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Neusser Perlenkette: Die Crux eines einfachen Regelwerkes

Andrea Glomba mit Pagan Warrior in Neuss: Nach dem Sieg im 1. Lauf zur Perlenkette war das Team zwei Wochen später erneut erfolgreich. Foto: Gabriele Suhr

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 253 vom Donnerstag, 21.02.2013

Wer einmal von Juristen verfasste Regelwerke im Wortlaut studiert hat, der weiß, dass diese Texte für Nicht-Juristen meist schwer verdauliche Kost darstellen. Ob es sich um die Straßenverkehrsordnung oder das Einkommenssteuergesetz handelt, die Formulierungen dieser Juristentexte haben wenig mit der normalen deutschen Sprache zu tun. Kaum jemand liest solche Texte daher im Original, sondern lässt sich den Sinn der Formulierungen lieber von kundigen Menschen erklären. Auch das „Gesetzbuch“ des deutschen Galoppsports, die deutsche Rennordnung, werden nicht alle Turf-Fans schon einmal im Original gelesen haben. Auch hier beschränkt sich das Wissen über die „Vorschriften für die Leistungsprüfungen der Vollblutzucht“ (so der offizielle Untertitel der Rennordnung) meist auf das, was aus berufenem Munde dazu an Erklärungen gegeben wird. In strittigen Fragen kann man jedoch auf diese sprachlich komplizierten, aber viele Eventualitäten berücksichtigenden Regelwerke zurückgreifen, um eine Klärung herbeizuführen.

Ganz anders sieht es aus, wenn solche Regelwerke gänzlich fehlen bzw. nur in ein paar dürren Sätzen „einfach“ formuliert sind. Für den reiterlichen Traditionswettbewerb der Neusser Perlenkette lautete die Information über den Vergabemodus schlicht: „Die Entscheidung wird über ein Punktesystem getroffen. In jedem der drei Wertungsläufe erhält die Siegerin 10, die Zweite 6, die Dritte 4, die Vierte 2 und die Fünfte einen Punkt. Bei Punktgleichheit entscheidet die bessere Platzierung. Bei gleichen Platzierungen ist das Ergebnis ein "totes Rennen" und die beiden Reiterinnen erhalten jeweils eine Perlenkette“.

Beim ersten Lesen scheint alles klar geregelt zu sein, doch liegt der Hund im Detail begraben. Nach dem zweiten Wertungslauf am vergangenen Sonntag, den erneut Andrea Glomba gewonnen hatte, kursierten im Anschluss unterschiedliche Meldungen, ob sich die Saarländerin damit schon vorzeitig den Gewinn der Perlenkette gesichert hätte. Ihre Konkurrentin Janine Beckmann hatte sich in beiden Wertungsläufen platzieren können, einmal als Zweite und einmal als Dritte, und wies ein Punktekonto von 10 Punkten auf. Mit einem Sieg im finalen Wertungslauf am ersten Märzsonntag kann sie ihren Punktestand noch auf 20 Punkte verbessern und damit – vorausgesetzt Andrea Glomba landet nicht unter den ersten Fünf – zur bislang Führenden aufschließen. Genau für diesen Fall war die Formulierung „Bei Punktegleichheit entscheidet die bessere Platzierung“ vorgesehen, doch was bedeutet diese Formulierung? Sind zwei erste Plätze und ein (beispielsweise) sechster Platz besser als ein erster, ein zweiter und ein dritter Platz?

Der Neusser Rennverein beantwortet diese Frage mit einem „Ja“, so dass Andrea Glomba vorzeitig als Siegerin der Neusser Perlenkette feststeht. In unserer aktuellen Berichterstattung über den Neusser Sonntag am vergangenen Sonntag hatten wir dies anders dargestellt und für Janine Beckmann noch die theoretische Chance auf einen Gesamtsieg in der Perlenkette gesehen. Wir hatten den Begriff der „besseren Platzierung“ so verstanden, dass alle drei erzielten Platzierungen gleichmäßig berücksichtigt und in eine Platzierungsumme (oder –durchschnitt) einfließen würden. In diesem Fall wären die Beckmannschen Platzierungen 2, 3 und 1 „besser“ als die Glombaschen Platzierungen 1, 1 und 6, da eine Platzierungssumme von 6 (Durchschnitt: 2) besser ist als eine Platzierungssumme von 8 (Durchschnitt: 2,66). Die einfache Formulierung zur Vergabe der Perlenkette war hier nicht eindeutig und bedurfte der Klarstellung durch den Neusser Rennverein. Wir haben unseren „Fehler“ korrigiert und gratulieren Frau Glomba zum Gewinn der Perlenkette. Beide Ritte in den ersten beiden Wertungsläufen, jeweils auf Außenseitern vorgetragen, waren preiswürdig, so dass die 34jährige Saarländerin in jedem Fall eine würdige Preisträgerin ist.

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