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Dublin Racing Festival feiert erfolgreiche Premiere

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 504 vom Freitag, 09.02.2018

Das Jahr 2018 ist noch nicht alt, und sie reißen nicht ab, die schlechten Nachrichten. Gerade erst hat der englische Rennsport die Nachricht vom tragischen Tod des Trainers Richard Woollacott verarbeitet, da vermeldete seine Familie den Tod von Malcolm Jefferson, nach langem Kampf gegen den Krebs. Jefferson, 71 Jahre alt, war ein Trainer der alten Schule, sein Stall umfasste 46 Boxen, und mit dieser Anzahl Pferde operierte er sein Leben lang. Ein Leben für den Rennsport: er war Assistent des legendären nordenglischen Trainers Gordon Richards, 1981 machte er sich dann selbstständig, in Norton (nahe Malton),  einer Art „Newmarket“ im Norden Englands.

Wenn er auch nie „en vogue“ war, so war Jefferson einer enorm respektierter Trainer,  und das nicht nur in Nordengland. Seine Pferde waren niemals teuer, er suchte sie selber aus, und platzierte sie wie kaum ein anderer. Dato Star schrieb 1995 ein kleines Kapitel Rennsportgeschichte als erster britischer Sieger des Cheltenham Bumpers;  im Jahr 2012 schaffte Jefferson das Cheltenham-Aintree Doppel nicht nur mit einem, sondern zwei Pferden: Cape Tribulation und Attaglance. Die Saison 2016/17 war mit 40 Siegen die beste seiner gesamten Laufbahn; eine Nummer, mit der die Herren Nicholls oder Henderson versuchen, einen Monat zu beenden, doch eine stolze Nummer, wenn man kaum mehr als 45 Pferde trainiert. Mit Cloudy Dream und Waiting Patiently hatte er zwei veritable Cheltenham Festival-Starter im Stall, den seine Tochter Ruth nun weiterführen wird.

Aus Irland kam zudem die traurige Kunde vom Tod eines hochangesehenen Point-to-Point-Jockeys, so dass die Jockeys auf beiden Seiten der irischen See erneut mit Trauerflor reiten mussten.

Doch das Rad des Lebens -  und des Rennsports - dreht sich erbarmungslos weiter, lässt kaum Zeit zum Innehalten. In Sandown gab sich der amtierende Champion Hurdle Sieger Buveur d´Air in einer denkbar einfachen Aufgabe die Ehre, die er letztendlich sicher  zu lösen wusste. Die anschließende Scilly Isles Novices´  Hurdle (Gr1, 2m4f) ging ebenfalls an den Stall von Nicky Henderson: Terresfort (Jockey: Daryl Jacob) machte nicht nur ein schnelles Doppel für den Trainer, sondern auch für die Besitzer Simon Munir & Isaac Souede perfekt, deren Footpad in Leopardstown völlig überlegen war.

Dies muss als Überleitung zum Dublin Racing Festival reichen, jenem neugegründeten Meeting im irischen Rennkalender. Zwei Renntage voller Qualität, sieben Gr1-Rennen, drei Gr2-Rennen sowie einige hochdotierte Handicaps, insgesamt rund 1.5 Mio. € Preisgeld, man lässt sich nicht lumpen.  Die Rennbahn von Leopardstown, im Süden Dublins gelegen, ist eine der Premiumbahnen Irlands, eine Bahn, die zu jeder Jahreszeit Rennen veranstaltet. Auf der Flachen sind der Champion Stakes-Renntag im September das unbestreitbare Highlight, doch auch die Abendrenntage in Kooperation mit einem beliebten Cider-Produzenten erfreuen sich in den Sommermonaten zunehmender Beliebtheit.

Wie auf allen irischen Rennbahnen lässt die Ausstattung zu wünschen übrig, die Tribünen sind alt und muten unmodern an. Doch anderswo geht man mit der Zeit: die Verbindung mit Party und Musikveranstaltungen spricht zunehmend auch ein junges Publikum an, die Rennbahn hat sogar einen Nachtclub, der nicht nur an Renntagen geöffnet ist. In der Mitte des Eingangsbereichs thronte ein großes Zelt - „The Big Tent“ - welches schon während der Renntage Entertainment der anderen Art versprach und lange nach den Rennen mit Liveacts und dröhnender Musik die Massen begeisterte. Hier erst wurde sichtbar, dass auch weibliche Zuschauer vor Ort waren:  leichtbekleidet und den der Jahreszeit angepassten Temperaturen größtenteils ohne Nylonstrümpfe trotzend, verließen sie die anheimelnden Tribünen nur, um direkt das Partyzelt anzusteuern; fraglich, ob sie wirklich ein Pferd aus großer Nähe betrachtet haben.

Doch es sind die Vierbeiner, die den Rennsportfan anlocken, und vierbeinige Top-Athleten bekam man zu sehen. Auch wenn die englischen Trainer nur mit großer Zurückhaltung agierten - und dann vor allem Pferde eines legendären irischen Besitzers schickten - so ließen sich die irischen Trainer nicht lumpen und nutzen die neuterminierten Rennen - wie angedacht - als ihren Aufgalopp für das Cheltenham-Festival. Und während die englische Rennsportpresse etwas engstirnig am Konzept mäkelte, kam robuste Verteidigung natürlich aus den eigenen Reihen, allen voran von Michael O’Leary, der schon zu besten Zeiten kein Blatt vor den Mund nimmt. Da war es fast ironisch, dass ausgerechnet Willie Mullins an diesem Wochenende mehr als deutlich eine ansteigende Formkurve anzeigte, mit insgesamt sieben Siegen an beiden Tagen war er der erfolgreichste Trainer.

Nach dem einleitenden Schock des 260:10 Siegers Tower Bridge (Joseph o`Brien - JJ Slevin) für Besitzer JP McManus konnten Mullins' heiße Favoriten Min und Footpad (auf beiden nach wie vor Ersatzmann Paul Townend für den verletzten Ruby Walsh) das Vertrauen der Wetter mehr als adäquat erfüllen. Min, der zuletzt in einem kontroversen Rennen seinem englischen Widersacher Simply Ned am grünen Tisch unterlag, drehte den Spieß nun deutlich um, war in der Coral Dublin Chase (Gr2, 2m1f) jederzeit in voller Kontrolle. Er ließ dem ausgewiesenen Frontrunner (und amtierenden Champion Chaser) Special Tiara durchaus großen Vorsprung, doch war sein Sieg auf weicher Bahn nie in Gefahr. Mehr als 12 Längen zurück konnte sich Simply Ned knapp das zweite Platzgeld schnappen, erneut eine feine Leistung, die aber ebenso deutlich die Grenzen des nun 11jährigen Fuchswallachs aufzeigt. Traurig der Anblick Yorkhills:  der Fuchs bleibt nach den großartigen Leistungen der vergangenen Jahre ein Schatten seiner selbst und kann für Cheltenham kaum in Frage kommen.

In der Frank Ward Solicitors Arkle Novice Chase (Gr1, 2m1f) war Footpad  eine  Augenweide, der kompakte, erst sechsjährige Wallach konnte sich eigentlich nur selber schlagen, machte sein eigenes Rennen und ließ sich selbst durch einen kolossalen Fehler am letzten Sprung  nicht am Siegen hindern. Das Hauptrennen des ersten Tages, die Irish Champion Hurdle, war und ist das Rennen, welches Mullins´ besonders am Herzen liegt: sechs der letzten acht Austragungen hat er gewonnen, davon fünf mit dem unvergleichlichen  Hurricane Fly. Auch Irland hat inzwischen sein Herz für alte Stars entdeckt, und die kleine Parade ehemaliger Sieger des Rennens,  die aus besagtem Hurricane Fly, Hardy Eustace und Brave Inca bestand, wurde herzlich aufgenommen. Mit eigens angefertigten Decken und wolligem Pelz ausgestattet, stapften die alten Helden unter sanftem Applaus stolz durch den Führring, die Anerkennung auch Zeichen des Stellenwerts des Sports allgemein.

Ein Raunen ging dann durch die Menge, und Applaus brandete auf, als Faugheen „the machine“ - nach langer Verletzung und einer zuletzt unterirdisch schwachen Leistung derzeit auf Wiedergutmachungskurs- den Führring betrat. Nach seinem Champion Hurdle -Sieg von 2016 versuchte er, wieder seine Hand an die Krone zu legen, dies mit völligem Vertrauen des ihm mehr als zugewandten Publikums. Doch leider hatte der Rennsportgott andere Ideen, und wenn auch der inzwischen 10j. Germany-Sohn in der Niederlage deutlich gesteigert lief, so blieb es eine Niederlage. Kurz sah es eingangs der Zielgeraden aus, als hätten Mullins´ magische Hände erneut die erhoffte Wirkung, kurz schien Faugheen zu cantern und seine Gegner, allen voran den persistenten Supasundae (Jessica Harrington - Robbie Power) in Schach halten zu können, doch schon einige Galoppsprünge später wurde klar, dass der Champ in Schwierigkeiten war und seinen tapferen Versuch eines Start-Ziel-Rennens nicht durchstehen würde können; Supasundae löste sich leicht auf rund 2,5 Längen. Noch ist nicht aller Tage Abend, doch ist der Heiligenschein des Unbesiegbaren nun mehr als deutlich Geschichte, für Cheltenham muss mehr Hoffnung als Zuversicht oder gar Gewissheit (so es diese denn im Rennsport überhaupt geben kann) walten. Immerhin verkündete Trainerin Jessica Harrington nach dem Rennen, dass Supasundae in Cheltenham die Stayers Hurdle über 3m fest im Visier hat; ein potentieller Gegner weniger.

Tag Zwei des Festivals wartete mit vier Gr1-Rennen, darunter dem Irish Gold Cup (ehemals unter dem Titel „Irish Hennessy“ bekannt) und dem so heiß erwarteten Auftritt des neuen Stars der irischen Szene, Giggingstown House Studs von Gordon Elliot trainierten Samcro. Der sechsjährige Fuchs, ebenfalls ein Sohn des hierzulande bestens bekannten Germany, war bei sechs Starts (davon einem Point-to-Point Rennen, sozusagen der Kinderstube eines zukünftigen National Hunt-Pferdes) bis dato ungeschlagen, war jedermanns Banker konnte all dies Vertrauen absolut überzeugend einlösen. Mit stoischer Ruhe und aufmerksamen Blick hatte er sich beeindruckend - und trotz aller Größe sicher noch nicht völlig „fertig“ - im Führring präsentiert, im Rennen lief alles wie ein Uhrwerk, auch die Rückkehr zu glatten zwei Meilen waren wie erhofft kein Problem. Für Cheltenham hat der Wallach derzeit drei Optionen, könnte aber durchaus die Supreme Novices´ Hurdle (Gr.1 2m), traditionell das Eröffnungsrennen des Cheltenham Festivals, ansteuern.

Der Unibet Irish Gold Cup bildete das Herzstück von Tag Zwei, stark besetzt, wenn auch das Fehlen des letztjährige Siegers Sizing John ein deutliche Lücke hinterließ. Hinter einigen der Starter standen Fragezeichen, das Rennen lieferte seine eigenen Antworten:

- Hatte man je irgendeinen Zweifel gehabt, dass Joseph O’Brien ein legitimer Nachfolger seines Vaters werden würde, so räumte sein Handling von Edwulf diese nachdrücklich aus. Der Kayf Tara-Sohn war schon vor dem Rennen eine Art Wunderpferd. Er hatte einen totalen Zusammenbruch mitten im Rennen beim Cheltenham Festival (der offiziell als „angehalten“ gewertet wurde, auf dem grünen Rasen aber mehr wie ein tödlicher Unfall aussah) nicht nur überlebt, sondern schon rund neun Monate später bereits wieder eine Rennbahn betreten. Noch nie, bekannte einer der Tierärzte, die im vergangenen März um das Leben des Pferdes gekämpft hatten, hätte er erlebt, dass ein Pferd so lange am Boden lag und später lebendig aufstehen konnte. „Wir Tierärzte hatte rund 150 Jahre vereinter Erfahrung, aber dies hatte noch keiner von  uns erlebt. Normalerweise verstirbt ein Pferd, das mehr als 40 Minuten liegt, er lag doppelt so lange und rappelte sich plötzlich auf“. Kein Wunder also,  dass Edwulf  bei seinem  Erstauftritt im Dezember 2017 noch angehalten wurde:  dies war der Tag, auf den sein junger Trainer hingearbeitet hatte, dies war ein Gold Cup, sein Gold Cup.  Und sollte man sich je fragen, warum ein Besitzer, so er denn die Möglichkeiten hat, mehrere Pferde in einem Rennen laufen lässt, so wurde auch diese Frage beantwortet:  Drei Starter - für drei unterschiedliche Trainer - traten in den Gold-grünen Farben von JP McManus an, Edwulf als größter Außenseiter zum Kurs von 340:10 Sieger und der einzige „Ankommer“ seines Besitzers. Nach wie vor muss Edwulf vorsichtig gemanagt werden, Bitten der Photographen, den Wallach als Sieger zu postieren, wurden bestimmt abgelehnt „er muss in Bewegung bleiben, ich kann nicht stehen bleiben“ rief sein Pfleger der versammelten Presseschar zu.

- Der letztjährige  Cheltenham Gold Cup Zweitplatzierte Minella Rocco bleibt ein frustrierendes Pferd. Wohlmöglich das attraktivste Hindernispferd der gesamten Szene hat der Shirocco-Sohn unendliches Talent, aber scheinbar nicht die physischen Fähigkeiten, dieses konstant umzusetzen. Hier kam der Wallach erneut – wie schon in Aintree im Dezember 16 – am letzten Sprung zu Fall, stand aber zur Erleichterung aller schlussendlich auf.

- Willie Mullins  Djakadam ist über 3m+ kein  Gr1-Pferd. Dies ist sicher Klagen auf hohem Niveau. Der Wallach, ein hochklassiges und konstantes Rennpferd, zweimal zweitplatziert im Cheltenham Gold Cup, in 2017 dort Vierter zu Sizing John, hat insgesamt mehr als 600.000GBP eingallopiert und ist einer der Leistungsträger im Stall. Zu einem vollen Erfolg in einer Steher-Prüfung reichte es erneut nicht, für Cheltenham hat er auch eine Nennung  in der etwas kürzen Ryanair Chase. Mit Killultagh Vic hatte Mullins noch einen weiteren Starter, der, wohlmöglich mit dem Sieg in der Hand, am letzten Sprung mehr als unglücklich zu Fall kam. Dies ist natürlich keine optimale Vorbereitung auf ein Gr1 –Rennen, doch zeigte der wenig geprüfte Wallach, der einstmals einen gewissen Thistlecrack schlagen konnte, bis zu diesem Missgeschick eine hervorragende Leistung.

Neben diesen beiden Siegern stach vor allem der Sieg von Henry de Bromheads Monalee in der Novice Chase ins Auge. Der Wallach ist nun wieder Favorit für die RSA Chase, dem „Gold Cup“ für Nachwuchs-Chaser. Der 7j. Milan-Sohn hat seinen schweren Sturz über die Weihnachtstage allem Augenschein nach bestens weggesteckt, und profitierte von einem perfekt eingeteilten Ritt seines Jockey Noel Fehily,  mit dem de Bromhead – wann immer möglich - eine ertragreiche Partnerschaft bildet. Von der Spitze aus schien der Wallach im letzten Bogen unter Druck, hielt sich aber diesmal mit seinen guten Sprüngen (gewöhnlich ein Markenzeichen der de Bromhead Schützlinge) im Rennen, bis schließlich Stehvermögen und Klasse den Wallach nach Hause trugen. Und die lautstarke Unterstützung der Fans, die den Totofavoriten nach dem letzen Sprung förmlich auf einer Schallwelle gen Ziel zu tragen schienen.

Neben den genannten Pferden – der Ordnung halber sei mit Mr. Adjudicator auch der vierte Gr1 Sieger des Sonntags genannt (Tattersall Ireland Spring Juvenile Hurdle, 2m) – waren Zuschauer und die Rennbahn Leopardstown ganz sicher die Gewinner des Wochenendes. Mit  mehr als 26.000 zahlenden Gästen wurde die Erwartungen der Veranstalter für dieses erstmals in dieser Form ausgetragene Festival mehr als erfüllt; bei „bestem“ Wetter (es regnete kaum!) sah man Sport vom Feinsten. Dem Publikum muss man an dieser Stelle auch höchstes Lob aussprechen:  es gab keinerlei bekannte Zwischenfälle, man feierte die vierbeinigen Athleten mehr als angemessen und zeigte die Freude, wenn ein gestürztes Pferd sich wieder auf die Beine rappelte, besonders herzlich.  Es ist ganz sicher ein Schritt,  mit dem sich der im Moment finanziell mehr als gesunde irische Hindernissport weiter von England abgrenzt;  der Länderwettkampf  beim Cheltenham Festival droht erneut einseitig zugunsten der Grünen Insel auszugehen. Und das Dublin Festival 2019 sollte ein fester Punkt im Terminkalender eines jeden National Hunt Enthusiasten werden.

Catrin Nack

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