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Post aus Prag: Deutsche Zuchterfolge

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 387 vom Donnerstag, 01.10.2015

Fast sah es schon so aus, als ob einer der besten tschechischen Dreijährigen, Oriental Sky (Tiger Hill), keinen klassischen Sieg mehr holen wird. Im Tschechischen Derby war er knapp von Touch Of Genius geschlagen, im slowakischen Pendant war der vom Gestüt Auenquelle gezogene Hengst etwas enttäuschend Vierter. Doch am letzten Sonntag konnte der späte Halbbruder der Zweiten aus dem Diana-Trial Oriental Lady und der nahe Verwandte von vielen Klassepferden inklusive Oriental Tiger oder Oriental Lion den Spieß noch umdrehen und gewann das Slowakische St. Leger. Das letzte klassische Rennen der Saison in Bratislava ließ einige Fragen offen. Wegen der Terminkollision mit dem großen Meeting in Prag kamen nur fünf Pferde an den Start, das Tempo unterwegs war recht flau und Oriental Sky hatte dann in der schnellen Endphase viel Arbeit mit dem einheimischen Hengst Tharajam (Duke Of Marmalade). Als Dritter kam der im Gestüt Helenenhof gezogene Donatelli (Distant Music) ins Ziel.

Der Sieg von Oriental Sky ist eine große Satisfaktion für den tschechischen Trainer Cestmír Olehla, der seine größten Erfolge auch mit deutschen Pferden feierte. Neben der zweimaligen Siegerin der Großen Pardubitzer Registana (Tauchsport) waren es die vom Gestüt Franken gezogene fünfmalige klassische Siegerin in Tschechien und der Slowakei Arganta (Monsun) oder die Rietberger Klassestute Oxalana (Lagunas). Ein etwas bitterer Beigeschmack für die Slowaken – viel größere Resonanz als ihr letztes klassisches Rennen hatte die am selben Tag gelaufene Steeplechase, die von Thomas Garner mit Mr Pamperito gewonnen wurde. Garner ritt die letzten zwei Kilometer des 4500 Meter langen Rennens ohne Steigbügel und mit gerutschten Sattel – eine Leistung, dank der es der junge englische Jockey sogar in die Racing Post geschafft hatte, die diesen Sieg als einen Anwärter auf den Ritt des Jahres bezeichnete.

Ein Erfolg der deutschen Zucht war auch beim European Jockeys’ Cup in Prag zu sehen. Im Hauptrennen, dem Leram European Jockeys‘ Cup Million (1400 m, 60 000 Euro), siegte nach einem Klasseritt von Fabrice Veron der dreijährige Dashing Home (Dashing Blade) aus dem Stall von Ramzan Kadyrow. Der von der Familie Matusche gezogene Hengst ging gleich nach dem Start auf die Spitze und drückte auf das Tempo. In den letzten Metern näherte sich zwar der beste tschechische Meiler Chardonney Tcheque (One Cool Cat) und der schnelle Schimmel Sign Of The Zodiac (Clodovil), aber Dashing Home rettete sich um 1 1/4 Längen ins Ziel. Nach diesem Sieg kehrte er mit 97 kg auf den ersten Platz im Handicap der Dreijährigen zurück und Trainer Arslangirej Savujev wird für ihn bis Ende der Saison nur schwer ein weiteres Rennen finden können, denn die Kadyrow-Pferde haben weiterhin Startverbot in Frankreich und in Deutschland.

Ein anderer Kadyrow-Star musste eine überraschende Niederlage einstecken. Der ehemalige Sieger im Preis von Europa und Großen Preis von Berlin Meandre (Slickly) war nach seinem Sieg im Großen Preis von Prag der haushohe Favorit des Leram European Jockeys‘ Cup Long über 2600 Meter, doch Bauyrzhan Murzabayev wartete mit dem Schimmel vielleicht zu lange und bevor er seinen Speed einsetzen konnte, liefen ihm drei Gegner davon. In einem packenden Finnish siegte um einen kurzen Kopf der amtierende Derbysieger Touch Of Genius (Galileo) mit Filip Minarik, der nicht nur die hohe Klasse des diesjährigen klassischen Jahrgangs, sondern auch seine potenziellen Möglichkeiten in Blacktype-Rennen bewiesen hatte. Knapp geschlagen war der tschechische St. Leger-Sieger mit polnischer Abstammung Sanok (Jape) mit einem Hals-Vorteil vor dem Autor (Authorized).

Der Prager Jockeys‘ Cup war ein voller Erfolg. Die Rennbahn platzte aus den Nähten, als noch vor dem vierten Rennen des Tages eine lange Schlange von Autos auf den Straßen in der Umgebung der Rennbahn zu sehen war. Tausende von Zuschauern schafften eine Art Fußball-Atmosphäre, in der sich die teilnehmenden Jockeys atemberaubende Duelle lieferten. In vier von den fünf „Cup-Rennen“ gab es das Wort „Kampf“ im Richterspruch. Zwei Rennen konnte Cristian Demuro gewinnen – eins mit der klassischen Siegerin Dumnonia (Silver Frost) über 1400 Meter, das zweite mit Prince Orpen (Orpen) im Sprint über 1000 Meter, wo er sich ein Kopf an Kopf Duell mit Filip Minarik auf Mikesh (Majestic Missile) lieferte. Im Ziel hatte Demuro mit dem 10:1-Außenseiter den Vorteil einer der kürzesten Nasen in der Geschichte der Prager Rennbahn. In der Gesamtwertung siegte Demuro vor Fabrice Veron und Umberto Rispoli.

Deutsche Pferde waren diesmal in Prag ohne Chancen. Das beste Resultat, einen dritten Platz im European Jockeys‘ Cup Middle (1800 m, 20 000 Euro), schaffte die von Fabrice Veron gerittene Kathinka (Speedmaster) im Training und Besitz von Markus Münch. Die Favoritin Simplon (Rail Link) konnte auf ihre letzte Form aus Baden Baden nicht anknüpfen und endete im selben Rennen nur sechste. Elliot Carver (Linngari) war vorletzter im Sprint und Lilydale (It’s Gino) kam mit Martin Dwyer im Hauptrennen zu Fall. Das stark besetzte Meeting zeigte auf jeden Fall eine interessante Idee, wie man heute neue Zuschauer auf die Rennbahn locken kann. Jeder teilnehmende Jockey hatte seine Autogrammkarte wie Fußballspieler und nach den Rennen stieg eine große Party.

Leider hatte das letzte Wochenende auch seine Schattenseiten. In Warschau, wo am Sonntag der Triple Crown Sieger Va Bank (Archipenko) seine Siegesserie in der Wielka Warszawska (2600 m) fortsetzte, verunglückten in einem Hindernisrennen zwei Pferde, im Flachprogramm brach sich dann der große Steher Espadon (Bachelor Duke) das Bein.

Am selben Tag kam in Brünn der tschechische Hindernisjockey Michal Köhl nach einem Sturz ums Leben. Die Karriere des populären 36-jährigen Reiters wurde von vielen Verletzungen gezeichnet. Einst ein von Josef Vána gefordertes Talent konnte er zum Beispiel das Iffezheimer Jagdrennen 2002 mit Decent Fellow gewinnen und war sogar zweimal in England erfolgreich. Nach einigen schweren Stürzen hatte er sich für eine Karriere bei der berittenen Polizei von Pardubitz entschieden und ritt Rennen nur noch in seiner Freizeit. Sein Tod sorgte im tschechischen Turf für großes Entsetzen. Das Begräbnis von Michal Köhl findet nächsten Freitag statt – zwei Tage vor der Großen Pardubitzer, wo er dieses Jahr zum achten Mal dabei sein sollte.

Martin Cáp

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