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Gestüt Zoppenbroich: Abschied auf Raten

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 239 vom Donnerstag, 01.11.2012

Zoppenbroicher Stars (v.l.n.r.): Kaiserstuhl , Kurt Bresges mit dem 1. Zoppenbroicher Derbysieger, Athenagoras. www.gestuet-zoppenbroich.deZoppenbroicher Stars (v.l.n.r.): Kaiserstuhl , Kurt Bresges mit dem 1. Zoppenbroicher Derbysieger, Athenagoras. www.gestuet-zoppenbroich.de

Alexandra Bresges-Jung, Gestüt Zoppenbroich. www.dequia.deAlexandra Bresges-Jung, Gestüt Zoppenbroich. www.dequia.deDer Name wird bleiben. Und mit Autriche und Konstanz auch zwei Mutterstuten aus den alten Linien des Gestüts Zoppenbroich. „Natürlich auch der Züchterprämie wegen“, sagt Gestütsleiterin Alexandra Bresges-Jung, „aber sonst haben wir alle Pferde verkauft.“ Dazu kommt noch Königstochter, Listensiegerin im Berberis-Rennen, die an das Gestüt Etzean verpachtet worden und derzeit tragend von Sholokhov ist und das einzige Zoppenbroicher Fohlen dieses Jahrgangs, eine Stute von Lando, zur Welt gebracht hat. 

Diese Nachrichten kommen nicht überraschend, schon vor Jahresfrist wurde bekanntgegeben, dass kein Pferd mehr in den berühmten blau-weißen Farben laufen würde und die Mutterstutenherde massiv reduziert werden müsse: Klick! Nun hat sich auch die Hoffnung zerschlagen, das Gestüt Zoppenbroich zumindest als Pensionsgestüt aufrechtzuerhalten.

„Ich haben in den letzten Wochen und Monate alle Pensionäre darüber informiert, dass wir den Aufzuchtbetrieb aufgeben. Die Gründe sind natürlich primär finanzielle, die auch der allgemeinen Lage im deutschen Galopprennsport geschuldet sind. Die seit Jahren sinkenden Rennpreise, der zunehmend weg brechende deutsche Käufermarkt. „Ich habe in Baden-Baden viele Züchter mit tiefen Sorgenfalten gesehen“, so Bresges-Jung, „das hat mich in meinem Schritt bestätigt, jetzt den Schnitt zu machen.“

Peter Alafi 1979 mit dem Triple-Crown-Sieger Königsstuhl mit Trainer Sven von Mitzlaff und Alexandra Bresges-Jung: www.gestuet-zoppenbroich.dePeter Alafi 1979 mit dem Triple-Crown-Sieger Königsstuhl mit Trainer Sven von Mitzlaff und Alexandra Bresges-Jung: www.gestuet-zoppenbroich.deEine schwere Entscheidung, denn das Gestüt Zoppenbroich hat eine lange Tradition. Die Schwestern Alexandra Bresges-Jung, Astrid Bresges und Anne-Claire Bresges, die das Gestüt seit 1985 als Erbengemeinschaft führen, wurden hier groß mit Pferden wie Athenagoras, Königsstuhl, Orofino und Ordos, allesamt Derbysieger in einer Zeit, in der Zoppenbroich eine der erfolgreichsten Zuchtstätten in Deutschland war. 1923 hatte ihr Großvater Walther Bresges das Gestüt gegründet, das später von ihrem Vater Kurt Bresges zu den ersten ganz großen Erfolgen geführt wurde, den ersten Derbysieger, Athenagoras 1973 hat er noch selbst miterlebt, den großen Königsstuhl, den einzige deutschen Triple Crown-Sieger, noch als Fohlen und Jährling begleitet, doch 1977 starb Kurt Bresges.

Astrid und Hela Bresges mit Derbysieger Ordos 1983. www.gestuet-zoppenbroich.deAstrid und Hela Bresges mit Derbysieger Ordos 1983. www.gestuet-zoppenbroich.de Seiner Frau Hela kam unerwartet die Rolle der Gestüts-Chefin zu. Auf Wunsch ihres Mannes führte sie das Gestüt weiter, um es 1985 an ihre Töchter weiterzugeben. In ihre Zeit der Gestütsleitung fallen die vielleicht erfolgreichsten Jahre des Gestüts Zoppenbroich: mit drei Derby-Siegern in fünf Jahren, dazu noch einer Reihe weiterer Klasse-Pferde prägte das Gestüt in den 80er Jahren den Deutschen Rennsport. Mehr unter Tradition auf der Webseite des Gestüts Zoppenbroich.

Zoppenbroicher Stars, Teil II: Königsstuhl, Orofino, Ordos. www.gestuet-zoppenbroich.deZoppenbroicher Stars, Teil II: Königsstuhl, Orofino, Ordos. www.gestuet-zoppenbroich.de

Aber die Zeiten haben sich geändert. „Wir mussten in den letzten Jahren immer defensiv agieren“, blickt Bresges-Jung zurück, „und das in einem Markt, der immer internationaler wird.“ Bestes Beispiel dafür war der Verkauf der Shamardal-Stute Azeville (aus einem Foal-Sharing) für €20.000 an Gerard Decocq bei der Auktion von Arqana, „damals habe ich mich nicht getraut dagegen zu halten, obwohl ich mir bei einem Shamardal-Fohlen aus einer gruppeplatzierten Listensiegerin natürlich mehr erhofft hatte“, so Bresges-Jung, „aber dann denkt man daran, was so einem Fohlen noch alles auf der Koppel passieren kann und wie weit der Weg noch bis zum Rennpferd ist, und gibt sich damit zufrieden, dass man die Kosten wieder raus hat und ein kleiner Gewinn bleibt“. Ein Jahr später machte dann der neue Besitzer Kasse, verkaufte Azeville bei der Arqana-Jährlingsauktion für €120.000 weiter an Sylvain Vidal, seitdem hat die jetzt 3-jährige Azeville immerhin drei Siege und ein Listenplatzierung geschafft. Für das Gestüt Zoppenbroich dagegen gibt es für die Erfolge in Frankreich noch nicht mal eine Züchterprämie.

Auch bei den deutschen Auktionen der letzten Jahre gaben die Zoppenbroicher Zahlen wenig Anlass zur optimistischen Zukunftsplanung, bis ausgerechnet bei der diesjährigen Jährlings-Auktion die züchterische Arbeit auch belohnt wurde. Dazu hieß es in der Auktions-Nachlese von Turf-Times: „Ihre Gefühle nicht verbergen konnte Alexandra Bresges-Jung vom Gestüt Zoppenbroich nach dem Verkauf einer Soldier of Fortune-Stute aus der Autriche. Bei 125.000 € fiel der Hammer, den Zuschlag bekam Trainer Wido Neuroth mit dem Agenten Peter Doyle an seiner Seite. Die elegante Stute, eine Schwester zum exzellenten Steher Askar Tau (Montjeu) aus dem ersten Jahrgang des Vaters, hatte Zoppenbroich über Philipp von Stauffenberg vorstellen lassen, der offensichtlich eine hervorragende Arbeit geleistet hat. Für Zoppenbroich, das keine einfachen Zeiten durchlebt, war es einer der besten Verkäufe der letzten Jahre.“

Zu diesem Zeitpunkt aber, so Bresges-Jung heute, war die Entscheidung, das Gestüt aufzugeben, schon gefallen. „Das kam einfach zu spät. So etwas überlegt man sich ja nicht von heute auf morgen, das war ein langer Prozess, wobei es natürlich eine Rolle spielt, dass es in einer Erbengemeinschaft unterschiedliche Motivationen und Interessen gibt“, räumt Bresges-Jung ein. Am Ende zählen die nackten Zahlen. Als Optionen stehen jetzt eine Verpachtung und sogar der Verkauf des ganzen Gestüts im Raum, aber in heutigen Zeiten einen finanzstarken, seriösen Interessenten für so ein Objekt zu finden, sei, so die Aussage, „sehr, sehr schwierig.“

Thomas Grote bleibt dem Gestüt Zoppenbroich erhalten. www.dequia.deThomas Grote bleibt dem Gestüt Zoppenbroich erhalten. www.dequia.deAber es hat sich eine Lösung gefunden, „mit der sich das Gestüt trägt und wir in Ruhe abwarten können“, so Bresges-Jung. Denn der langjährige Gestütsmeister Thomas Grote bleibt in Zoppenbroich wohnen, „das war die Voraussetzung dafür, dass wir doch noch eine kleine Herde dort halten können“, freut sich Bresges-Jung. Denn schließlich gebe es noch ein paar Rentnerpferde,  die ehemaligen Zoppenbroicher Mutterstuten Tosca Rhea und Nobel Princess, 26 und 28 Jahre, alt, „die schlachten wir ja nicht einfach und die jetzt woanders hinzugeben, wäre unlogisch, das kostet ja genauso.“ Dazu kommen die beiden Mutterstuten. Autriche ist tragend von Sholokhov und Konstanz erwartet Nachwuchs von Liang Kay, dem Deckhengst im Besitz von Ina Emma Zimmermann, der im vergangenen Jahr bei seinem Start in Zoppenbroich gerade mal ein halbes Dutzend Stuten gedeckt hat und nun nach Erftmühle gewechselt ist. Dazu kommen noch vier Pensionsstuten, die nicht mehr gedeckt werden. „Die bleiben alle in einer Herde zusammen“, heißt es, „die Pferde sind die meiste Zeit draußen und sie in den Wintermonaten in den Stall zu bringen, das schafft Thomas Grote auch alleine.“

Der Himmel über Zoppenbroich bleibt blau-weiß. www.gestuet-zoppenbroich.deDer Himmel über Zoppenbroich bleibt blau-weiß. www.gestuet-zoppenbroich.de

Ein Großteil des Gestüts ist schon abgegeben zur Nutzung an einen Reitstall, der dort das Heu macht. Zudem sind 25 Rinder eingezogen, die in Zoppenbroich weiden. „Das macht Sinn, wenn da ein paar Jahre keine Pferde drauf laufen“, so Bresges-Jung, „das ist für die Koppeln nur gut.“ So bleibe ein funktionierendes Gestüt erhalten, falls sich doch ein Käufer finden sollte. Ansonsten denke man über eine Nutzung in vielerlei Richtung nach. Vor allem die leeren Stallungen sollten nicht ungenutzt bleiben, Ideen wie eine Pre-Trainingsanlage stehen im Raum aber auch über das Thema „Therapeutisches Reiten für behinderte Menschen“ wird nachgedacht.
„Wir haben das in dritter Generation unter zuletzt schwierigen Bedingungen jetzt fast 30 Jahre lang geschafft“, heißt nicht ohne Traurigkeit, „das tut schon sehr weh, so ein Gestüt mit so einer langen Familientradition aufzugeben, aber wir sind nicht die Ersten und ich befürchte, wir werden auch nicht die Letzten sein, die diesen Weg gehen müssen. Als Züchter von Rennpferden fühlt man sich an die Geschichte der Dinosaurier erinnert. Das waren auch hochentwickelte Kreaturen, die am Ende keiner mehr gebraucht hat.“

Zoppenbroicher Stars, Teil II: Ordos, Orofino, Königsstuhl. www.gestuet-zoppenbroich.deZoppenbroicher Stars, Teil II: Ordos, Orofino, Königsstuhl. www.gestuet-zoppenbroich.de

 

 

 

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