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Neue Deckhengste in Deutschland - Teil II Wiener Walzer

Wiener Walzer in Bestform: Bei seinem Sieg im IDEE 140. Deutsche Derby mit Fredrik Johansson. www.galoppfoto.de

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 195 vom Donnerstag, 15.12.2011

Jährlingskäufe deutscher Besitzer oder Züchter in den USA sind nicht unbedingt an der Regel, sie sind vielmehr eine ziemliche Rarität. So war es schon eine einmalige Aktion, als der Vollblutagent Rüdiger Alles am 18. Juli 2000 in Keeneland im Auftrag des Gestüts Schlenderhan für immerhin 275.000 $ eine von Kingmambo stammende Jährlingsstute ersteigerte, die auf den Namen Walzerkoenigin getauft wurde. Es war nicht wenig Geld, aber über die Jahre gesehen ein ausgezeichneter Deal. Mit Wiener Walzer wird jetzt ein Sohn dieser Walzerkoenigin im Gestüt Erftmühle aufgestellt.

Wiener Walzer (GER) 2006

Züchter und Besitzer: Gestüt Schlenderhan

Abstammung:b. H. v. Dynaformer - Walzerkoenigin (Kingmambo )
Rennkarriere:5 Siege inkl. IDEE 140. Deutsches Derby, Hamburg, Gr. I, Rheinland-Pokal, Köln, Gr. I, 174. Oppenheim-Union-Rennen, Köln, Gr. II, 2mal platziert Zweiter Großer Preis von Lotto Hamburg (Deutschland-Preis/Großer Hansa-Preis), Hamburg, Gr. I, Dritter Prix d'Ispahan, Longchamp, Gr. I (16 Starts, Gewinnsumme €566.680) GAG 100 kg
Gestütseintritt:2012
Standort:Gestüt Erftmühle
Decktaxe:€4.000

Walzerkoenigin kam damals zu Peter Schiergen ins Training und wurde eine der besten Stuten ihrer Generation. Zweijährig gewann sie bei ihrem einzigen Start über 1400m in Köln, gewann dreijährig auf Anhieb ein Listenrennen in Düsseldorf über die Meile. Einen Aussetzer hatte sie allerdings in den German 1000 Guineas (Gr. II), in denen sie als 28:10-Favoritin bei wohl zu durchlässigem Boden Letzte wurde. Das konnte sie im weiteren Verlauf der Saison aber schnell korrigieren, sie gewann den Ernst & Young Euro-Cup (Gr. II) über 2000m in Frankfurt und den Prix Chloe (Gr. III) über 1800m in Chantilly. Vierjährig sollte sie ausschließlich im Ausland laufen. Sie gewann beim Jahresdebut den Premio Emilio Turati (Gr. II) über die Meile in Mailand, war dann Dritte in den Falmouth Stakes (Gr. II) in Newmarket. Anschließend ging es zu drei Starts nach Übersee, wo sie sich stets hervorragend aus der Affäre zog. Sie war Zweite in den Flower Bowl Invitational Stakes (Gr. I), Vierte in den Beverly D. Stakes (Gr. I) und Fünfte in den E. P.Taylor Stakes (Gr. I).

Es machte sicher Sinn, Walzerkoenigin in den USA zu lassen, sie wurde dann in den darauffolgenden Jahren von zwei amerikanischen Spitzenhengsten gedeckt, Rahy und Dynaformer. Rahy ist der Vater ihres Erstlings Walzertraum, der schon beim dritten Start seiner Karriere das German Tote Bavarian Classic (Gr. III) gewann. Er war dann unter Frankie Dettori im Derby ohne Chance, konnte sich später bis Anfang 2010, als er fünfjährig war, noch mehrfach auf Gr. III-Ebene platzieren. Er wurde dann nach Schweden verkauft, wo seine Ausbeute jedoch mit einem Sieg übersichtlich blieb, er landete dieses Jahr in Frankreich, wo er in Nancy ein Verkaufsrennen gewann, im November wurde er nach Marokko verkauft.

Wiener Walzer war da schon ein anderes Kaliber. Sein Debut zweijährig war noch keine Offenbarung, doch dreijährig fand er schnell in die Spur. Er gewann beim Saisoneinstand in Bremen über 2100m, musste dann wegen eines Chips kurz aussetzen, legte aber im Oppenheim Union-Rennen (Gr. II) gleich nach, als er Oriental Lion und Panyu hinter sich ließ. Im IDEE 140. Deutschen Derby (Gr. I) war er nicht die Wahl von Stalljockey Adrie de Vries, der hatte sich für Suestado entschieden, der aber chancenlos war und auch nie wieder ein Rennen bestreiten sollte. Wiener Walzer, zum Kurs von 46:10 am Start, wurde von Fredrik Johansson gesteuert, gewann sicher mit über einer Länge Vorsprung auf Sordino und Toughness Danon. Einige Wochen später saß de Vries wieder auf dem falschen Pferd, als er sich im Rheinland-Pokal (Gr. I) Getaway ausgesucht hatte. In einem bemerkenswerten Finish gewann der erneut von Johansson gerittene Wiener Walzer knapp gegen Getaway und den Godolphin-Vertreter. Nach einem vierten Platz in dem von Getaway gewonnenen Großen Preis von Baden (Gr. I) ging Wiener Walzer in die Winterpause.

2010 gab es die ersten internationalen Einsätze. Er wurde hinter Goldikova und Byword, aber vor Stacelita Dritter im Prix d’Ispahan (Gr. I), bot auch als knapp geschlagener Fünfter in den Prince of Wales’s Stakes (Gr. I) über 2000m in Royal Ascot eine respektable Leistung. Im Großen Preis von Baden und im „Arc“ war er chancenlos. Um das internationale Profil von Wiener Walzer zu schärfen, ging er als Fünfjähriger zu Andre Fabre, doch war das nicht von Erfolg gekrönt. Bei drei Starts blieb er ohne bessere Möglichkeiten, er kam dann noch einmal in den Stall von Jens Hirschberger zurück, es blieb bei einem Sieg in einem 2150-m-Rennen in Frankfurt und Rang vier im Westminster Preis der Deutschen Einheit (Gr. III).

Festzuhalten ist jedoch, dass Wiener Walzer 2011 gesundheitlich beeinträchtigt war, seine beste Form nie abrufen konnte. Schaut man sich seine Rennlaufbahn an, so sind gerade die Leistungen vierjährig nicht zu unterschätzen. Er mag ein relativ übersichtlich besetztes Derby gewonnen haben, aber er hat später auch international achtbare Leistungen gezeigt. Zudem war er doch stark von den Bodenverhältnissen abhängig, er bevorzugte eine schnelle Bahn, kein Wunder bei seiner Abstammung. Auch seine Mutter hatte ihre besten Vorstellungen bei gutem Boden gegeben.

Sein Vater Dynaformer(Roberto) zählt inzwischen 26 Jahre, doch annonciert ihn die Three Chimmeys Farm in Kentucky für die kommende Decksaison unverändert zu einer Taxe von 150.000 $, ein Preis der schon seit 2007 gültig ist. Er gehört fraglos zu den erfolgreichsten Vererbern in Nordamerika, ist Vater des verunglückten Kentucky Derby (Gr. I)-Siegers Barbaro, von Americain, Sieger im Melbourne Cup (Gr. I) und dieses Jahr von der dreifachen Gr. I-Siegerin Blue Bunting. Hinzu kommt eine Vielzahl von Gr.-Siegern in den USA. Als Vater erfolgreicher Deckhengste ist er bislang noch nicht besonders hervorgetreten, im Gestüt ist u.a. der englische St. Leger (Gr. I)-Sieger Locarno.

Wiener Walzer ist jetzt in der Obhut von Erftmühles Gestütsleiter Heinz Hönning. www.dequia.deWiener Walzer ist jetzt in der Obhut von Erftmühles Gestütsleiter Heinz Hönning. www.dequia.deWalzerkoenigin selbst ist Schwester u.a. von Shining Vale (Twilight Agenda), Mutter der für Trainer Mario Hofer Gr. III-platzierten Mrs Snow (Singspiel) und von Wadaat (Diktat), Zweite in den Oaks D’Italia (Gr. II). Mrs Snow wurde 2009 bei Arqana für 200.000 € an die Shadai Farm verkauft. Die nächste Mutter Great Revival (Keen) ist Schwester zu Providential (Run The Gantlet), Sieger in den Washington D.C. International Stakes (Gr. I) und zu Play it Safe (Red Alert), Siegerin im Prix Marcel Boussac (Gr. I), Stamm-Mutter zahlreicher Black Type-Pferde.  

Im Schlenderhaner Rennstall sind aus der Walzerkoenigin noch ein zwei Jahre alter Montjeu-Hengst und eine Jährlingsstute von Monsun vertreten, Letzere dürfte als erste Stute aus der Mutter für die Zucht bereits gesetzt sein. Ihr älterer Bruder debutiert zu einer Decktaxe von 4.000 € in Erftmühle. Das sollte angesichts seiner Abstammung und seiner Rennleistungen ein fairer Preis sein.

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