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Freud und Leid

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 456 vom Donnerstag, 23.02.2017

Wie im Leben, so liegt auch im Rennsport Freude und Leid häufig dicht beieinander. Gerade noch feierte das Team um Colin Tizzard den überlegenen Sieg von Cue Card in der Ascot Chase (Gr.1, 2m5f; Jockey: Paddy Brennan) – der neunte Gr.1 Erfolg seiner bemerkenswerten  Karriere – da schlug einige Tage später das Turfpech zu. Es traf ausgerechnet den Gold Cup-Favoriten Thistlecrack; der Wallach zog sich im Training eine (dem Vernehmen nach leichte) Sehnenverletzung zu und muss von nun an pausieren. „Er war nach seiner Arbeit gestern Abend etwas steif, aber das passiert schon einmal", erklärte Tizzard der Presse am Dienstag. „Dann war er am nächsten Morgen aber immer noch nicht ok, so dass wir ihn untersuchen ließen. Der Tierarzt hat das Problem dann gefunden, ein kleiner Riss an der Sehne. Er ist nicht niedergebrochen, da ist nur ein etwas warmes Bein. Der Arzt hofft, dass er ist zu Weihnachten auf jeden Fall wieder gesund ist, er ist auch nicht lahm oder so und wir erwarten ihn wieder auf die Rennbahn zu bringen."

Thistlecrack ist damit der vorerst letzte in einer Reihe großer Namen, die das Cheltenham Festival 2017 verletzungsbedingt auslassen müssen: neben Sprinter Sacre und Vautour (nach Paddockunfall verstorben) sind dies vor allem Faugheen, Annie Power, Min, Don Cossack und Coneygree, ganz zu schweigen natürlich von Many Clouds, der Ende Januar auf der Rennbahn von Cheltenham verstarb. Sein Trainer Oliver Sherwood schrieb nach Bekanntwerden des Ausfalls von Thistlecrack eine bewegende Nachricht in den sozialen Medien, man hatte so sehr gehofft, dass Colin Tizzards Schützling Many Clouds mit einem  Sieg im Cheltenham Gold Cup posthum ehren würde.

Somit ist das Rennen um den Gold Cup wieder völlig offen, und nach dem überzeugenden Sieg vom Wochenende ist Cue Card definitiv ein aussichtsreicher Teilnehmer. Sicher, allerletzte Zweifel am Stehvermögen des nun 11jährigen Wallachs sind nicht aus der Welt zu reden, auch wenn er bis 5000m bereits auf höchstem Niveau gewonnen hat. In Cheltenham werden aber noch einmal rund 300m mehr gefordert, und es geht den berüchtigten Cheltenham Hill hinauf, Meter, die in epischen Zieleinläufen des Rennens schon anderen Pferden zum Verhängnis wurden.

Aber der Wallach ist und bleibt ein Klasse-Pferd – wie anders kann man einen 16fachen Sieger, der bereits mehr als 1,3 Millionen Pfund an Preisgeld eingaloppiert hat, sonst bezeichnen? Die Ascot Chase hatte Cue Card bereits im Jahr 2013 als Siebenjähriger gewonnen (damals hatte er noch Trainer-Sohn Joe Tizzard im Sattel und schlug mit Captain Chris, Somersby und Ghizao Pferde aus einer anderen Ära), nun ging es vier Jahre später noch einmal genau so leicht, auch wenn es doch eine etwas schwache Auflage des sonst hochklassigen Rennens war.

Neben dem Gold Cup ist auch die Champion Hurdle in diesem Jahr offen wie nie. Leider aber nicht, weil sich so viele Top-Pferde um den Sieg streiten, sondern eher, weil diese im vorläufigen Feld fast völlig fehlen. Als Favorit notiert – auch nach den Rennen am Wochenende – Nicky Hendersons für JP McManus trainierter Buveur D´Air. Der Sechsjährige war in der laufenden Saison schon über die Chase-Sprünge unterwegs (hier sprangen  in zwei harmlosen Aufgaben trotz schlechten Springens auch zwei Siege heraus), ehe man sich angesichts der genannten Ausfälle auf die gute Hürdenform des Vorjahres besann. Allein, erst ein Gruppe-Sieg (der aber immerhin ein Gr.1 zu Aintree war) steht in seinem Lebenslauf;  da scheint sich das Vertrauen der Wetter mehr auf den so erfahrenen Trainer zu beziehen.

Der von Alan King für gleiche Farben trainierte Yanworth (Jockey: Barry Geraghty)  schob sich nach seinem Sieg in der Gr. 2 Kingwell Hurdle (1m7f65y = etwas unter 3200m, Wincanton) nun wieder an die zweite Stelle im Wettmarkt. Optisch war es ein wenig beeindruckender Sieg des siebenjährigen Wallachs, der nach einer Pause seit Dezember augenscheinlich noch etwas „eingerostet“ war; über Rayvin Black gerechnet war es jedoch eine solide Leistung, da ihn Yanworth weitaus deutlicher besiegte als Buveur D´Air. Der von Paul Nicholls trainierte deutsch gezogene Wallach Irving kam in diesem Rennen als letzter von sechs Startern ins Ziel, in gehobener Klasse hat er schon seit einiger Zeit Probleme, konstant mehrere gute Leistungen in Folge zu erbringen. 

Bereits Ende letzter Woche produzierte ein kleines Rennen in Kelso einen weiteren Champion Hurdle Starter aus dem verhältnismäßig kleinen Quartier des im nordenglischen Malton trainierenden Malcolm Jefferson. Dem nun achtjährigen Cyrus Darius galten schon nach seinem 2015er Gr. 2 Novice Hurdle Sieg in Aintree große Hoffnungen, dann legte auch hier eine Sehnenverletzung alle Pläne auf Eis. Auch wenn es schlussendlich in Kelso ein sehr unblutiger Sieg war – der einzig echte Gegner kam drei Hürden vor dem Ziel zu Fall; der Rennfilm zeigt deutlich einen extrem verärgerten Jockey Harry Skelton, der sowohl Peitsche als auch Sturzhelm gen Boden pfeffert – so können auch hier „kleine“ Besitzer mit großen Träumen nach Cheltenham reisen.

An dieser Stelle unbedingt erwähnen muss man dabei Jockey Brian Hughes, der langsam mehr als nur ein Geheimtipp ist. In der laufenden Saison steht die Zahl der Siege bei 114, er ist eine feste Größe vor allem auf den nordenglischen Bahnen und steigt dort für eine Vielzahl hierzulande nicht besonders geläufiger Trainer in den Sattel. Seinen bisher einzigen Cheltenham Sieger ritt er in 2014 für Trainer Tim Easterby. Seit einigen Jahren ist er eine Art Stalljockey für Malcolm Jefferson, selbst Veteran der Trainerriege und langjährigen Kennern des Hindernissports natürlich durch den unvergessenen Dato Star ein fester Begriff. „Kleinere“ Festival-Erfolge stehen bereits in seinem Lebenslauf, mit Cyrus Darius würde allerdings ein seltener Starter in einem der Champion-Rennen des Meetings anstehen.

Auch Zarkandars Besitzer können sich auf ein aufregendes Cheltenham freuen. Der Wallach, zuletzt im Jahr 2014(!) siegreich, zeigte am Samstag in der Rendlesham Hurdle (Gr.2, 2m7f) zu Haydock, dass er das Siegen noch nicht ganz verlernt hat, und steuert nun die World Hurdle an. Diese soll dem Vernehmen nach auch der ehemalige Jetzki auf der Agenda haben, den inzwischen neunjährigen, von Jessica Harrington vorbereiteten Wallach plagten ja lange Verletzungssorgen. Einem Sieg nach langer Pause folgte nun eine enttäuschende Niederlage im irischen Gowran Park, auch wenn Boden und Distanz wohl unpassend waren. Fraglich, ob das Cheltenham-Form ist, zumal Besitzer JP McManus mit Unowhatimeanharry den Favoriten der World Hurdle im eigenen Stall hat.

Auf der gleichen Karte kam der inzwischen 10jährige Ballycasey zu seinem insgesamt neunten Sieg, seinem dritten in Gruppe-Rennen. Einstmals Bezwinger keines Geringeren als Don Cossack, soll der Schimmel aber in diesem Jahr das so arg dezimierte Cheltenham –Team seines Besitzers Rich Ricci lt. Aussage von Trainer Willie Mullins nicht verstärken. Ricci selber gab in der Woche eine Art Update zu den Cheltenham-Plänen seiner Starter und drückte seine Sorge aus, bei seinem nach eigenen Maßstäben kleinen Team von nur rund 12 Startern auch immer die richtigen Rennen zu wählen.  

Da wird auch der Sieg seiner Limini (Trainer: Willie Mullins, Jockey Ruby Walsh) in der Quevega Mares´ Hurdle (2m4f, Listed) am Mittwoch in Punchestown für weiteres (positives) Kopfzerbrechen sorgen. Die Peintre Celebre-Tochter, vor Jahresfrist im der neugeschaffenen Mares´ Novices´ Hurdle bereits Festival-Siegerin,  besiegte auf schwerem Boden ihre ehemalige Trainingsgefährtin Apple´s Jade (die ja wie alle Giggingstown-Pferde Willie Mullins inzwischen verlassen hat) mit verblüffender Leichtigkeit, besonders, da es ihr Saisondebut nach rund 10monatiger Pause war. „Sie lief um Kilos besser, als ich erwartet habe“ gab ein erfreuter Mullins im Anschluss zu; hilfreich wie immer, mit Ruby Walsh den besten Jockey der Sphäre an seiner Seite zu haben. Beide Stuten steuern nun Cheltenham an, wobei Apple´s Jade, nach der Saison 2015-16 noch eine Art Geheimtipp für die Champion Hurdle, auf jeden Fall die Mares´ Hurdle ansteuern wird. Liminis Ziel ist nach diesem überzeugenden Sieg nun wieder offen;  noch immer ist nicht sicher, wie Mullins nach all den Ausfällen seine Karten neu mischt.

Nicht Cheltenham, sondern bereits Aintree fest im Auge hat der von David Pipe trainierte Vieux Lion Rouge. Auch wenn den Wallach ein französisches Suffix ziert, so ist er doch als Sabiango –Sohn zu 50% deutsch gezogen, und dessen bester Nachkomme zudem. 11 Siege stehen für den Fuchs, ein durchaus typvoller Sohn seines Vaters,  nun zu Buche;   nach dem Sieg in der Becher Chase Anfang Dezember in Aintree unterstrich er am Samstag in Haydocks Grand National Trial Chase (Gr. 3 Handicap, 3m4 1/4f) nicht nur seine gute Gesamtverfassung, sondern auch, dass das ihm zugewiesene Renngewicht (10-7 (66,7kg) , das Höchstgewicht im Grand National beträgt 11-10 (74,4kg.) ) für das National selber ein Geschenk ist.

Bereits im letzten Jahr  als Siebenjähriger hatte sich der Wallach mit 65,7kg im Sattel als Siebter hervorragend aus der Affäre gezogen. Ein Jahr später und stärker geht es nun dem Vernehmen nach ohne weiteren Start direkt nach Aintree, am 8. April wird das berühmt-berüchtigte Rennen in diesem Jahr abgehalten. Nach dem bitteren Ausfall von Thistlecrack ist dies sicher der Ritt, auf den sich Tom Scudamore in der verbleibenden Saison am meisten freut. 

Catrin Nack

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