Drucken Redaktion Startseite

Mullins startet standesgemäß in Aintree

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 412 vom Donnerstag, 07.04.2016

Aintree ruft, und alle kommen. Allen voran in diesem Jahr der irische Trainer Willie Mullins, der als erster Landsmann überhaupt die Chance auf den britischer Titel des Champion-Trainers hat. Dieser wird nach Gewinnsumme ermittelt, von denen das gesamte Grand National Meeting rund 2,9 Millionen Pfund verteilt (davon 1 Million alleine im Grand National), und wenn auch Paul Nicholls in diesem Rennen mit geplanten sechs Startern stark vertreten sein sollte und mit Silviniaco Conti den momentan den zweiten Favoriten des Rennens trainiert, so hat Mullins aktuell Starts einer ganzen Armada seiner Stars geplant.

Schon am Donnerstag ging es gut los, denn mit Annie Power und Apple’s Jade stellte er zwei Sieger in tragenden Rennen. Annie Power kam im Aintree Hurdle zu ihrem fünften Gr. 1-Sieg in Folge, die Shirocco-Stute aus der Anna Paola-Familie canterte als 4:9-Favoritin gegen fünf Konkurrenten, Ruby Walsh im Sattel hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, es war der 15. Erfolg beim 17. Start der außergewöhnlichen Achtjährigen, mit Nichols Canyon (Authorized) stellte Mullins auch den hinter My Tent or Yours (Desert Prince) Drittplatzierten.

Etwas überraschend kam hingegen der Sieg der Saddler Maker-Tochter Apple Jade im Juvenile Hurdle (Gr. 1). Überraschend angesichts der Überlegenheit, denn die bislang noch wenig geprüfte Vierjährige des Gigginstown House Studs verwies unter Brian Cooper den aus dem O’Brien-Stall kommenden Favoriten Ivanovich Gorbatchov (Montjeu) mit 41 Längen Vorsprung auf Rang zwei. Hinter diesem war sie in Cheltenham noch Zweite gewesen. 

Eine populären Sieg gab es durch den von Colin Tizzard trainierten Cue Card (King’s Theatre) in der Betfred Bowl Chase (Gr. 1). Im Cheltenham Gold Cup war der Zehnjährige, Sieger im Dezember in der King George VI Chase, in aussichtsreicher Position zu Fall gekommen. Diesmal hatte Jockey Paddy Brennan auf dem 6:5-Favoriten früh alles im Griff, die Mullins-Schützlinge Don Poli (Poligote) und Djakadam (Saint des Saints) kamen auf die Plätze.

Für die Nicholls-Pferde blieb da erst einmal nur Platzgelder, denn das vierte Gr. 1-Rennen des Tages, die Merseyrail Manifesto Novices‘ Chase, gewann der von dem aufstrebenden Harry Whittington trainierte Arzal (Vendangeur).

 

Aintree weiter im Aufwind

 

Endgültig vorbei sind die Zeiten, in denen Aintree  sich eines verschmähten Anhängsels gleich an das Ende der National Hunt Saison schmiegte und alle Jubeljahre  einmal ein echtes Klassepferd jenseits des Grand National auf dem Rasen zu sehen war.  Neben dem Grand National selber, dessen Profil – und damit die Ratings der startenden Pferde – stetig ansteigt, bieten auch die die zwei vorherigen Tage Hindernissport der Spitzenklasse. Elf Grade 1-Rennen werden im Verlauf des Meetings ausgetragen, dazu sieben weitere Grade 2/3 Rennen, von insgesamt 21 Rennen.

Das Grand National ist dabei natürlich nach wie vor ein Handicap (Grade 3). So groß ist der Andrang für dieses Rennen, dass bei 118 ursprünglich abgegebenen Nennungen auch in diesem Jahr das Starterfeld von 40 Pferden mühelos erreicht wird; mehr noch, im Wettmarkt recht stark beachtete Pferde (z.B. Cause of Causes) oder gar ehemalige Sieger (Pineau de Re) werden es nach letztem Stand der Dinge schwer haben, überhaupt starten zu dürfen.

Das Grand National ist ein sog. „Early Closer“ Rennen, was bedeutet, dass sich die Handicapmarke für dieses Rennen nach Bekanntgabe der Einschätzung (und damit der zu tragenden Gewichte) Mitte Februar nicht mehr verändern. Höchstgewicht mit einem zu tragenden Gewicht von 11-10 (ca. 75kg)  ist Many Clouds, der im Vorjahr 11-09 zu einem beeindruckenden Sieg schulterte und mit sehr guten Chancen ein durchaus historisch zu nennendes Doppel in Angriff nimmt: seit dem legendären Red Rum hat es keinen Doppelsieger mehr gegeben,  mehr noch, der bereits erwähnte Pineau de Re war seit mehr 10 Jahren das erste Pferd, welchen nach seinem Triumph im National überhaupt irgendein Sieg (in einer Handicap Hurdle in Carlisle rund 1,5 Jahre später) gelang. 

Natürlich liegt es im Erstreben eines jeden Trainers, die Handicap-Marke seines (oder seiner) Pferde bis eben Mitte Februar „zu schützen“,  um mit einem möglichst niedrigen Gewicht die Mammutaufgabe anzugehen; Starts in Hürdenrennen sind darum keine Seltenheit, dasdiese ein gesondertes Rating haben. Das Mindestrating des Grand National liegt ausschreibungsgemäß bei 120, mit einer Marke von 145 wäre die momentane Nr. 40 der Starterliste, The Romford Pele aus dem Stall von Rebecca Curtis das höchsteingeschätzte „schlechteste“ Pferde,  das jemals den Abschluss des Feldes bildete. Nach  heftigen Regenfällen ist das Geläuf mit „weich“ angeben, mit weiteren Schauern in der Region sollte sich dies bis Samstag nicht grundlegend ändern.

Freitag vor dem Grand National ist traditionell Ladys Day. Aintree´s Finest putzen sich heraus „dolled up to the nines“, wie man in Nord-England sagt, in engen und engeren und kurzen und kürzeren Kleidern. Das ist manchmal eine Augenweide, manchmal skurril, aber immer ein Spektakel abseits des Rasens; vor allem, wenn am Ende des Tages das Crabbies oder ein anderes alkoholisches Getränk seine Wirkung tut. Nicht wenige Insider mutmaßen, dass diese Szenen allein der Grund für die nun so strengen Regeln sind, welche dem Zuschauer schon das Mitbringen einer Spiegelreflex-Kamera rigoros verbieten. Die Menschen kommen eben nicht nur wegen der Pferderennen auf die Bahn, sondern möchten vor allem ein paar unbeschwerte Stunden in Party-Atmosphäre genießen. Das man dabei auch Wetten kann, umso besser. 

Catrin Nack

Verwandte Artikel:

Block: Adsense 728 x 90
Google AdSense 728x90