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Jozef Bojko im Porträt: "Mein Sohn findet meinen Beruf doof!"

Der größte Erfolg in der Karriere - Jozef Bojko und Waldpark nach dem Sieg im 142. Deutschen Derby. www.galoppfoto.de

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 202 vom Donnerstag, 16.02.2012

In der neuen Serie "Porträts" stellt Turf-Times in ausführlichen Geschichten und einem Fragebogen die "Top Ten 2011" bei den Jockeys und Trainern vor. Dabei geht es nicht immer chronologisch zu: Jubiläen, Karriere-Bilanzen und persönliche Zeitfenster bestimmen den Rhythmus mit. Bisher erschienen sind bei den Jockeys: Filip Minarik | Alexander Pietsch | Kirsten Schmitt | bei den Trainern: Andreas Wöhler | Sascha Smrcek. Für den aktuellen Protagonisten, Jozef Bojko, war das Jahr 2011 das erfolgreichste der bisherigen Karriere. Geprägt durch den Derbysieg durch Waldpark, dazu der Sieg im Preis der Winterkönigin mit Monami .

von Karina Strübbe

Zufälle können das ganze Leben prägen, oft im entscheidenden Moment unbewusst, aber in der Rückschau umso deutlicher. Als er als Kind mit seinen Eltern aus der Innenstadt Bratislavas in ein Neubaugebiet am Standrand zog, war Jozef Bojko wohl kaum bewusst, dass sich dieses in dieser Art und Weise auf seinen Lebensweg auswirken würde. Das Siedlungsgebiet war unweit der Rennbahn, nur 150 Meter entfernt. Für Jozef Bojko, dessen Familie mit Pferden vorher nichts zu tun hatte, offenbar ein entscheidender Moment, denn die Rennbahn übte große Faszination aus: „Als Kinder haben wir da gespielt und Pferderennen gesehen. Ich wollte das sofort machen.“ So kam Jozef Bojko relativ leicht zum Ponyreiten, denn in der Slowakei gab es viele Angebote für Kinder, erzählt Jozef Bojko: „Ich bin da einfach hingegangen und der Staat hat damals alles unterstützt, also die Kommunisten haben viel für die Kinder gemacht. Und da gab es den staatlichen Ponyclub, wo es etwa 20 bis 25 Ponys und zwei Trainer für die Kinder gab. Und da durften wir reiten. Wir haben Ponyrennen gemacht und danach habe ich mich dann entschlossen, das weiter zu machen.“

15 Jahre lang war Jozef Bojko Jockey bei Hubertus Fanelsa, der gratulierte  nach dem Derbysieg mit Waldpark als einer der ersten - sichtlich gerührt. www.galoppfoto.de: undefined15 Jahre lang war Jozef Bojko Jockey bei Hubertus Fanelsa, der gratulierte nach dem Derbysieg mit Waldpark als einer der ersten - sichtlich gerührt. www.galoppfoto.de: undefinedDie Ausbildung machte Jozef Bojko noch in der Slowakei, bevor es 1990 nach Deutschland ging. Zunächst in Berlin und Gotha, ging es anschließend nach Bremen zu Hubertus Fanelsa – eine Verbindung, die 15 Jahre Bestand hatte. „Man macht viele Entwicklungen durch, bei jedem Trainer. Bei Hubertus Fanelsa waren es schöne Jahre, aber er hat nie die Pferde gehabt, was jetzt bei Andreas Wöhler natürlich viel besser ist.“

Jozef Bojko mit Freundin Annett Keller und den gemeinsamen Kindern Ruby Luise (links) und Lewin Bobby: "Irgendwann wird auch noch geheiratet!" www.galoppfoto.deJozef Bojko mit Freundin Annett Keller und den gemeinsamen Kindern Ruby Luise (links) und Lewin Bobby: "Irgendwann wird auch noch geheiratet!" www.galoppfoto.deJozef Bojko aus der Sicht eines (befreundeten) Karrikaturisten: Zeichnung Miro CartoonsJozef Bojko aus der Sicht eines (befreundeten) Karrikaturisten: Zeichnung Miro Cartoons„Mein Sohn Bobby Lewin wird bestimmt kein Jockey. Der sagt schon jetzt ,Papa, du hast einen ganz doofen Beruf. Dass der Jockeyberuf einige Entbehrungen mit sich bringt, ist klar. Doch ganz so schlecht, wie der Beruf des Vaters beim Nachwuchs ankommt, ist es sicherlich nicht immer. Denn gerade 2011 war ein gutes Jahr für Jozef Bojko, die Siege mit  Monami in der  Winterkönigin und vor allem natürlich der  Derbysieg mit  Waldpark. Dieser Sieg markierte gleichzeitig natürlich den größten Erfolg seiner Karriere: „Ich habe mir schon gute Chancen ausgerechnet. Es wäre natürlich falsch zu sagen, ich hätte mit dem Sieg gerechnet. Mit dem Sieg in einem solchen Rennen rechnet man nie, aber ich habe mir vor dem Rennen gedacht, dass Platz eins bis sechs drin sein müsste.“ Nach einem solchen Erfolg wie einem Sieg im Derby, wovon wohl jeder Jockey träumt, bleiben auch nicht mehr viele Wünsche offen, welche Rennen man gern gewinnen oder welche Pferde reiten möchte. Man hat immer so Pferde, die man gerne mal reiten würde. Wenn es zum Beispiel in einer Saison ein besonderes Pferd gibt, wo man denkt ,Wow, den würde ich auch gern mal reiten. Aber da gibt’s viele, das nicht ein bestimmtes. Aber schließlich habe ich die besten Pferde letztes Jahr selbst geritten.“

Der zweite große Treffer für Jozef Bojko in 2011: mit Monami im  Preis der Winterkoenigin. www.galoppfoto.deDer zweite große Treffer für Jozef Bojko in 2011: mit Monami im Preis der Winterkoenigin. www.galoppfoto.de

Wünsche sind da kaum noch offen. „In Gütersloh bleiben zu können, gesund bleiben und dass die Frau es mit mir aushält“, sind da die recht bescheidenen Ziele für das noch junge Jahr 2012. Gut begonnen hat das Jahr für Jozef Bojko jedenfalls schon einmal. Vier Siege stehen bereits auf der Haben-Seite und das, obwohl Jozef Bojko nun erst einmal Urlaub macht, bevor es dann richtig losgeht mit der neuen Saison.

Jozef Bojko mit Monsieur de Frappe in Halle/Saale. www.galoppfoto.Jozef Bojko mit Monsieur de Frappe in Halle/Saale. www.galoppfoto.Der Fragebogen mit Jozef Bojko
Geboren:27.03.1971
Jockey seit:„Ich bin in den 80ern angefangen, Jockey bin ich ungefähr seit 1990.“
Stall:

2. Stalljockey bei Andreas Wöhler

Ausbildung (zum/von wann bis wann/bei wem):„Ich habe in der Slowakei angefangen. In Prag habe ich auch die Ausbildung gemacht und zwar in einer speziellen Jockeyschule. Die gibt es übrigens auch heute noch.“

Was ist Ihr niedrigstes Reitgewicht und was müssen Sie dafür tun?

„Im Sommer reite ich 51,5 Kilo. Was man dafür tun muss, ist unterschiedlich. Man muss für 54 Kilo im Winter genauso viel tun wie für 51,5 Kilo im Sommer.“
1. Sieg als Jockey:„Das war 1986 in Prag mit London.“
Anzahl Siege:894 (Stand: 06.02.2012)

Was war Ihr bester Ritt?

 Altano in Mailand war mein bester Ritt, würde ich sagen.“

Größte Erfolge als Jockey:

„Das war natürlich mit Waldpark i m Derby. Ich habe mir schon gute Chancen ausgerechnet. Es wäre natürlich falsch zu sagen, ich hätte mit dem Sieg gerechnet. Mit dem Sieg in einem solchen Rennen rechnet man nie, aber ich habe mir vor dem Rennen gedacht, dass Platz eins bis sechs drin sein müsste. Insgesamt habe ich meine größten Erfolge in den letzten fünf Jahren bei Andreas Wöhler gefeiert.“

Der Derbysieger 2011 - Gestüt Ravensbergs Waldpark mit Jozef Bojko im Sattel und Trainer Andreas Wöhler am Zügel. www.galoppfotoDer Derbysieger 2011 - Gestüt Ravensbergs Waldpark mit Jozef Bojko im Sattel und Trainer Andreas Wöhler am Zügel. www.galoppfoto

Nach Stalljockeyrechnung hatten sie ja theoretisch „nur“ das zweitbeste Pferd, rechnet man dann mit so was?

„Das kann man so nicht sagen. Wir haben in größeren Rennen meist mehrere Pferde und der Stalljockey kann sich nicht zweiteilen kann. Er muss sich ein Pferd entscheiden, wobei die Entscheidung nicht immer richtig sein muss. Von daher würde ich sagen sind die Chancen 50-50.“

Was war Ihr schönster Sieg?

„Da gibt es viele, bei denen man sich besonders freut, das können auch Ausgleich IV-Pferde sein, wo man sagt, das war ein super Ritt. Andererseits gibt es auch viele Ritte, wofür man sich hinterher schämt. Wo ich mich besonders gefreut habe über einen gelungen Ritt war zum Beispiel letztes Jahr mit  Sprite Rock in Krefeld, das war so ein Rennen, das mir richtig Spaß gemacht hat. Sehr geschämt habe ich mich für den Ritt auf Ever Strong in München im Auktionsrennen. Das war ein Rennen, wo ich mich hinterher am liebsten versteckt hätte.“

Stationen in Deutschland

Jozef Bojko noch am Anfang der Jockey-Karriere in Deutschland: 1993 gewinnt er mit  Black Jack Silver den BMW Sachsenpreis. Links der damalige Praesident Christoph Winkler.  www.galoppfoto.deJozef Bojko noch am Anfang der Jockey-Karriere in Deutschland: 1993 gewinnt er mit Black Jack Silver den BMW Sachsenpreis. Links der damalige Praesident Christoph Winkler. www.galoppfoto.de„In Deutschland habe ich bei  Wilfried Schütz in Berlin angefangen. Da war ich ein Jahr lang. Danach bin ich zu Freddy Boswell nach Gotha gegangen, auch ein Jahr. Anschließend war ich noch einmal ein halbes Jahr in Berlin bei  Martin Rölke und dann zehn Jahre in Bremen bei Hubertus Fanelsa. Das waren schöne Jahre.“

Warum sind Sie gerade nach Deutschland gegangen?„Hier war Rennsport groß geschrieben, hatte mehr Bedeutung. Und 1990 bin ich dann rübergekommen.“

Wer hat Sie im Rennsport gefördert? Herr Fanelsa vielleicht?

„Man macht viele Entwicklungen durch, bei jedem Trainer. Bei Hubertus Fanelsa waren es schöne Jahre, aber er hat nie DIE Pferde gehabt, was jetzt bei Andreas Wöhler natürlich viel besser ist.

Haben Sie ein Lieblingspferd? Welches und warum?

Jozef Bojko auf seinem Liebling Russian Tango im Führring wenige Minuten vor dem Derby 2010. Foto Karina StrübbeJozef Bojko auf seinem Liebling Russian Tango im Führring wenige Minuten vor dem Derby 2010. Foto Karina Strübbe„Mein absolutes Lieblingspferd war  Neon Light und jetzt ist es  Russian Tango. Das sind Pferde, auf die ich stehe. Warum kann ich nicht sagen, ich mag. Ich mag Waldpark, weil ich den natürlich mit dem Derby verbinde, aber auch Neon Light mochte ich schon von Vornherein.“

Worin liegt für Sie der Reiz Ihres Berufes?

„Das Arbeiten mit Pferden generell und das Rennen reiten natürlich besonders.“

Welche ist Ihre Lieblingsbahn und warum?„Hamburg macht schon Spaß. Warum kann ich gar nicht sagen, aber es ist schon Hamburg.“
Was gefällt Ihnen gut am deutschen Rennsport?„Dass es nicht schlechter wird.“
Was wünschen Sie sich besser im deutschen Galopprennsport?„Ich würde mir wünschen, dass mehr Geld eingesetzt wird, gerade bei Wetten, was man dann an den Umsätzen sehen würde. Das würde uns allen helfen.“

Was ist Ihr Lieblingsessen?

„Kit Kat und Red Bull.“
Können Sie das oft essen?„Jeden Tag einmal.“
Reiten Sie durch?„Nein, ich mache noch Urlaub.“
Wo geht es hin?

„Ich weiß noch nicht, erst einmal ein bisschen zu Hause ausschlafen, das ist wichtig.“

Wie sieht ein typischer Tag aus?„Aufstehen, arbeiten. Montagnachmittags ist immer Erholung angesagt. Einen speziellen freien Tag gibt es nicht.“
Was sind Ihre Ziele/Wünsche für 2012?„In Gütersloh bleiben zu können, gesund bleiben, dass die Frau es mit mir aushält.“
Haben Sie und Annet Keller eigentlich mittlerweile geheiratet? Nach dem Derbysieg haben Sie ja davon gesprochen.„Wir haben das Geld für Urlaub ausgegeben. Aber heiraten wollen wir noch, irgendwann.“
Haben Sie nicht pferdische Hobbys?„Wenn ich Zeit hab, spiele ich gern Computerspiele.“
Haben Sie einen Aberglauben?„Nein, habe ich nicht.“
Nach der Karriere?„Ich denke nicht gern darüber nach, es macht mir ein bisschen Angst. Ich weiß es nicht, keine Ahnung.“
Wie motiviert man sich für Ihren Beruf, wenn man im Februar bei 1 Grad und eisigem Regen in der Morgenarbeit reiten muss?„Augen zu und durch. Bei schönem Wetter macht es natürlich mehr Spaß, aber das hat man eben nicht immer, man gewöhnt sich dran.“
Rennsport in der Slowakei„Der Rennsport ist sehr klein, aber er hat mehr Öffentlichkeit als hier in Deutschland, ist anerkannter. Die Gewinner der Rennen kommen zum Beispiel jeden Montag im Fernsehen, das ist schon anders. Die Trainer und die Reiter sind bekannter.“
Merkt man das am Besuch auf der Bahn?„Naja, in der Slowakei ist ähnlich wie in Deutschland alles schwieriger geworden und das Interesse generell gesunken.“
Steckt der dortige Rennsport auch in der Krise?„Ja, das sieht überall nicht gut aus, ob das Slowakei ist, Österreich, Ungarn oder Spanien, überall ist es schwieriger geworden.“
Wenn die Kinder mal selbst Jockey werden wollen?„Mein Sohn Bobby Lewin, jetzt fast 6, wird bestimmt kein Jockey. Der sagt schon jetzt „Papa, du hast einen ganz doofen Beruf.“ Und meine Tochter Ruby  (4) will wohl reiten, glaube ich, aber nicht Rennen. Aber wenn sie wollen, dürfen sie das natürlich machen.“

 

 

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