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National Hunt in Irland - Elliott vs. Mullins

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 512 vom Freitag, 06.04.2018

Während sich der englische Hindernissport mit (teilweise gehobenem) Basissport sprichwörtlich über Wasser hielt – rund 70 Meetings mussten in den laufenden Saison bisher wegen Schnee, vor allem aber wegen des sintflutartigen Regens, abgesagt werden – rettete Fairyhouse zumindest zwei Tage seines traditionellen Oster-Meetings rund um das Irische Grand National. Etwa 30 km nordwestlich von Dublins Airport im County Meath gelegen, werden hier das ganze Jahr über Flach- und Hindernisrennen abgehalten, auf der Flachen sind die Brownstown Stakes (Gr.3) das Highlight, über Hürden vor allem die im Dezember ausgetragene Hatton´s Grace Hurdle (Gr.1), zur Ehren von Vincent O´Briens legendärem dreifachen Champion Hurdle Sieger.

Und eben das Irische Grand National, welches immer seit 1870 im irischen Rennkalender verzeichnet ist, und tatsächlich das Pendant zum Aintree-Rennen darstellt. Die Siegerliste des Rennen ist wahrlich ein Who-is-Who des irischen Hindernissports, seit dem Zweiten Weltkrieg haben sich Pferde wie Fortria, Flyingbold, Tied Cottage und der große Arkle, aber auch der einzige dreifache Sieger des Rennens, Brown Lad (1975/76/78) in die Siegerliste eingetragen. Der große Desert Orchid riss seine irischen Fans im Jahr 1990 zu wahren Begeisterungsstürmen hin, als er unter Richard Dunwoody Höchstgewicht überlegen nach Hause schulterte; nichts lieben die Iren mehr als ein hervorragendes Pferd. Immer wieder versuchten sich englische Gäste in der 3m5f (rund 5800m) langen Prüfung, wie Aintree „natürlich“ ein Handicap, mit einigem Erfolg, Martin Pipe, Jonjo O´Neill, Bob Buckler und Ferdy Murphy sind Trainer, die hier siegreich waren. Zwei Pferde schafften es bisher, in beiden Nationals erfolgreich zu sein – Bobbyjo und Numbersixvalverde – aber keiner schaffte dieses Doppel in der gleichen Saison.

Wie schon in den Jahren zuvor kommt dem hier ausgeschütteten Preisgeld im Kampf um den irischen Trainer-Titel – Gordon Elliott vs. Willie Mullins – eine große Bedeutung zu. Elliott, der in der letzten Saison quasi am letzten Sprung (beim Meeting in Punchestown) von Mullins abgefangen wurde, führt momentan mit rund 600,000€ Vorsprung, 201 (bei 1119 (!!!) Starts)  Sieger hat der 40jährige in der aktuellen Saison trainiert. Dies entspricht einer Quote von rund 18%, Willie Mullins hingegen agiert momentan mit einer Siegquote von unglaublichen 29%, bei 651 Starts gewannen seine Schützlinge 191 Rennen und ca. 4 Mio. € an Preisgeld. Ein Niveau, von dem man hierzulande schon im Flachrennsport nur träumen kann, von Hindernisrennen ganz zu schweigen.

Beide Trainer dominierten dann auch das Fairyhouse-Meeting, die Ryanair Gold Cup Novice Chase (Gr.1, 2m4f) hatte neun Starter von tatsächlich nur diesen beiden Trainern. Eine potentiell mehr als bedenkliche Konzentration, die durchaus Kritiker auf den Plan ruft. Willie Mullins bediente am ersten Meetingstag Trumpf und konnte beide Gr.1 Prüfungen für sich entscheiden; eben besagten Gold Cup mit Al Boum Photo, dessen Sturz in Cheltenhams RSA Chase für die erneute Verletzung Ruby Walshs gesorgt hatte und der hier Elliotts Cheltenham Siegerin Shattered Love besiegte, und das Mares Novice Hurdle Final (2m4f) mit der aus deutschen Wurzeln stammenden Laurina. Die Spanish Moon-Tochter und Alkalde-Enkelin ließ ihrem überlegenen Erfolg von Cheltenham hier einen ebenso eindrucksvollen Sieg folgen. Es mag nicht die stärkste Austragung dieser Prüfung gewesen sein, doch ist Laurina sicherlich die beste junge Stute über Hürden auf beiden Inseln, mit atemberaubendem Springvermögen ausgestattet. Eine Schönheit ist sie nicht, aber „handsome is as handsome does“, wie die Engländer sagen. Und somit ist Laurina wunderschön.

Gordon Elliott musste sich am Sonntag mit einem Sieg in der Gr.2 Underwriting Exchange Novice Hurdle (ebenfalls 2m4f) begnügen, sicher zur Freude seines Sponsors Underwriting, und vor allem zur Freude aller Fans des enigmatischen Pallasator. Kennern sicher noch als großer Steher auf der Flachen, hier von Sir Mark Prescott trainiert, bekannt, wo sich der stattliche Braune aber zunehmend ungebärdig präsentierte, steht der Motivator-Sohn nach wie vor im Besitz von Qatar Racing und seit Anfang der Saison eben im Stall von Elliott. Nach holprigem Beginn mit zwei deutlichen Niederlagen scheint nun der Knoten geplatzt, dies war der erste große Erfolg des Wallachs über Hürden; zuvor hatte er unter Davy Russell bereits ein kleines Maiden-Rennen gewinnen können.

Auch  der Oster-Montag stand zunächst im Zeichen des Willie Mullins, der sich die einleitenden drei Gr.2-Prüfungen des Tages allesamt sichern konnte. Der Getaway-Sohn Getabird, in Cheltenham als einer der Banker des Meetings in der Supreme Novices Hurdle ein unerklärlicher Flop, stellte diese Form mit einem überlegenen Sieg  – zugegeben in schwächerer Gesellschaft – nachdrücklich richtig, dann ließen Couqin Mans in der Strawberry Hurdle (2m4) und vor allem der wunderbare Un de Sceaux in der Devenish Chase (erneut über 2m4f gelaufen) die Kasse weiter klingeln. Die Strawberry Hurdle sah wohlmöglich einen der letzten Auftritte des großen Jezki, Jessica Harringtons ehemaligem Champion Hurdle Sieger. Der nun Zehnjährige hatte zwar zuvor ein kleines Rennen gewinnen können, in höchster Klasse war der Wallach aber in dieser Saison ein jedes Mal in Nöten, in Fairyhouse wurde er früh und vorsorglich von Barry Geraghty angehalten. Ein Platz im „Altersheim“ von Martinstown ist ihm mehr als sicher, eine offizielle Entscheidung ist aber nicht gefallen; er könnte in Punchestown noch einmal an den Start kommen.

Was soll man noch über den bemerkenswerten Un de Sceaux schreiben? Der zehn Jahre alte, französisch gezogene Wallach, ein Sohn des Pampabird-Sohnes Denham Red, der im Übrigen selbst  über Hürden ein gutes Rennpferd war, ist ein absolutes Muster an Beständigkeit und kennt einfach keine schlechten Rennen. Bei 28 Starts 21 (!) Mal siegreich, bezeichnete Mullins den Wallach kürzlich für ein Buchprojekt als eines der schwierigsten Pferde seiner Karriere, da er ein so starker Puller ist, zuhause wie auch auf der Rennbahn. Doch seine große Klasse hilft ihm ein jedes Mal; der abgrundtiefe Boden konnte seinen Enthusiasmus nicht schwächen, auch wenn Jockey Paul Townend und sein mehr als williger Partner sicherlich vom Sturz eines Gegners am letzten Sprung profitierten, auf dem sich Davy Russell einen seltenen Lapsus erlaubte. Zum Glück ging es  für Doctor Phoenix („natürlich“ aus dem Stall von Gordon Elliott) und Reiter aber glimpflich aus. So waren es denn 18 Längen bis zum nächsten Gegner, dem ebenfalls von Elliott trainierten „alten“ Haudegen A Toi Phil.

Unter den herrschenden Bedingungen – konstanter Regen weichte den ohnehin schon aufgewühlten Boden weiter auf – war abzusehen, dass das Grand National ein echter „War of Attrition“ werden würde, ganz sicher hätte die Verantwortlichen einen weniger bedeutenden Renntag schon am Montag gar nicht mehr abgehalten; der Renntag am Dienstag musste dann auch aufgrund des überfluteten Bodens abgesagt werden. Die Prestige-Prüfung wollte man aber auf Biegen und Brechen abhalten, und es waren nicht die schönsten Bilder, die da entstanden, auch wenn allen Recherchen zufolge kein Starter aufgegeben werden musste; doch selbst die Racing Post sprach von einem  „dramatischen Rennen“.

Nur rund 40 Kilometer östlich von Gordon Elliotts Cullentra House Stables gelegen, nutzte dieser auf seiner „Hausbahn“ die Gunst der Stunde und sattelte unglaubliche 13 der 30 Starter, sicher ein Art Rekord. Allein 11 Pferde liefen im Übrigen in den Farben von Michael O´Learys Gigginstown House Stud, von denen wiederum neun von Gordon Elliott trainiert wurden. Und so belohnte das Glück schlussendlich den Tüchtigen – sowohl Elliott, für den es der erste Sieg in dieser Prüfung war,  als auch Gigginstown – wenn auch nicht mit einem der gemeinten Pferde.  „Er war sicher nicht unsere erste Wahl“ bekannte ein atemloser Elliott nach dem mehr als knappen Sieg von General Principle (Jockey JJ Slevin), der genau auf der Ziellinie aus einem vier-Pferde Pulk heraus seinen Kopf in Front streckte, offiziell betrug der Abstand tatsächlich diesen „Kopf“.

Über weite Strecken hatte Willie Mullins Bellshill, mit Startnummer 2 und ohne Erlaubnisreiter das Höchstgewicht, dem Rennen seinen Stempel aufgedrückt, er lief von der Spitze aus ein famoses und vor allem störungsfreies Rennen, während sich hinter ihm das Feld mehr und mehr dezimierte. Doch am letzten Sprung musste der Wallach den Bedingungen Tribut zollen und wurde merklich müde, dadurch sprang er deutlich nach links und behinderte vor allem seine Stallgefährten Arkwrisht (Trainer Joseph O´Brien) und Folsom Blue (Gordon Elliott), die praktisch zum Stillstand kamen und somit jede Chance verloren. Dies machte den Weg frei für weitere Starter, die sich ebenfalls durchgehend im Vordertreffen aufgehalten hatten, nicht, dass man am Ende des Rennens noch irgendeine Rennfarbe deutlich erkennen konnte. Isleofhopendreams (Willie Mullins/Danny Mullins) schien von Bellshills Patzer schon besonders profitiert zu haben und hatte sich bis kurz vor der Linie die Spitze erkämpft, bis er dann wie beschrieben doch noch abgefangen wurde.

Auch auf Platz drei kam mit dem 20-1 Außenseiter (dies zahlte auch der Sieger) Forever Gold (Trainer Edward Cawley) nicht unbedingt ein gemeintes Pferd ein. Bellshill wurde zu allem Übel noch vom vierten Platz disqualifiziert und auf Platz fünf gesetzt, von insgesamt acht Pferden, die ins Ziel kamen (dem amtlichen Endergebnis zufolge wurden 11 Pferde angehalten, fünf fielen, weitere sechs verloren ihren Reiter oder kamen den Sturz eines anderen Pferdes zu Fall). Elliott  stellte neben dem Sieger noch den Viert- und Achtplatzierten, wichtige Euros im Kampf um den Trainertitel.

Catrin Nack

 

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