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Gestüt Bonas ganz besonderer Diana-Tag

Rolf und Heinz Harzheim freuen sich mit der langjährigen Betreuerin Inn-Ya Kim über Salominas Diana-Sieg. www.galoppfoto.de - Sandra Scherning

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 228 vom Donnerstag, 16.08.2012

Rennbahnbesuche sind selten geworden im Leben von Heinz Harzheim. Das geht nur an guten Tagen. Der Diana-Sonntag in Düsseldorf war so ein Tag. Mehr noch. „Das hat alles so wunderbar gepasst“, sagt sein Sohn Rolf Harzheim, „so ein Erlebnis hat er seit ewigen Zeiten nicht mehr gehabt.“ Denn „wann“, so der Junior-Chef des Gestüts Bona, „hat man überhaupt schon einmal eine Starterin in der Diana und dann noch eine mit allerersten Chancen? Und wann geht so ein Traum dann auch wirklich in Erfüllung?“ Die Freude gilt der Siegerin Salomina im 154. Henkel-Preis der Diana. In einem klassischen Gruppe I-Rennen. Der Höhepunkt eines Züchterlebens, den die meisten nie und die anderen nur ganz selten erleben.

Gestüt Bonas Derbysieger 1978 mit Zauberer: Am Zügel ist Heinz Harzheim mit seiner Mutter Mechthild Harzheim. Der siegreiche Jockey ist Bernd Selle, der uns dieses Foto zur Verfügung gestellt hat. Foto ArchivGestüt Bonas Derbysieger 1978 mit Zauberer: Am Zügel ist Heinz Harzheim mit seiner Mutter Mechthild Harzheim. Der siegreiche Jockey ist Bernd Selle, der uns dieses Foto zur Verfügung gestellt hat. Foto ArchivNach dem Derbysieg mit Zauberer 1978 war es für die Familie Harzheim, die mittlerweile schon in der dritten Generation Vollblutpferde züchtet, erst das zweite Mal, dass der ganze große Coup gelang.  „Das war ein ganz besonderer Tag für unsere ganze Familie“, betont Rolf Harzheim, „mein Vater konnte dabei sein, dazu hatte noch meine Schwiegermutter Gisela Remmert Geburtstag und so war auch die komplette Familie meiner Frau Heide da, sogar ihr Bruder Jan und ihr Onkel Reinhard Kuhr, das war alles wunderbar.“  

Derbyjubel 1978: Heinz Harzheim (2.v.l.) freut sich mit seiner Schwester Friederike Leisten, deren Sohn Heiner und seiner Mutter Mechthild (r.) und Jockey Bernd Selle über Zauberers Derby-Erfolg. www.galopp-hamburg.deDerbyjubel 1978: Heinz Harzheim (2.v.l.) freut sich mit seiner Schwester Friederike Leisten, deren Sohn Heiner und seiner Mutter Mechthild (r.) und Jockey Bernd Selle über Zauberers Derby-Erfolg. www.galopp-hamburg.deDie Namen Kuhr, Remmert, Harzheim stehen für eine lange Tradition im deutschen Vollblutsport. „Die Passion dafür habe ich schon in die Wiege gelegt bekommen“, erzählt Rolf Harzheim, „mein Großvater Jean Harzheim hat den Grundstein gelegt, war bereits 1947 mit Amarant Zweiter im Deutschen Derby. Auch das von ihm gegründete Transportunternehmen für Pferde läuft noch unter seinem Namen und wird von seiner Tochter Friederike Leisten geführt. Aber auch auf der Mutterseite finden sich Vollbluteinflüsse im Harzheim-Pedigree. „Meine erste Erinnerung war der zweite Platz im Deutschen Derby mit Experte“, erinnert sich Rolf Harzheim, „da war ich sechs Jahre alt. Das habe ich 1972 zusammen mit meinem Großvater mütterlicherseits, Paul Morawitz, auf einem Schwarz-Weiß-Fernseher im Hengstwärterhaus vom Gestüt Röttgen gesehen. Dort arbeitete mein Großvater als Hengstwärter“, erzählt Rolf Harzheim, der sich natürlich auch noch an den Rest des Derbyeinlaufs erinnert: „Tarim hat gewonnen, Röttgens Prince Ippi war Dritter.“ Auch seine Frau Heide Harzheim stammt aus einer waschechten Vollblutfamilie, ihr Großvater mütterlicherseits war niemand Geringes als Johannes Kuhr, der als Gestütsleiter und Trainer im Gestüt Ravensberg für den Aufstieg des westfälischen Vollblut-Gestüts verantwortlich war, das unter seiner Ägide zwei Derbysiege feierte und den Grundstein der berühmten Ravensberger „W“-Linie legte, die mit dem letztjährigen Derbysieger Waldpark, dem englischen St. Leger-Sieger Masked Marvel und der Prix Pénélope-Siegerin Waldlerche momentan wieder aktueller denn je ist.

Gestüt Bonas Experte landet beim Derby 1972 auf dem zweiten Platz, Sieger wird Tarim. www.galopp-hamburg.deGestüt Bonas Experte landet beim Derby 1972 auf dem zweiten Platz, Sieger wird Tarim. www.galopp-hamburg.de

Mutter Gisela wiederum heiratete den damaligen Jockey und späteren Trainer Harro Remmert,  der nach einem schweren Reitunfall im Jahr 1976 im Rollstuhl sitzt und  trotz dieses Handicaps zu einem der erfolgreichsten deutschen Galopptrainer seiner Zeit avanciert ist. Vor zehn Jahren beendete er seine aktive Laufbahn, ist mit seiner Frau dennoch noch immer ein regelmäßiger Gast auf allen Rennbahnen, aber auch sonst sehr vielseitig interessiert, als regelmäßiger Besucher von Kunstausstellungen und Museen. Natürlich besucht er auch seinen Freund Heinz Harzheim regelmäßig, man hat sich immer etwas zu erzählen, die gemeinsame Passion für die Vollblutzucht verbindet. Genauso wie das gemeinsame Schicksal, denn auch Heinz Harzheim ist seit 1988, seit seinem folgenschweren Reitunfall in der Morgenarbeit bei Heinz Jentzsch, querschnittsgelähmt. 55 Rennen hatte er als Amateurrennreiter gewonnen, war unter anderem Sieger der Gesamtwertung bei den Flach- und Hindernisrennen der Fegentri-Europameisterschaft der Herren im Jahr 1965. Ein Pferdemann durch und durch. Noch immer. Auch jetzt noch, mit 74 Jahren, von denen die letzten 24 aufgrund der Schwere der Behinderung doppelt zählen. „Noch immer liest er die Sportwelt und schaut sich über den German Racing-Kanal alle Rennen an“, berichtet sein Sohn, „und ich erzähle ihm alles, was mit unseren Pferden vom Gestüt Bona los ist.“ Heinz Harzheim selbst strengt das Reden mittlerweile zu sehr an, „aber er bekommt alles mit.“

Saldentigerin mit William Mongil und Heinz Harzheim nach dem Sieg in der Baden-Württemberg-Trophy 2005: www.galoppfoto.de - Frank SorgeSaldentigerin mit William Mongil und Heinz Harzheim nach dem Sieg in der Baden-Württemberg-Trophy 2005: www.galoppfoto.de - Frank SorgeSchon bei Salominas Maidensieg in Köln hat Heinz Harzheim vor dem Fernseher mitgefiebert, denn deren Mutter Saldentigerin hatte er noch höchstpersönlich auf der BBAG-Jährlingsauktion 2001 vom Gestüt Wittekindshof für 58.000 € ersteigert. Der Start in der Diana war ihr vierter, die drei Rennen zuvor hatte Salomina gewonnnen. „Wir haben schon sehr frühzeitig sehr viel Vertrauen in Salomina gehabt, deshalb wollte ich auch meinen Vater, wenn möglich, mit dabei haben." Zumal schon im Vorfeld klar war, dass Salomina das letzte Mal in den Farben des Gestüts Bona laufen würde. Auch sie wurde ins Ausland verkauft, an Australian Bloodstock, „weil es irgendwann ein Angebot gab, bei dem wir nicht mehr nein sagen konnten“, so Rolf Harzheim, „denn wir haben acht Mutterstuten mit Nachzucht, dazu die Pferde im Rennstall, die wollen alle fressen und versorgt werden, das kostet viel Geld und nur durch Rennpreise kann man das nicht finanzieren.“

Siegerehrung für die Familie Harzheim vom Gestüt Bona für den Diana-Sieg: (v.l.n.r.) Philipp (15), die Henkel-AufsichtsratsvorsitzendenSimone Bagel-Trah bei der Ehrenpreis übergabe, Heinz Harzheim vorne, im Hintergrund Heide und Julian (18) und Rolf Harzheim, Jockey Filip Minark. www.dequia.deSiegerehrung für die Familie Harzheim vom Gestüt Bona für den Diana-Sieg: (v.l.n.r.) Philipp (15), die Henkel-AufsichtsratsvorsitzendenSimone Bagel-Trah bei der Ehrenpreis übergabe, Heinz Harzheim vorne, im Hintergrund Heide und Julian (18) und Rolf Harzheim, Jockey Filip Minark. www.dequia.deUmso mehr genießen alle die Siegerehrung. Es herrscht eine ganz besondere Stimmung. Mit Standing Ovations der fast 20.000 Zuschauer für die sieggreiche Stute und das Team, das hinter ihr steht, mit dem Trainer Peter Schiergen und dem Jockey Filip Minarik. In einem Rennen, das jeder natürlich gewinnen wollte, war nach dem leichten Sieg der Lomitas-Tochter mit mehr als drei Längen nach dem Anerkennen der eigenen Niederlage niemand mehr, der es diesen Besitzern nicht gegönnt hätte.  Als Dr. Simone Bagel-Trah, die Aufsichtsratsvorsitzende des Henkel-Konzerns als Sponsor des Rennens, Heinz Harzheim zum Sieg gratuliert, geht ein Lächeln über sein Gesicht. Es war ein großer Moment für einen passionierten Pferdemann.

Dass Salomina nun den Besitzer wechselt war keine leichte Entscheidung. Trotzdem sei das aber alles richtig und in Ordnung, „weil Salomina ihrem Wert entsprechend honoriert worden ist, und wir ihre Mutter Saldentigerin noch haben. Sie ist elf Jahre alt ist und wir können von ihr noch viele Fohlen kriegen", heißt es. Außerdem bliebe Salomina immer „unser Pferd, egal wo sie läuft und für wen“, so Rolf Harzheim, „man leidet ja nicht, nein, wir werden uns immer mitfreuen, wenn sie gewinnt.“  Derzeit steht Saldentigerin im Gestüt Erftmühle, in dem alle Mutterstuten des Gestüts Bona untergebracht sind. Saldentigerin ist in diesem Jahr güst geblieben, hat jedoch ein Stutfohlen von Wiesenpfad, dem „familieneigenen“ Deckhengst aus der bereits erwähnten "W-Linie", der einer Besitzergemeinschaft rund um Ehefrau Heide Harzheim und den Schwiegereltern Gisela und Harro Remmert gehört. Dazu kommt ein Jährling von Shirocco, er auf der BBAG-Jährlingsauktion am 31. August in Baden-Baden angeboten wird, genauso wie eine Zamindar-Stute aus einer Salomina-Schwester, die durch den Diana-Erfolg natürlich eine sehr große Aufwertung erfahren und somit zu den Highlights der Auktion zählen. „Die Anmeldung war im April, da konnten wir von Salominas Erfolg noch nichts ahnen“, so Rolf Harzheim, „aber es ist selbstverständlich, dass wir sie auf der Auktion lassen.“

Das gestiegene internationale Interesse an deutschen Pferden, sieht der Züchter mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Es wurden schon immer gute Pferde ins Ausland verkauft, aber nicht so viele wie im Moment.“ Dennoch sieht Rolf Harzheim noch genug Substanz in Deutschland,  „bei den meisten gibt es noch genug nahe Verwandte, um mit diesen weiter zu züchten und so den Fortbestand der erfolgreichen Linien zu sichern.“ Allein der Blick auf das ganze Diana-Feld gibt ihm Recht, bis auf zwei Pferde  stammten alle Teilnehmerinnen aus alten deutschen Linien „Made in Germany“.

Gestüt Bonas Salomina mit Filip Minarik wurde ihrer Favoritenrolle im 154. Henkel-Preis der Diana gerecht: www.galoppfoto.de - Sandra ScherningGestüt Bonas Salomina mit Filip Minarik wurde ihrer Favoritenrolle im 154. Henkel-Preis der Diana gerecht: www.galoppfoto.de - Sandra Scherning „Natürlich hatten wir neben Zauberer und Salomina immer auch mal wieder Gruppesieger, beispielsweise auch Zampano in München, das Rennen ist heute auch ein Gr. I-Rennen, hatte damals aber nur Gr. II-Status, aber ein klassischer Sieg in der Diana ist für einen Züchter einer der Höhepunkte in seinem Pferdeleben“, so Rolf Harzheim, „so einen Moment muss man besonders genießen.“ Denn nach dem Verkauf von Salomina ist jetzt wieder Basissport angesagt. Rolf Harzheim ist Realist:„Wir haben drei sieglose dreijährige Stuten, mit denen wir jetzt auf der Handicap-Ebene weitermachen, dann haben wir noch Salut, für den finden wir derzeit keine Rennen in Deutschland, sein Weg wird vermehrt nach Frankreich führen. Und was unsere drei Zweijährigen können, das werden wir sehen.“

Auch die Söhne Philipp (15) und Julian (18) kennen die Höhen und Tiefen des Sports. „Das man verliert, das kennt man ja“, so Julian im Gespräch mit seiner Mutter, „aber das wir so ein Rennen gewinnen, das kann ich noch gar nicht wirklich glauben.“ Immerhin war er schon vorher optimistisch genug, „alles auf Salomina zu setzen, was ich hatte: 30 Sieg, 10 Platz!“ Der Gewinn war zwar bei einer Sieg-Quote von 34 auf Sieg und 17:10 auf Platz nicht sehr hoch, vergessen wird er ihn jedoch sicherlich nie.

„Ich hoffe sehr,  dass auch unsere Kinder sich noch das ein oder andere Pferd erlauben können“, so Rolf Harzheim, „aber trotz aller Probleme, die wir im deutschen Rennsport haben, sehe ich doch, das es in kleinen Schritten aufwärts geht, die Stimmung auf den Rennbahnen stimmt mich positiv. Ich sehe da durchaus wieder eine Perspektive.“

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