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Andrasch Starke im Porträt: "Das Schönste ist es, das Derby zu gewinnen."

Andrasch Starke im Dezember 2011 in Hong Kong. www.galoppfoto.de

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 204 vom Donnerstag, 01.03.2012

In der neuen Serie "Porträts" stellt Turf-Times in ausführlichen Geschichten und einem Fragebogen die "Top Ten 2011" bei den Jockeys und Trainern vor. Dabei geht es nicht immer chronologisch zu: Jubiläen, Karriere-Bilanzen und persönliche Zeitfenster bestimmen den Rhythmus mit. Bisher erschienen sind bei den Jockeys: Filip Minarik | Alexander Pietsch | Kirsten Schmitt | Jozef Bojko | Sabrina Wandt  und bei den Trainern: Andreas Wöhler | Sascha Smrcek. In dieser Folge beschäftigen wir uns mit dem Jockey, der sich im letzten Jahr mit dem Sieg im Prix de l'Arc de Triumphe in die Geschichtsbücher des deutschen Turfs geschrieben hat: Andrasch Starke.

von Karina Strübbe

Wenn das Thermometer wieder Gradzahlen im Plusbereich anzeigt, stehen die Zeichen auf Start, Start in Richtung grüner Saison 2012.  Auch für  Andrasch Starke, der am kommenden Wochenende erstmals in diesem Jahr in Deutschland in den Rennsattel steigen wird. Kurz nachdem die Pferde des letzten Lots in den Ställen verschwunden sind, ist der 1. Stalljockey des Asterblüte-Quartiers bereit fürs Turf-Times Interview. Als Ort wird kurzerhand eine nahe der Rennbahn gelegene Bäckerei gewählt. Andrasch Starke ist entspannt und guter Dinge, bald geht es wieder richtig los.

Kutschfahrt des Siegerteams nach dem Sensationserfolg mit Danedream in Longchamp. www.galoppfoto.deKutschfahrt des Siegerteams nach dem Sensationserfolg mit Danedream in Longchamp. www.galoppfoto.deViel Zeit zur Erholung blieb nicht. Nach dem grandiosen Arc-Sieg auf Danedreams Rücken im Oktober ging es Schlag auf Schlag. Medien- und Presserummel, Einladung zu Jockey-Vergleichskämpfen in Südafrika und Hongkong, dann der Japan Cup mit Danedream. Im Januar ging es dann gleich weiter nach Dubai zum nächsten Jockeywettbewerb. "Deshalb bin ich in meinem Urlaub auch in Deutschland geblieben, ich wollte keinen Flughafen mehr sehen." Stattdessen ging es auf Elternbesuch in die Heide und an die Nordsee. Und dann gab es auch noch die Hochzeit mit seiner langjährigen Freundin Vanessa Reinhartz, die mit in der Kutsche nach dem Arc-Sieg saß, aber das soll privat bleiben. Außerhalb der Rennbahn liebt Starke den Rummel nicht.

Eine ganz besondere Beziehung: Drei Derbies gewann Andrasch Starke für den Stall Blankenese. Hier das Samum-Derby im Jahr 2000 mit Franz Günther von Gaertner am Zügel. www.galoppfoto.deEine ganz besondere Beziehung: Drei Derbies gewann Andrasch Starke für den Stall Blankenese. Hier das Samum-Derby im Jahr 2000 mit Franz Günther von Gaertner am Zügel. www.galoppfoto.deDafür hat er den Erfolg mit Danedream umso mehr genossen. "Den Arc zu gewinnen ist ja eine Dimension, an die man in seiner Karriere als Jockey gar nicht denkt. Erst einmal denkt man ans Dabeisein, das ist ja ein Wunsch. Es ist ein Wunsch, da mal mitzureiten. Und das zu gewinnen ist ein Ziel, das ja fast gar nicht zu verwirklichen ist.“ Dankbarkeit und vielleicht auch noch ein kleiner Rest Ungläubigkeit schwingen mit, spricht man mit Andrasch Starke über den Coup mit  Danedream in Paris. Trotzdem, Prix de l’Arc de Triomphe hin oder her, „das Schönste als Jockey ist es, das Derby zu gewinnen. Den ersten Derbysieg, das ist etwas, was man nie vergisst, so etwas bleibt. Und der ist auch in diesen Moment das schönste Ereignis, das einem widerfährt. Das sage ich nach wie vor.“ Nach dem Überraschungsieg mit  Robertico 1995 gelang Andrasch Starke dieses Kunststück noch vier weitere Male, allein dreimal in den Farben des  Stalles Blankenese: mit  Samum 2000,  Schiaparelli 2003 und  Kamsin 2005, dazwischen lag noch der Erfolg mit  Gestüt Wittekindshofs  Next Desert 2002.

Andrasch Starke zu fragen, welches das seiner Meinung nach beste Pferd unter seinem Rennsattel war, scheint fast albern. Wer, wenn nicht Danedream? Insofern kann die Antwort wenig überraschen, doch nach kurzem Überlegen nennt er noch ein weiteres Pferd, aus dem Stall des Ende 2008 verstorbenen  Franz-Günther von Gaertner,  Samum – aber natürlich erst nach Danedream. Die ist ohnehin eine Ausnahme in jeder Beziehung, oder wie ihr Jockey selbst sagt: „Das ist was Außergewöhnliches und das gibt es in Deutschland wahrscheinlich nur alle 50 Jahre mal. Das macht einem schon fast Angst, wieder so lange zu warten, oder?“

Mit Kindern ganz besonders geduldig: Andrasch Starke beim Autogrammeschreiben. www.galoppfoto.deMit Kindern ganz besonders geduldig: Andrasch Starke beim Autogrammeschreiben. www.galoppfoto.de

Eine Kundin verlässt den Laden. „Tschüs“, ruft Andrasch Starke ihr hinterher. Freundlich, ruhig und offenbar zufrieden, sind die Eindrücke, die er hinterlässt. Mit 38 Jahren ist er nun auch nicht mehr der Jüngste in der Jockeystube. Ewig soll es auch nicht im Rennsattel weitergehen. „Nein. Danach fühle ich mich auch gar nicht. Mir macht das ja Spaß, aber das hinterlässt seine Spuren, wenn man auf das Gewicht achten muss, viel für diesen Beruf aufwenden muss, gerade körperlich.“ Ein paar Jähren will er dem Galopprennsport aber doch noch erhalten bleiben, so wirklich ohne geht es dann doch (noch) nicht. „Man braucht diesen Kraftakt, diesen Sport und dieses Ackern, seinen Körper manchmal bis aufs Übelste zu quälen, Hunger und so, wenn man sich richtig quält. Aber dann weiß man auch wieder, dass man es gerne macht. Ich glaube, das brauche ich auch noch.“ Ob er sich vorgenommen hat, Peter Alafi mit 2.307 Siegen von der Spitze der ewigen Jockeytabelle zu verdrängen? Andrasch Starke schüttelt den Kopf, zu wenige Rennen, „dann müsste ich ungefähr noch zehn Jahre reiten“, so lange dann doch nicht mehr. Aber die 2.000er Marke ist ein Ziel und sollte, wenn alles glatt läuft, in diesem Jahr zu knacken sein.Lavallo mit Andrasch Starke am 21.08.2011 in Hannover. Foto Karina StrübbeLavallo mit Andrasch Starke am 21.08.2011 in Hannover. Foto Karina Strübbe

Was dann irgendwann nach der Jockeykarriere kommt, steht noch in den Sternen, aber „auf  jeden Fall nicht Trainer“. Da sei er nicht der Typ für. Darüber hinaus ist Andrasch Starke verblüffend anspruchslos und, wie er selbst sagt, mit Wenigem zufrieden, denn „wenn man eine Aufgabe hat, mit der man zufrieden ist, reicht das. Irgendwas mit Pferden wird es sein, ich könnte mir auch was im Gestüt vorstellen.“ Bis es soweit ist, will er das Reiten noch genießen. Schließlich macht die mangelnde Ausrechenbarkeit auch einen besonderen Reiz aus. Nach fast einem Vierteljahrhundert im Rennsattel nimmt Andrasch Starke Unerwartetes ziemlich gelassen. „Überraschungen gibt es im Rennsport ja sowieso, es sind ja Lebewesen mit im Spiel. Wenn die immer auszurechnen wären, auch jedes Training oder jede Abschlussarbeit auszurechnen wäre, dann wäre das zu einfach.“ Gleiches gilt für den Umgang mit Kritik, die zwar schon mitunter eine Last sein könne, aber zum Sport dazugehöre. Aufregen ist Andrasch Starkes Sache nicht, aber das macht wohl auch die Zeit. Überhaupt, Disziplin, in jungen Jahren eher Enfant terrible, ist er ruhiger geworden und sagt, „je älter man wird, umso mehr Disziplin kann man an den Tag legen und das Gewicht gut halten.“

Für die herannahende Saison wünscht sich Andrasch Starke zuallererst einmal Gesundheit und schiebt etwas nachdenklich in Bezug auf die Erwartungen an den Vorzeigegalopper seines Stalls für 2012 hinzu: „Ich hoffe für Danedreams auch, dass noch was kommt. Sie hat es erstens verdient und zweitens wäre es natürlich schön für das ganze Team und für den Sport, wenn sie dieses Jahr annähernd noch solche Leistungen bringen könnte. Es ist eine große Bürde, die sie auf sich nehmen muss. Sie ist ja jetzt vier und es wird nicht einfacher, im Gegenteil, gerade als Stute. Und das ist auch spannend und deswegen weiß ich auch, dass da viel Traurigkeit schnell wieder ins Leben kommen kann, denn viele hoffen oder gehen davon aus, dass da wieder nur Einsen vorstehen. Dabei ist es nicht einfach, so etwas zu wiederholen. Deswegen kommt da Großes auf einen zu, deswegen darf man aber auch nicht vergessen, was letztes Jahr passiert ist.“

Der Fragebogen mit Andrasch Starke

Geboren

04.01.1974

„38, das ist ja eigentlich noch kein Alter für einen Jockey. Aber irgendwie doch, oder? Fußballer hören ja schon mit 36 auf, mit 35 sind die alt. Das geht bei uns nicht. Wahrscheinlich wäre man mit 35 auch alt, nur Fußballer sind mit 34 schon Multimillionäre, die brauchen dann nicht mehr zu arbeiten. Und bei uns ist es so, wir reiten noch mit 45, 50, weil man im Alter ja schlecht davon leben kann. Ich glaube aber auch, dass es nicht so einfach ist, was anderes zu machen, wenn man mit Pferden groß geworden ist, dann hängt man da irgendwo auch dran. Wenn du mich heute fragen würdest, was willst du mal danach machen, könnte ich dir auch nicht sagen, was.“

Stall:

1. Stalljockey bei Peter Schiergen

Jockey seit:

„1989 habe ich die Lehre angefangen, am 01.08. bei  Bruno Schütz, wo ich drei Jahre war.“

Stationen (als was/bei wem):

„Dann war ich 15 Jahre lang bei  Andreas Schütz, der ist dann nach Hongkong gegangen. Da war ich ein Jahr lang bei  Mario Hofer und bin jetzt das fünfte Jahr bei Peter Schiergen. Andreas Schütz ist im Herbst 2005 gegangen. Ich konnte damals nicht mit. Das kam damals ziemlich überraschend. Das waren immerhin 15 Jahre Zusammenarbeit. Ich musste dann erst einmal einen neuen Job finden. Das war ja auch nicht so einfach. Aber dann hatte der Herr Hofer zu dem Zeitpunkt keinen Jockey, sodass ich dort ein Jahr bleiben konnte, wo ich auch  froh drüber war. Nach dem Jahr wurde mir dann der Job bei Asterblüte angeboten und da bin ich jetzt nach wie vor. Auch schon lange, fünf Jahre. Aber es gibt auch, ehrlich gesagt, keine anderen Möglichkeiten. Deswegen ist das auch gut so, wie es ist. Ich bin froh, an einem Stall zu sein, wo man Kontinuität hat, wo man sich wohl fühlt und den Rest seiner Karriere bleiben kann. Mir würde da auch keine Alternative mehr einfallen. Es würde mich dann wahrscheinlich auch zum Rücktritt zwingen. Freelancer brauchen wir nicht und im Ausland ist es auch nicht so, dass die auf einen warten würden.“

Also sitzt du nicht bis 55 im Rennsattel?

„Nein. Danach fühle ich mich auch gar nicht. Mir macht das ja Spaß, aber das hinterlässt seine Spuren, wenn man auf das Gewicht achten muss, viel für diesen Beruf aufwenden muss, gerade körperlich. Das betrifft natürlich den einen mehr, den anderen weniger. Ich bin immer viel gelaufen und musste auf mein Gewicht achten. Mir tun die Knochen auch weh. Und gerade im Winter merkt man das, wie das wehtut. Deswegen muss man da auf seinen Körper auch hören, wie lange so etwas geht, dass man auch noch funktioniert und dass es auch noch Spaß macht.“

Guckt man sich dann heute schon mal um, man hört ja nicht auf und tut dann gar nichts mehr?

„Nein. Ich würde immer was machen. Ich bin kein Trainertyp, aber ich bin mir auch für nichts zu schade, also irgendwas mit Pferden, was genau kann ich jetzt noch nicht sagen, aber ich könnte auch irgendwas Naturbewusstes machen. Ich werde niemals im Büro arbeiten können,  aber ich bin auch mit wenig zufrieden. Ich werde ja keine Karriere im zweiten Sinne mehr machen. Das ist mir auch bewusst. Und wenn man eine Aufgabe hat, mit der man zufrieden ist, reicht das. Irgendwas mit Pferden wird es sein, ich könnte mir auch was im Gestüt vorstellen oder so.“

Was ist das niedrigste Reitgewicht?„54 Kilo.“
Und was musst du dafür tun?„Reichlich. 54 ist mein Minimum, das Gewicht reite ich aber auch schon 15 Jahre. Ich reite auch mal 53 Kilo, aber dann nur für Ausnahmen, also zum Beispiel  Danedream in Hoppegarten. Aber da kann ich mittlerweile gut mit leben, denn je älter man wird, umso mehr Disziplin kann man an den Tag legen und das Gewicht gut halten.“
Also geht das mit zunehmendem Alter besser?„Bei mir ja.“
Kannst du dich noch an deinen 1. Sieg als Jockey erinnern?„Ja. Das war 1989 als Amateur in Großenkneten, eine B-Bahn. Da sind so einige B-Rennen, die ich als 15-Jähriger geritten habe. Großenkneten, Rastede, Drensteinfurt, Ganderkesee, die gibt es heute teilweise gar nicht mehr. Das waren so bescheidene Rennbahnen, viele auch im westfälischen Raum.“
Anzahl Siege:„Ich kann es nicht genau sagen, weil ich die nicht alle zähle. Ich weiß aber, dass die Zahl beim Direktorium nicht ganz stimmt. Das liegt daran, dass ich ja auch in Hongkong war und ein paar Mal in Skandinavien geritten habe und die sind nicht alle in der Statistik. Es sind so ungefähr 1950, es können aber auch 1980 sein. Die 2000 sollten aber dieses Jahr zu schaffen sein.“

Was sind deine größten Erfolge als Jockey?

Via Triumpahlis: Danedream,f Andrasch Starke, Cynthia Atasoy bei der Arc-Feier in Köln. Foto Karina StrübbeVia Triumpahlis: Danedream,f Andrasch Starke, Cynthia Atasoy bei der Arc-Feier in Köln. Foto Karina Strübbe"Den Arc zu gewinnen ist ja eine Dimension, an die man in seiner Karriere als Jockey gar nicht denkt. Und deswegen bin ich sehr, sehr, sehr dankbar, dass das passieren durfte und ich dabei war. Trotzdem sind Derbys – fünf sogar an der Zahl, da meint es offensichtlich einer gut mit mir – nach wie vor das Schönste!"

Wie bist du zum Rennsport gekommen?

„Mein Vater war auch Jockey, deswegen ist das so gekommen. Obwohl er mir das erst gar nicht gesagt hat und auch nicht mehr aktiv war, so dass ich das gar nicht wusste.  Doch als ich sechs, sieben Jahre alt war, hatte ich schon den Hang zum Pferd. Wenn ich ein Pferd auf der Weide gesehen habe, musste ich anhalten und mir das anschauen. Ich wollte unbedingt dort drauf. Da hätte mich auch keiner von abbringen können. Für mich gab es nur Pferde, der Geruch schon, wenn ich so ein Pferd mal angefasst hatte. Das war irgendwie schön. Also, ich bin nicht dazu gekommen, weil ich in der Schule nicht aufgepasst habe...Ich glaube, das war Hingabe, das war meine Passion und die hat sich in jungen Jahren bei mir eingeprägt und da hat das Hirn gesagt: Pferde.“

Würdest du das noch einmal machen?

„Es wäre unklug, das jetzt zu verneinen, weil ich das in einer – noch – super Zeit gemacht habe. Ich würde es heute keinem unbedingt raten, weil ich weiß, wie schwierig das ist. Auch, weil man auf so viel verzichten muss. Man muss unheimlich viel Disziplin und Willen an den Tag legen, zumal der Beruf ja auch nicht ungefährlich ist. Deswegen würde ich das meinen Kindern nicht unbedingt mit auf den Weg geben, was ja auch legitim und vernünftig ist. Ich habe aber natürlich das Schönste in meinem Leben durch diesen Sport erfahren dürfen und er hat mir auch die größten Momente und die schönsten Emotionen in meinem Leben gegeben – nach der Gesundheit, die man ja braucht, um das erleben zu können. Ich kann das also nur mit ja beantworten, wegen der Momente, die ich erleben durfte, weil ich die Momente gern noch einmal erleben würde."
Was war dein bester Ritt?

Mit dem Ritt auf Eigelstein im September 2011 in Hoppegarten gewinnt Starke die Turf-Times-Wahl zum 'Ritt des Monats'. www.galoppfoto.de www.galoppfoto.deMit dem Ritt auf Eigelstein im September 2011 in Hoppegarten gewinnt Starke die Turf-Times-Wahl zum 'Ritt des Monats'. www.galoppfoto.de www.galoppfoto.de„Den gibt es nicht. Es gibt viele gute, aber auch viele, die nicht so gut sind, aber das passiert. Man kann nicht jedes Rennen gut reiten, weil sich Rennen manchmal nicht entsprechend entwickeln. Man will ja nicht absichtlich nicht gut reiten. Man versucht, in jedem Rennen das Beste zu geben und manchmal klappt das gut und manchmal weniger gut, weil sich die Situationen einfach nicht ergeben. Es sind ja auch noch andere dabei und dann funktioniert es nicht so, wie man selbst das gern hätte. Es ist ja ein „Verfahren“ nach dem Start, wo man manchmal nicht die beste Lage bekommt. Meistens bekomme ich sie, aber es gibt auch Situationen, wo das nicht klappt und wenn man zu viel überlegt, macht man es manchmal genau falsch. Man ist immer nur so gut, wie der letzte Ritt war und nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Kritik gibt es immer. Das gibt es aber in jeder Sportart, hat aber auch mit der heutigen Zeit zu tun. Man wird gerichtet, verurteilt, beurteilt im Sport, was ja richtig ist. Aber es ist mitunter auch eine große Last.“

Nimmt man denn einen guten oder schlechten Renntag mit nach Hause oder schafft man es, das auszublenden?„Man ärgert sich über sich selbst, aber doch, das Abschalten geht recht schnell. Der oben steht, macht die wenigsten Fehler, aber jeder macht welche, auch ein Herr Wulff. Keiner ist perfekt und das ist ja auch gut so.“
Welcher Sieg war dieses Jahr der überraschendste, also einer, mit dem du nicht gerechnet hast?„Och, es gibt viele Überraschungen, immer wieder. Das gibt es im Rennsport ja sowieso, es sind ja Lebewesen mit im Spiel. Wenn die immer auszurechnen wären, auch jedes Training oder jede Abschlussarbeit auszurechnen wäre, dann wäre das zu einfach. Dann könnte ich ja immer sagen, welches Pferd gewinnt oder welches nicht gewinnt. Wo man dann aber manchmal doch überrascht ist, ist, wenn man das von den Trainingsleistungen nicht gedacht hätte und ein Pferd einen dann im Rennen überrascht. Und das passiert oft und das ist auch gut so. Es ist gut, dass Pferde Lebewesen sind, die einem zeigen, dass man nicht alles planen kann.“
Was ist das beste Pferd, das du geritten bist?„Puh... Es waren viele gute, aber man verbindet natürlich mit dem Arc einiges. Alles andere wäre ja eine Abwertung. Das ist natürlich auch schwierig, man hat es ja nicht gedacht. Samum war auch ein Ausnahmepferd, allerdings nicht immer gesund, aber Samum hätte in seiner Bestform sicherlich auch im Arc Chancen gehabt. Der war wirklich auch ein sehr gutes Pferd. Aber Danedream ist auf jeden Fall die Beste und dann Samum. Bei Danedream war es natürlich unglaublich, wie die sich gesteigert hat das Jahr über. Wenn man überlegt, die ist noch im Listenrennen Vierte gewesen, im Derby Italiano Dritte, aber weit geschlagen, gewinnt dann da so vier in Folge und das immer leichter und leichter.“
Hast du ein Lieblingspferd?„Man teilt ja große Momente, oder besondere Augenblicke auch mit den entsprechenden Pferden, aber trotzdem versuche ich, jedes Pferd gleich zu behandeln. Dass Danedream Champ ist, dass sie Gruppe I-Pferd ist, weiß man, das wissen die Pferde auch selber. Es ist für mich genauso etwas  Besonderes, da drauf zu sitzen, das genieße ich und nehme es auch mit nach Hause. Das ist es ja, was den Sport auch ausmacht. Es gibt auf der anderen Seite Ausgleich IV-Pferde, die sich genauso anstrengen, aber einfach nicht besser sind. Aber die geben sich auch Mühe und sind lieb.“
Hast du eine Lieblingsrennbahn?„Ich reite überall ganz gerne. Düsseldorf reite ich sehr gerne, dann noch Hamburg, Baden auch. Aber ich habe jetzt keine spezielle Lieblingsbahn. Es gibt welche, wo ich nicht gern reite, aber die sage ich jetzt nicht.“
Was gefällt dir gut am deutschen Rennsport?„Ich fühle mich unheimlich wohl in Deutschland. Hier habe ich das Reiten gelernt und durfte in Deutschland viele Höhen erleben – auch einige Tiefpunkte, die zum Sportlerdasein dazugehören. Ich bin Deutschland immer treu geblieben und wurde auch dafür belohnt. Und ich glaube nicht, dass ich den Prix de l'Arc de Triomphe gewonnen hätte, wenn ich in Frankreich oder England wäre. Dass es dem deutschen Rennsport nicht so gut geht, wissen wir alle, aber trotzdem habe ich hier meine schönsten Momente erleben dürfen. Deswegen, lass es woanders mehr Geld geben und lass es woanders noch größere Rennbahnen und mehr Umsatz geben – das würde ich mir natürlich für hier wünschen, aber ich lebe nun einmal hier und ich nehme es so, wie es ist. Und ich bin zufrieden und glücklich.“
Was wäre denn das erste, was du verbessern wollen würdest?„Dazu sage ich nichts, das überlasse ich anderen. Es geben sich ja viele Mühe. Und solange der Sport vom Wetten lebt und Deutschland nicht unbedingt ein Wettland ist, ist es schwierig. Die Leute gehen ja durchaus gern auf die Rennbahn, wenn das Wetter schön ist, gerade Familien. Die Deutschen spielen gerne Lotto, aber wetten nicht auf Galopprennen. In Japan, Hongkong oder China wird gewettet auf Teufel komm raus, weil das Nationen sind, die gerne wetten. Das ist das Problem. Ohne Umsatz, wenn der Sport vom Umsatz, also den Wetten, lebt, ist es nun einmal schwierig. Ich wüsste auch nicht so genau, wie man so einen Wettschein ausfüllt..."
Hast du ein Lieblingsessen und wie oft kannst du das essen?„Ich esse eigentlich alles ganz gerne. Gerne Fisch, gerne Fleisch, gerne Gemüse. Und desto älter ich werde, umso mehr bin ich auch mit der Hausmannskost zufrieden. Ich mag auch gerne mal Gemüseeintöpfe oder Sonstiges in der Richtung.“
Was ist dein Lieblingsurlaubsziel?„Deutschland. Ostsee, Nordsee, da spazieren gehen, reicht mir.
Wie sieht ein typischer Renntag aus?„Wie bei jedem anderen auch, das ist immer das gleiche. Nichts essen, nicht frühstücken, ein bisschen Sport machen, wenn man Gewicht machen muss, langer Tag. Wenn man nach Italien muss, geht es morgens früh um sechs oder sieben Uhr los, dann hängst du rum bis dein Rennen ist und bist abends um elf, zwölf Uhr zu Hause. Ich habe lieber einen Renntag mit acht, neun Ritten als wenn man für einen Ritt nach Mailand oder Rom muss und dann am Flughafen rumhängen und warten muss, bis das Rennen endlich ist. Also, mir macht das Reiten überhaupt nichts. Die Zeit totzuschlagen für einen Ritt oder für einen Ritt nach Paris zu fahren, fünf Stunden hin, fünf Stunden zurück, ist schon anstrengender. Der Filip macht das andauernd. Das ist natürlich nicht schlimm, wenn man den Arc gewinnt. Man fährt nach Hause und hat den Arc gewonnen, da können es auch zwanzig Stunden sein.“

Hast du einen Aberglauben?

„Nein. Ich habe einen guten Glauben und den sollte man auch haben, wenn man so einen Beruf ausübt.“
Hast du Zeit für nicht pferdische Hobbys?„Ich fahre viel Fahrrad und laufe nicht mehr. Aber Radfahren tue ich zwei, drei Stunden am Tag, das schaffe ich so vier- bis fünfmal die Woche. Dann bin ich mit mir im Reinen. Ich fahre durchs Bergische, jedenfalls wenn es nicht gerade richtig schüttet, sonst habe ich zu Hause noch ein Spinning-Rad. Und dann denke ich nach, was kannst du verbessern, was kannst du nicht verbessern, wo sind meine Träume noch usw. Da denke ich über Gott und die Welt nach. Da bin ich mit mir im Einklang. Ich liebe die Natur, liebe Grün, muss keine Stadt sehen. Das ist mein Hobby, womit ich gleichzeitig meine Fitness trainiere.“
Hast du noch Lust, so lange zu reiten, bis du bei der Anzahl der Siege Peter Alafis eingeholt hast?„Das werde ich nicht schaffen, nein. Früher habe ich ja 100 bis 120 Rennen gewonnen in einem Jahr. Locker, sogar mal 140, 150. Da gab es aber auch vier Renntage in einer Woche. Jetzt komme ich auf 60, das ist noch nicht einmal die Hälfte. Das heißt, dadurch, dass ja nur noch sonntags Rennen sind im Westen und ich nicht in den Osten fahre, ist das schwierig. Und deswegen kommt man gerade so auf 60 oder 70 Siege. Das heißt, wenn ich 60 im Jahr gewinne und noch etwa 400 brauche, dann müsste ich ungefähr noch zehn Jahre reiten, womit sich die Frage erübrigt. Ist aber auch nicht schlimm. 2000 ist gut, Peter Alafi ist ja noch bis über 50 geritten – alle Achtung, beneidenswert. Respekt, toller Mann.“
Was sind deine Ziele/Wünsche für dieses Jahr?

„Gesundheit.“Andrasch Starke mit Anapa Angel, 20.04.2012. Foto: Karina StrübbeAndrasch Starke mit Anapa Angel, 20.04.2012. Foto: Karina Strübbe

Gibt es etwas, worauf du dich besonders freust?„Auf alles, was noch kommt. Mir macht alles, was ich jetzt mache, Spaß. Und ich merke immer wieder, gerade wenn ich Urlaub habe, dass dieser Beruf einen sehr prägt und unheimlichen Einfluss auf das Wohlbefinden hat.“
Gibt es durch den Arc-Sieg generell mehr mediale Aufmerksamkeit? Hat das was gebracht für den Galopprennsport?„Das legt sich ja jetzt auch wieder. Es ist schön, dass Galoppdeutschland das erfahren durfte, nicht nur ich, sondern das ist für den ganzen Sport positiv. Das nimmt einem keiner mehr und ich hoffe auch, dass die mediale Aufmerksamkeit mit den vielen Fernsehauftritten, Shows und Sendungen etwas gebracht hat. Seitdem ich reite, war das noch nie so viel. Aber es ist natürlich schnelllebig, es spricht heute, außer im Rennsport, keiner mehr darüber. Aber es war da, es wurde auf jeden Fall positiv berichtet. Als ich klein war und ein Acatenango gelaufen ist, war der WDR da, es gab ein riesiges Medieninteresse, richtig viel Rummel. Das gibt es gar nicht mehr, eigentlich schade.“

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