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Cheltenham 2017 - Das Round-Up

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 460 vom Donnerstag, 23.03.2017

Mittlerweile bietet das Festival vier Tage Hindernissport vom Feinsten, und so drückend war die Dominanz des irischen Trainers Willie Mullins in den letzten Jahren, dass die beiden sieglosen ersten Tage in diesem Jahr beinahe einer nationalen Tragödie gleichkamen.  Der Kampf um den vom Buchmacher BetBright gesponserten Prestbury Cup, dem Ländervergleich zwischen England und Irland,  ist mehr als nur Ehrensache und beinahe ebenso wichtig wie die individuellen Sieger.  Auch wenn Landsmann Gordon Elliot mit fünf Siegen in den ersten beiden Tagen  in die Bresche gesprungen war,  fehlte zunächst die Rückendeckung, aber alles änderte sich ab Tag Drei des Festivals, welcher ja in der letzten Ausgabe der Turf-Times angerissen werden konnte.

Nun endlich sprang der Mullins-Motor an, unter den vier Siegen des Tages waren alle drei Gruppe 1- Rennen incl. der Stayers´ Hurdle.  Tatsächlich wurde das Siegen beinahe eine rein irische Angelegenheit:  Trainer Patrick Kelly gewann mit dem von Davy Russell gerittenen Presenting Percy das Pertemps Hürden-Finale (Russell hat damit seit 2006 in jedem Jahr mindestens einen Festival-Sieger geritten) , und Alt-Meister Noel Meade gewann mit Road to Respect die Stable Plate (Gr.3) für Besitzer Gigginstown Stud, dies war erstaunlicherweise Meades erster Festival-Sieger über die Chase-Sprünge.

Lediglich das letzte Rennen der Karte ging an den englischen Trainer Stuart Edmunds. Pikant natürlich der Erfolg des von Mullins trainierten Un de Sceaux in der Ryanair Chase, nachdem Rennsponsor O´Leary all seine Pferde aus dessen Stall abgezogen hatte. „Es war mehr als wahrscheinlich, dass Mullins einige Rennen beim Festival gewinnt, darunter dieses Rennen, schließlich war Un de Sceaux Favorit. Ich war nun fünf Mal in Folge Zweiter. Um zu gewinnen, muss ich wohl aufhören, dass verdammte Rennen zu sponsern! Ich freue mich ja für Willie und Ruby, aber warum müssen sie ausgerechnet am Ryanair-Tag so gierig werden?“ lamentierte ein frustrierter O´Leary.

Trotz all der hochklassigen Rennen hebt sich Cheltenham das Beste bis zum Schluss auf, erst am letzten Tag des Meetings wird der Gold Cup gelaufen. Zur Abwechslung startete der Tag mit einem britischen Erfolg, als der von Philip Hobbs für den irischen Besitzer JP McManus trainierte Defi du Seuil in sehr überzeugender Manier die Triumph Hurdle für vierjährige Hürdenpferde gewann.

Danach trat erneut Team Mullins auf den Plan, wobei der Sieg von Arctic Fire in der zur Gr.3 zählenden County Hurdle natürlich das absolute Highlight aus deutscher Sicht war.  Der aus der kleinen Zucht von Uwe Grüning stammende Soldier Hollow-Sohn ist seit Jahren einer der Leistungsträger am Mullins-Stall, auch wenn er immer wieder im Schatten höher eingeschätzter Stallgefährten stand. Dies war sein dritter Auftritt bei einem Festival, 2014 war er in eben der County Hurdle Zweiter,  2015 hatte er diese Leistung mit seinem zweiten Platz in der Champion Hurdle hinter Faugheen noch um Längen gesteigert. Selber war Arctic Fire bereits auf Gr. 2 Ebene siegreich, insgesamt sechs Siege stehen zu Buche, vier zweite Plätze in Gr. 1 Rennen, zu Faugheen und dem legendären Hurricane Fly.

Sieg trotz langer Pause

Der aktuelle Sieg in der als Handicap gelaufenen County Hurdle war eine rundherum bemerkenswerte Leistung des nunmehr 8jährigen Wallachs, der aus einer rund 14-monatigen Pause kam, Höchstgewicht schultern musste und dem selbst sein Trainer diese Leistung im Vorfeld  nicht unbedingt zugetraut hatte. Daher war er auch nicht die Wahl von Stalljockey Ruby Walsh, der dann aus dem Hintertreffen eine gute Sicht auf den Lauf der Dinge hatte. Nachdem Paul Townend, zweiter Jockey am Mullins-Stall, Arctic Fire nach einem streng auf Warten gerittenen Rennen mit einem langgezogenen Lauf hart an den Außenrails unwiderstehlich gen Spitze beorderte, setzte sich dessen ganze Klasse durch;  auch wenn es im Ziel „nur“ ein Hals war, so kam doch nie ein anderes Pferd für den Sieg in Frage.

Die inzwischen 18-jährige Sternkönig-Tochter Adelma hat nach Arctic Fire zwei weitere Soldier Hollow-Nachkommen gebracht, von den Aurelio Real, zweijährig Auktionsrennen-Sieger, sein Potential aufgrund einer schweren Verletzung nie erfüllen konnte, und eine rechte Schwester zu beiden gen Ungarn verkauft wurde.  Eine 2014 geborene Stute von Santiago steht bei Dr. Andreas Bolte im Training, zwei Nachkommen von Soldier Hollows  Sohn Pastorius, eine Stute und ein Hengst, wurden bereits als Fohlen über die Agentur Axel Donnerstag gen Irland verkauft. Adelma ist aktuell erneut von Pastorius tragend.

Auch in der nachfolgenden Albert Bartlett Hurdle (3m, Gr.1) hatte sich Ruby Walsh erneut für das falsche Pferd entschieden, und wieder war es Townend, der den Mount Nelson-Sohn Penhill,  dessen Quote von 170:10 nur etwas geringer als Arctic Fire´s 210:10 ausfiel, zu einem sicheren Sieg steuerte. Penhill hatte seine Rennlaufbahn im Norden Englands in der Obhut von James Bethell begonnen, war von dort zu Luca Cumani gewechselt, und konnte trotz guter Handicap-Formen die in ihn gesetzten Erwartungen auf der Flachen nie völlig erfüllen. Der auffällig gezeichnete, fast schwarze Penhill tat sich auch für Mullins zunächst mit dem Springen etwas schwer, über längere Wege scheint  aber der Knoten nun völlig geplatzt. Mullins hat  ambitionierte Ziele auch auf der Flachen im Auge, von Royal Ascot und dem Melbourne Cup war die Rede.

Der Triumph der Jessica Harrington

Mit dem Sieg von Sizing John ging auch der Cheltenham Gold Cup an einen irischen Trainer, genauer gesagt eine Trainerin. Jessica Harrington, deren Pferde  unter dem Namen ihres verstorbenen Mannes John geführt werden, ist somit die dritte siegreiche weibliche Trainerin dieser Prüfung, nach Jenny Pitman (Burrough Hill Lad 1984 + Garrison Savannah 1991) und Henrietta Knight, die den unvergessenen Best Mate zwischen 2002-2004 zu einer historischen Triplette führte. Harrington ist zudem nun im ausgewählten Club der Trainer, die Sieger der drei „großen“ Championship-Rennen des Festivals stellten, gewann sie doch die Champion Chase Mitte der 2000er Jahre mit dem großen Moscow Flyer, und die Champion Hurdle in 2014 mit Jetzki. 2017 stellte sie insgesamt drei Festival Sieger, Supasundae hatte bereits am zweiten Tag des Meetings den Coral Cup gewonnen, nach dem Gold Cup ging auch das letzte Rennen des Tages an ein von ihr trainiertes Pferd. Damit schraubte sie die Gesamtzahl ihrer Festival-Sieger auf 13 und ist somit unangefochten die erfolgreichste Trainerin in der Geschichte des Festivals.

Sizing John war – wie auch Supasundae – erst im November 2016 in ihren Stall gewechselt, als Besitzer Alan Potts  seinen gesamten Bestand aus der Obhut von Henry de Bromhead auf andere Trainer verteilt hatte (kurz darauf selber allerdings in den Genuss mehrerer Pferde von Gigginstown kam, die Willie Mullins Stall verlassen hatten). Mehrfach hatte de Bromhead im Vorfeld des Cheltenham Festivals betont, wie hart ihn vor allem der Verlust von Sizing John getroffen hatte, es sollten prophetische Worte werden:  Hatte der 7jährige Midnight Legend Sohn unter de Bromhead vor allem Rennen über zwei Meilen bestritten – und hier gegen Douvan ganze sechs Mal den Kürzeren gezogen - so stellte Harrington, auf Anraten ihres Jockeys Robbie Power, den Wallach konsequent auf längere Wege um, und ließ dem Irischen Gold Cup, den Sizing John Mitte Februar in Leopardstown gewonnen hatte, nun die englische Version folgen. Leise Zweifel am Stehvermögen beantwortete der dunkelbraune Wallach in nachdrücklicher Manier, mit gespitzten Ohren nahm er die beiden letzten Hindernisse in der Zielgeraden wie das frische Pferd, als dass er sich auch nach dem Rennen bei der Siegerehrung präsentierte.  Schon morgens auf den Galopps hatte Sizing John einen hervorragenden  Eindruck hinterlassen, seine Quote von 80:10  ließ auf solides Vertrauen der Wetter schließen.

Auf den Plätzen folgten mit Minella Rocco (Trainer: Jonjo O´Neill Jockey: Aidan Coleman) und Native River (Colin Tizzard / Richard Johnson)  zwei in England trainierte Pferde, die kurioserweise im  letzten Jahr den VierMeiler, das Marathonrennen des Festivals, unter sich ausgemacht hatten. Damit hörten die Gemeinsamkeiten aber eigentlich auf, denn während sich Native River mit Siegen im Hennessy Gold Cup und Welsh Grand National zu einem der Favoriten des Gold Cups hochgearbeitet hatte, war Minella Rocco auf dem Rücken von zwei Stürzen in Cheltenham angereist und schien ein mehr als fragwürdiger Starter. Beide Pferde liefen in der Niederlage ganz ausgezeichnete Rennen, während sich Native River um das Tempo verdient machte und auf vielleicht etwas zu festem Boden erst spät nachließ, rauschte Minella Rocco mit einem sehenswerten Schlussakkord heran und schnappte sich das zweite Platzgeld genau auf der Linie.  

Alle drei Erstplatzierten sind erst 7jährig und sollten, Gesundheit vorausgesetzt, eine aufregende Zukunft haben. Minella Rocco, kurzfristig sogar Favorit für das Grand National in rund zwei Wochen, wird dieses Rennen nach neuesten Aussagen definitiv auslassen und eine auf den Gold Cup 2018 ausgerichtete Vorbereitung beginnen. Erst auf Platz 4 kam der Mullins-Schützling Djakadam ein, seine Platzierungen im Gold Cup lesen sich nun 2-2-4.  Ehrenwert, aber den Ansprüchen eines Champion-Trainers nicht genügend, der nach wie vor auf seinen ersten Treffer in dieser Prestige-Prüfung wartet.

Den eingangs erwähnten Prestbury Cup gewann Irland mit 19:9 Siegen, sozusagen mit Weile. Führender Trainer wurde Gordon Elliott, der mit „Nase“ den so stark aufkommenden Willie Mullins in Schach halten konnte, am Ende entschied ein zusätzlicher zweiter Platz zu Elliotts Gunsten. Seit 2006 haben somit nur vier unterschiedliche Trainer (Paul Nicholls 2006-2009 (sein einziger Sieg im Jahr 2017 kam in der Foxhunters´ Chase für Amateur-Reiter) , 2x Nicky Henderson und 5x Willie Mullins, davon zuletzt vier Mal in Folge),  den Festival-Titel gewonnen.

Führender Jockey wurde – wen wundert´s – Ruby Walsh, der diese Position eigentlich seit 2008 inne hat, nur 2012 ritt Barry Geraghty mehr Sieger (tatsächlich gewann Walsh den Titel auch 2004 und 2006) . Insgesamt gewannen 14 unterschiedliche Trainer die 28 Rennen, darunter erneut kein nordenglischer Trainer, auch wenn Malcolm Jeffersons 2. Platz mit Cloudy Dream in der Arkle Chase lobende Erwähnung finden muss.

Vier Pferde verletzten sich so schwer, dass sie nicht zu retten waren, immer eine Tatsache, die sehr schwer zu verdauen ist. Besonders tragisch wohl die Unfälle von Toe the Line  in der Mares´ Novices´ Hurdle und Current Event im Foxhunters´, ihre Trainer John Kiely und Rose Loxton hatten jeweils nur dieses eine Pferd nach Cheltenham gebracht und fuhren nun mit einem leeren Transporter nach Hause. Glück im Unglück hatte hingegen der von Joseph O´Brien vorbereitete Edwulf, dessen Unfall genau auf der Zielgeraden Schlimmes befürchten ließ, der aber mit vereinten Kräften von den Tierärzten gerettet werden konnte und sich auf dem Weg der Besserung befindet.

Und so ist nach dem Festival bereits wieder vor dem Festival:  eine eigene Festival–Webseite für 2018, auf der Minuten-Stunden-Tage herunter gezählt werden, ist bereits freigeschaltet;  die Termine (13.-16.03.2018) fest im Kalender notiert; der Kartenvorverkauf  hat bereits begonnen. 

Catrin Nack

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