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Die Mullins-Festspiele

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 516 vom Freitag, 04.05.2018

Sollte sich die Rennbahn Punchestown entscheiden, ihren Namen zu ändern, wäre nach der jüngsten Austragung des Festivals der Name “Mullinstown” sicher angebracht. Mit unglaublichen 18(!) Siegen schloss der Star-Trainer – und selbstredend neue und alte Champion der Hindernistrainer in Irland - das Meeting ab. Nachdem der Stall von Gordon Elliott in den ersten Tagen noch ernsthaften Widerstand geleistet hatte, kam zum Unglück noch Pech hinzu; nach dem dramatischen Sturz von Samcro in der freitäglichen Champion Hurdle (Gr.1, 2m) – Elliotts Nachwuchs-Star war hier zum ersten Mal auf gestandene Hurdler getroffen und kam zusammen mit Willie Mullins Melon am drittletzten Sprung zu Fall – waren die Titelträume, die Elliot zu Beginn des Festivals sicher gehegt hatte, endgültig begraben.

Die Champion Hurdle war  eines der wenigen Gr.1 Rennen, die sich dem Griff Mullins´ entziehen konnte: nach dem erwähnten Sturz seines Hauptstarters Melon konnte sich hier der von Jessica Harringtons für Alan & Ann Potts Ldt. trainierte Supasundae durchsetzen. Keine Stunde später ein letztes Aufbäumen von Team Elliott, als Dortmund Park die ebenfalls zur Gr.1 zählende Champion Novice Hurdle (2m4f) als 170:10 Außenseiter gewinnen konnte. Elliotts „erste“ Farbe, der als Favorit gestartete Ex-Flach-Gruppesieger Pallasator, konnte die in ihn gesetzten Erwartungen hier leider nicht erfüllen. Erneut ein Rennen voller Drama, als Debuchet,  ironischer Weise trainiert von Margaret Mullins, der Ex-Schwägerin Willies, am vorletzten Sprung zu Fall kam. Dabei geriet er so unglücklich unter einen Fangzaun, dass sich die obere Latte der Rails löste und zwei von Willie trainierte Pferde, darunter den Favoriten Getabird, so stark behinderte, dass beide nur knapp einem Sturz entgingen und kurz darauf angehalten werden mussten.   

Danach schien insgesamt die Luft Elliot wortwörtlich die Luft auszugehen, es gab einfach kein Ankommen gegen die konzentrierte Attacke aus Mullins Closutton-Quartier: 117 Starter, besagte 18 Sieger, davon neun Gruppe 1 –Sieger; vor den fünf Punchestown-Tagen lag Elliot rund 520.000€ in Front, nach dem Meeting führte Mullins mit über 800.000€. Tatsächlich wäre Mullins auch dann Zweiter in der irischen Statistik geworden, wenn er nur über diese fünf Tage seine Starter ausgesandt hätte.

Am letzten Tag des Meetings schlug Mullins weiter unbarmherzig zu – beide Gruppe 1 Rennen wurden seine Beute: das Stutenrennen, die Annie Power Mares Champion Hurdle (2m4f) gewann passenderweise Benie des Dieux eben in den Annie Power von Rich Ricci (hier wurde Elliotts Star-Stute Apple´s Jade sehr klar in ihre Schranken verwiesen);  die anschließende 4-Year-Old Hurdle (Gr.1, 2m), sozusagen die Triumph Hurdle von Punchestown, gewann dann der deutsch gezogene Saldier, dessen Abstammung an anderer Stelle kurz  umrissen wird und auf dem Robbie Power einen seltenen Ritt für diesen Stall ausgeführt hatte. Foodpad und vor allem der unverwüstliche Faugheen hatten bereits am späten Donnerstag Abend die Rennbahn in Entzücken versetzt.

Foodpad ist Klasse Pur, ihm kann kein Nachwuchs-Chaser über zwei Meilen das Wasser reichen; bei Faugheen  werden nun auch hartgesottene Rennbahnbesucher sentimental. „Er hatte nicht so gut gearbeitet, da meinte Willie, wir sollten lieber über drei Meilen laufen“ bekannte ein atemloser Rich Ricci, der sich nach dem Erfolg des nunmehr 10jährigen Germany-Sohns,  der eigentlich als 2-Meilen-Spezialist galt (und über diese Distanz vor nun auch schon drei Jahren die Champion Hurdle in Cheltenham gewonnen hatte) die Tränen aus den Augen wischte. Einst als „Faugheen the machine“ bekannt, war der Wallach über einen langen Zeitraum schier unbezwingbar, Ende 2017 schien ihn das Alter einzuholen. Nun die triumphale Rückkehr auf die berühmte Siegerstraße, nach einem „catch-me-if-you-can“–Ritt des jungen David Mullins von der Spitze aus.

„Für mich ist er einfach das beste Rennpferd der Welt, ich habe ihn früher im Fernsehen bewundert und war so stolz, wenn ich ihn in der Morgenarbeit reiten durfte. Mit ihm hier zu siegen, ist einfach unglaublich",  zeigte sich auch der sonst so coole Mullins mehr als emotional. Es war ganz einfach eine Sternstunde des Rennsports. Inzwischen wurde bekannt, dass dem Wallach kurz nach seinem Triumph eine Wucherung in der Lendengegend entfernt werden musste. „Wir dachten, es wäre ein Muskelproblem, aber Untersuchungen haben eine orangen-große Wucherung gefunden, die wohlmöglichschon einige Zeit da ist, und seine wechselhafte Form in dieser Saison erklärt. Wir hatten Pläne, aber die sind nun natürlich hinfällig. Er wurde bereits erfolgreich operiert und kann sich über den Sommer erholen. Wir hoffen, dass er in der nächsten Saison so gut wie eh und je zurückkommen wird.“

Unglaubliche 11.127.027€ gewannen nur die beiden Top-Trainer im Titelkamp der Saison 2017-18, im Jahr 2013-14 hatten die Top Zwei keine 5 Millionen Euro eingaloppiert. Es ist schon beachtlich, wie das kleine Euro-Land Irland dieses Volumen, das sich ja nur auf den Hindernissport bezieht, stemmen kann, von den zahlungskräftigen Besitzern, die besonders ein Michael O´Leary immer wieder hervorhebt, einmal ganz zu schweigen. Während Elliott vor allem von O´Learys Gigginstown Stud „lebt“ und dieser die  Mehrzahl seiner Sieger stellt, kamen Mullin´ Sieger erstaunlicherweise für 13 unterschiedliche Besitzer zustande; es wären gar 14 gewesen, hätte Paul Townend mit Al Boum Photo  nicht den vielbesprochenen Aussetzer gehaben und Sieg Nr. 19 eingeritten.

„Der Hindernissport erlebt goldene Zeiten“ bekannten O`Leary und Fernseh-Experte Ted Walsh unisono. „Hier in Irland ist alles viel besser als in England, und ich bin ganz sicher, dass es noch lange so bleiben wird.“  O´Leary ließ zudem erkennen, dass er die „Niederlage“ Elliotts im Titelkampf durchaus persönlich nimmt. „Jeder macht Fehler, und wir werden davon lernen [auch wenn er nicht ausführte, welche Fehler genau gemacht wurden]. Wir brauchen einfach noch mehr und noch bessere Pferde und werden Mullins auch im nächsten Jahr das Leben schwer machen. Auch der Rennsport profitiert, wenn nicht nur ein Trainer ständig alles gewinnt."

Champion-Jockey wurde, zum dritten Mal in seiner Laufbahn, David Niall „Davy“ Russell, nach einer Saison, in der er 119 Sieger ritt, die mehr als 2,6 Mio € an Preisgeld eingaloppierten; viele seiner Ritte kommen inzwischen aus dem Quartier von eben Gordon Elliott, für den er 77 Sieger ritt.

Englands Hindernis-Champions werden traditionell in Sandown gekürt. Früher war dies ein Renntag mit einer bunten Mischung auf Flach- und Hindernisrennen, heute ist es ein zweitägiges „Meeting“, der Samstag allein dem National Hunt vorenthalten.  Ein Grade1 –Rennen und drei weitere Gr. Rennen standen auf der Karte, viele der Hauptprotagonisten wurden lediglich in einer Parade vorgeführt.  Top Notch (Trainer: Nicky Henderson, Jockey Daryl Jacob) und natürlich Altior waren die Hauptnamen der aktiven Pferde;  Top Notch hatte das Cheltenham Festival kurzfristig auslassen müssen und setzte nun einen schönen Schlusspunkt in der zur Gr.2 zählenden Oaksey Chase (2m6 1/2f).

Altior ist nicht nur der absolute Star in Nicky Hendersons Stall, sondern der gesamten englischen Hindernisszene, sein Start natürlich das absolute Highlight des Tages. Er hatte wenig Mühe, die Celebration Chase über knappe zwei Meilen für sich zu entscheiden;  das Rennen wurde überschattet vom tödlichen Sturz des taltentierten Ar Mad aus dem Stall von Gary Moore, bei  dem sich auch Jockey Josh Moore schwerer verletzte. Ein herber Verlust für das relativ kleine Quartier Moores, der erst 8jährige Wallach war bereits Gr.1 Sieger und hatte fast 100,00 Pfund an Preisgeld eingaloppiert. Champion Trainer wurde – nichts anderes stand schon lange fest – Nicky Henderson, rund 3,5  Millionen Pfund galoppierten seine Schützlinge in der vergangenen Saison sein, standesgemäß stellte er am vergangenen Samstag vier Sieger. Paul Nicholls war  mit rund 2,5 Mio. Pfund sein nächster Verfolger, klarer kann man das unterschiedliche Preisgeld-Niveau zwischen Irland und England kaum darstellen. Champion der Hindernisjockeys wurde erneut Richard Johnson, nun zum dritten Mal in Folge. Nach 17 Jahren im Schatten von AP McCoy sicherlich eine hart erarbeitete Auszeichnung. Erfolgreichster Besitzer (JP McManus) und Hindernispferd des Jahres in England (Tiger Roll) waren somit irisch, mehr Salz in den Wunden der britischen Offiziellen.

Catrin Nack

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