer ähnlichen Atmosphäre wie in Prag überschattete Rennen holte sich leicht um drei Längen der Hengst Dusigrosz (Full Of Gold) aus dem Training von Adam Wyrzyk, geritten vom jungen Slowaken Michal Abík, für den es bereits der zweite klassische Erfolg in der laufenden Saison war. Da das St. Leger in Polen auch älteren Pferden offen ist, endeten auf den weiteren Plätzen zwei Vierjährige, der im Gestüt Golejewko gezogene Newerly (Jape) und Tantal (Tamayuz).

Mehrere Erfolge der deutschen Zucht waren in Bratislava zu sehen. Die von Ursula Herberts gezogene Miss Trout (Areion) setzte ihre Siegesserie in einem gut besetzten Ausgleich II über 1200 Meter fort und empfiehl sich damit auch für bessere Sprintrennen der Region. Ein überlegener Sieg um sechs Längen gelang dem im Gestüt Röttgen geborenen zweijährigen Wotan (Nathaniel) und im als Hauptrennen gelaufenen Whisky-Preis für 3-jährige und ältere Stuten glänzte einmal mehr die aus der eigenen Zucht von Peter Sedivý stammende Diana Rosensturm, eine Tochter des Monsun-Sohnes Rosensturm.

Am Wochenende gab es auch ein besonderes Hindernis-Highlight. Die mit einer Millionen Kronen (etwa 37.000 Euro) dotierte klassische Steeplechase „Agrofert Grand National um den Pokal von Josef Vána“ in Prag stellte einen neuen Star der Szene vor. Schon sah man wieder den letztjährigen Sieger Fafintadenient (Sakhee) mit Josef Vána jr. locker ins Ziel zu kommen, als der frisch aus Frankreich importierte Anaking (Astarabad) unter Jaroslav Myska zum starken Finish, wie man es sonst nur in Flachrennen sieht, zündete und den Favoriten im letzten Galoppsprung auf der Ziellinie abfangen konnte. Der 6-jährige Wallach konnte sich bereits im Training von Emmanuel Clayeux mehrmals in Grupperennen in Auteuil platzieren, jetzt soll er in den Farben des Präsidenten des tschechischen Jockey Clubs Dr. Jirí Charvát für die „Big Points“ in Frankreich, Italien und Tschechien vorbereitet werden.

Ein anderer Plan des Charvát-Stalles kommt jedoch nicht zum Tragen. Der mehrfach in Listenrennen siegreiche und in Deutschland bestens bekannte Steher Trip To Rhodos (Rail Link) wurde als erstes tschechisches Pferd für den Melbourne Cup genannt .Da aber Australien und Tschechien keine gemeinsame Regelung über Pferdeimporte haben, wird es Trip To Rhodos wegen der langen Quarantäne nicht schaffen im November dabei zu sein.

Martin Cáp, Prag

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